Ex-Polizist vor Gericht: Kollegen schildern ihn als verlässlich

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Kollegen des angeklagten Polizisten schilderten vor Gericht, wie sich dieser zum Beispiel bei Streifenfahrten verhalten hat. Symbolfoto: RiegerPress
Kollegen des angeklagten Polizisten schilderten vor Gericht, wie sich dieser zum Beispiel bei Streifenfahrten verhalten hat.  Symbolfoto: RiegerPress

Das Coburger Gericht hat nun die Aufgabe, widersprüchliche Aussagen der Kollegen und Vorgesetzten des ehemaligen Polizisten einzuordnen.

War er ein ruhiger, erfahrener und verlässlicher Kollege oder fuhr er doch des Öfteren aus der Haut, war unausgeglichen und gereizt? Für die Richter der Ersten Großen Strafkammer zeichnete sich am fünften Verhandlungstag ein widersprüchliches Bild vom Charakter des Angeklagten.
Im Zeugenstand sagte der ehemalige Vorgesetzte und Kollegen des 55-jährigen Polizeibeamten aus. Der Mann aus dem Landkreis Kronach steht seit Mitte Dezember vor dem Landgericht in Coburg und muss sich wegen Vergewaltigung, sexueller Nötigung und Körperverletzung verantworten.
"Es gab überhaupt keine Schwierigkeiten, er war ein toller Kollege", sagte einer der Zeugen, "er war jemand, auf den man sich verlassen konnte und war sich für nichts zu schade." Er redete von einer "vertrauensvollen Zusammenarbeit". Auch ein weiterer Beamter äußerte sich so: "Ich bin mit ihm Streife gefahren und habe in dieser Zeit nur positive Erfahrungen gemacht". Auch auf der Dienststelle sei der 55-Jährige nie laut geworden. Ein dritter Polizist spricht von einem "super Verhältnis". "Wenn man sich an ihn gewandt hat (...), war er jederzeit bereit, einem weiterzuhelfen, egal, wann und was es war", sagte er. Der Angeklagte habe als ehemaliger Ermittler ja wesentlich mehr Erfahrung gehabt als er und seine Kollegen von der Streife. Er schilderte den Angeklagten als ruhig und besonnen. Auch eine Kollegin erklärte, gut mit dem 55-Jährigen ausgekommen zu sein. "Ich kann nichts Negatives sagen."

Diese Aussagen wollten Staatsanwältin Jana Huber und auch die beiden Nebenklägervertreter Kristina Freifrau von Imhoff und Wolfram Schädler, die die dritte Ehefrau und eine weitere betroffene Frau vertreten, näher erläutert haben. Bei der ehemaligen Kollegin vermutete Schädler gar eine Absprache, weil sie intensiv mit einem der Zeugen aus der Polizeidienststelle gesprochen hatte.
Einem weiteren Zeugen, der ebenfalls nur von positiven Erfahrungen mit dem Angeklagten sprach, hielt der beisitzende Richter Michael Imhof seine ursprünglichen Aussagen vor der Polizei vor. "Dort haben Sie geschildert, er sei sehr schnell aufbrausend. Es wundert mich, dass Sie das heute anders sehen." Er erklärte die Diskrepanz zu seinen früheren Aussagen mit einem "gewissen (Ermittlungs-)Druck" der Kollegen, die in dem Fall gegen den 55-Jährigen ermittelten. Zudem sei es auch nur ein einziges Mal vorgekommen, dass der Angeklagte im Dienst aufbrausend reagiert habe, betonte er mehrfach. "Das war ein Ausrutscher." In seiner polizeilichen Aussage will er sich nur auf diesen einen Fall bezogen haben. Damit handelte er sich eine Rüge der Staatsanwältin ein, die das in Zweifel zog: "Kommen Sie mir nicht mit Druck bei der Vernehmung. Sie sind doch ausgebildeter Polizeibeamter", sagte sie, "Sie müssen doch mit so einer Vernehmungssituation fertig werden."


Den Frauen zugetan

Der Angeklagte habe ständig Whatsapp-Nachrichten und Anrufen bekommen, berichtete einer der ehemaligen Kollegen, der mit ihm Streife gefahren war. Rund 50 Mal täglich habe das Handy gepiepst. Der 55-Jährige habe sich seiner Ehefrau gegenüber ständig rechtfertigen müssen, die wohl nicht geglaubt habe, dass ihr Mann auf der Arbeit sei. "Mir hat er erklärt, dass sie extrem eifersüchtig ist." Er beschrieb den Angeklagten als einen Mann, der Frauen zugetan sei und "einen Schlag bei Frauen" habe. Im Dienst habe er bemerkt, dass viele Frauen ihn attraktiv fänden.

Auch andere Polizeibeamten berichteten von Anrufen misstrauischer, teilweise hysterischer Frauen. Eine der Frauen habe wie "bei Schmidts Katze" durchs Telefon geschrien. Wer da angerufen habe und ob es die dritte Ehefrau gewesen sei, wie vom Angeklagten behauptet, konnte er nicht bestätigen.
"Ich habe nie erlebt, dass er gewalttätig oder handgreiflich geworden ist. Dass er mal lauter geworden ist, liegt in der Natur der Sache schon allein wegen unseres Berufs", sagte ein weiterer Polizist über den Angeklagten aus. Der Beamte berichtete von einem 13 Jahre zurückliegenden Fall, in dem er ermittelt habe und in dem der Angeklagte wegen Körperverletzung angezeigt worden war. Damals habe der 55-Jährige einen Mann mit beiden Händen am Hals gepackt. Dass es damals ein Verfahren gegen den Angeklagten gegeben habe, war dem Zeugen neu.


Ein ganz anderes Bild

Zweimal wurde der ehemalige Polizeibeamte innerhalb der Dienststelle versetzt, zuerst vom Außendienst in den Innendienst. Warum dies so war, darüber konnte ein ehemaliger Vorgesetzte, der ein ganz anderes Bild von dem Angeklagten zeichnete als die Kollegen, nur mutmaßen. Das sei wohl gewesen, um Konfrontationen aus dem Weg zu gehen, erklärte er. "Draußen" hätte es mit dem 55-Jährigen leichter zu Eskalationen kommen können, meinte er, im Innendienst hätten sich die Wogen in der Regel bereits "geglättet". Der Angeklagte habe seine Aufträge ordentlich und zuverlässig abgearbeitet, gab er an, habe aber ab und an mal Schwierigkeiten gemacht, weil er "recht launisch war".

Dann schilderte er noch einen Fall, in dem sich eine Freundin des Angeklagten mit intimen Details an ihn gewandt hätte. Er habe sie an die Dienststelle in Coburg verwiesen. Eine Aktennotiz habe er nicht angefertigt. Aufgrund weiterer Verwicklungen mit einer amtsbekannten Freundin des Angeklagten und dessen dritter Ehefrau - in dem Zusammenhang war auch eine Anzeige wegen Körperverletzung gegen die Freundin erstattet worden - sei der 55-Jährige schließlich an einen anderen Dienstort versetzt worden. "Es war keine vertrauensvolle Arbeit mehr möglich", erklärte der Vorgesetzte. Die Staatsanwältin zitierte die Aussage eines zweiten Vorgesetzten: "Dieser hat ausgesagt, dass er den Angeklagten nur noch mit hochrotem Kopf schreiend habe durch die Dienststelle rennen sehen." Das relativiert der Zeuge: "Ein Dauerzustand war das nicht."
Der Prozess wird am Montag, 22. Januar, fortgesetzt.