Die Frau für schwere Momente

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Stefanie Mesch und BRK-Kreisbereichsleiter Martin Schmidt vor einem Rettungswagen Foto: Veronika Schadeck
Stefanie Mesch und BRK-Kreisbereichsleiter Martin Schmidt vor einem Rettungswagen Foto: Veronika Schadeck

Stefanie Mesch ist Kriseninterventionshelferin beim BRK. Sie hilft Rettungskräften und leistet Beistand, wenn schlimme Nachrichten zu überbringen sind.

Stefanie Mesch engagiert sich ehrenamtlich beim BRK-Kreisverband als Kriseninterventionshelferin. Sie überbringt unter anderem zusammen mit Polizisten und Notfallseelsorgern Todesnachrichten, sie hilft Rettungskräften nach schweren Einsätzen. Ein Gespräch über ihr Ehrenamt und über Dinge, die keiner haben möchte.

Seit 2011 sind Sie beim BRK als Kriseninterventionshelferin mit im Einsatz. Wie sind Sie zu diesem Ehrenamt gekommen?
Stefanie Mesch Ich habe Jahre zuvor schon eine Ausbildung als Rettungssanitäterin absolviert. Ich war auch bei der DLRG Küps bei den Rettungsschwimmern mit dabei. Dazu gehörte auch die Vermisstensuche am Wasser. Während dieser Einsätze habe ich gemerkt, dass die Rettungskräfte sich um die Unfallopfer kümmern beziehungsweise nach der/dem Vermissten suchen. Aber die Angehörigen, die bangen und warten, die waren sich selbst überlassen. Im Rettungsdienst erlebte ich fassungslose Menschen, die Angst um das Leben ihrer Angehörigen hatten, beispielsweise bei einer Reanimation. Zudem habe ich die Erfahrung gemacht, dass die Bürger dank sozialer Medien innerhalb weniger Minuten vom Unfall ihres Angehörigen erfahren. Binnen kurzer Zeit treffen sie am Unfallort ein. Für einen Feuerwehrmann wird es dann noch schwieriger, einen Verletzten zu bergen, wenn zum Beispiel schreiende Eltern oder Kinder am Unfallort sind. All diese Erfahrungen trugen dazu bei, mich zur Kriseninterventionshelferin ausbilden zu lassen.

Wie teilt man einem Menschen mit, dass sein Kind oder Partner schwer verletzt oder gerade verstorben ist?
Es gibt da keine Standardformulierung. Das ist eine Gratwanderung. Denn jeder Mensch reagiert anders. Man fragt an der Tür, ob man eintreten darf. Ich spreche mich da auch mit den Polizisten beziehungsweise Notfallseelsorgern vor dem Einsatz ab. Kurze Sätze genügen.

So schnell, ohne Vorwarnung?
Es muss schnell gehen. Denn wenn die Polizei und ein Zivilist vor der Tür stehen, dann wissen die Betroffenen, dass es nicht um einen Strafzettel geht.

Wie viele Details, zum Beispiel über die Umstände werden mitgeteilt?
Das entscheiden die Angehörigen, wie viel sie wissen wollen. Man braucht dabei schon eine spezielle Persönlichkeit, ein Bauchgefühl, um das herauszufinden, was der Betroffene in so einer schweren Situation überhaupt wissen möchte, wie viel er verkraften kann. Jeder reagiert da anders, die einen wollen reden, nicht alleine sein - anderen wollen wiederum schweigen. Ihnen hilft es, wenn man nur neben ihnen sitzt. Für wiederum andere Betroffenen komme ich mit Religion weiter. Auch gibt es Menschen, die mit Gott gar nichts anfangen können.

Und wie läuft es bei Kollegen, also bei Polizisten oder Feuerwehrleuten ab?
Es ist Fakt, dass die Rettungskräfte nach schweren Einsätzen oft an ihre Grenzen stoßen. Sie arbeiten oft unter Zeitdruck und schweren Bedingungen. Sie erleben mitunter menschliche Tragödien und sie haben Verantwortung für Menschen in Not. Viele davon können danach nicht einfach zur Tagesordnung übergehen. Dann bin ich die erste Anlaufstelle. Manchmal reicht ein Gespräch schon aus, dass sich jemand besser fühlt.

Wie kommen Sie denn mit diesen Situationen zurecht, können Sie denn nach solchen Einsätzen abschalten, das Geschehene vergessen?
Wichtig ist, dass ich eine Schublade habe, in der ich alles abladen kann. Schon in der Ausbildung wird uns klargemacht, dass auch wir an unsere Grenzen kommen. Es muss jeder Kriseninterventionshelfer seinen eigenen Weg finden, damit klar zu kommen. Manchen wird schon in der Schule gesagt, dass der Job nicht gut für sie sei. Man kann aber auch nach der Ausbildung jederzeit dem BRK-Kreisverband mitteilen, dass man sich diesem Ehrenamt nicht mehr gewachsen fühlt.

Was macht den Job eines Kriseninterventionshelfers aus? Was ist das Besondere, das Schöne?
Den Menschen in Notsituationen beizustehen, ihnen zu helfen. Ich bin immer wieder fasziniert, welche Stärken ein Mensch in einer Notsituation entwickelt, welche Ressourcen da vorhanden sind. Man wird aber auch im Laufe der Zeit dankbarer. Man freut sich über die kleinen Dinge des Lebens.
Weiterhin finde ich den Austausch zwischen Kollegen gut. So finden regelmäßige Treffen im gesamten Frankenland mit meiner Ausbildungsklasse statt. Jedes Jahr fahre ich zum Kriseninterventionstreffen nach Innsbruck, um mich dort weiterzubilden. Hier im BRK-Kreisverband sind wir ein Team, bestehend aus sechs Personen. Wir treffen uns mindestens alle zwei Monate und wir geben uns Rückhalt. Besonders unser Kreisbereichsleiter Martin Schmidt ist da eine große Stütze. Ich jedenfalls möchte mich noch einige Jahre als Kriseninterventionshelferin engagieren, denn helfen zu können, ist immer ein gutes Gefühl.