Am Coburger Landgericht läuft der Prozess zum Brand des Kronacher Gefängnisses. Zeugenaussagen porträtieren den Angeklagten als psychisch labil. Anderen Häftlingen wirft der 28-Jährige vor, ihn misshandelt zu haben.
Als der Polizeibeamte die Zelle aufschloss, beschlich ihn sofort ein ungutes Gefühl. Kurz darauf war das Gefängnis umringt von Feuerwehrleuten. Ein 28-jähriger Insasse der Kronacher JVA soll am 30. August 2018 in seiner Zelle ein Feuer gelegt haben, das sich durch die Decke fraß und zur Evakuierung des Gefängnisses führte. Nun muss er sich vor dem Coburger Landgericht wegen schwerer Brandstiftung und Körperverletzung verantworten.
Die Staatsanwaltschaft wirft dem gebürtigen Hessen vor, mit einem Besenstiel ein Loch in die Zellendecke gebrochen und anschließend die darunter liegenden Holzbalken mit einem Feuerzeug angezündet zu haben. Anschließend habe der Angeklagte oder einer seiner drei Zellengenossen die Flammen mit einem Glas Wasser gelöscht - und sich danach wieder schlafen gelegt. Doch die Glut loderte zwischen den Holzbalken unbemerkt weiter und breitete sich bis zum nächsten Morgen bis in den Dachstuhl aus. Die Staatsanwaltschaft wertet die Brandstiftung als Fluchtversuch des 28-Jährigen, der zu diesem Zeitpunkt wegen einer neunmonatigen Haftstrafe in der Kronacher JVA einsaß.
Angeklagter auf frischer Tat ertappt
Wie ein kleiner Junge, der bei einer Dummheit erwischt wurde, sei ihm der Angeklagte an diesem Morgen vorgekommen. Ein Polizeibeamter der JVA bemerkte den Brand bei seinem Kontrollgang, als dicker Rauch aus den Lüftungsschlitzen im Duschraum drang. Rund 300 Einsatzkräfte der Feuerwehr, des THW und der Polizei wurden alarmiert, um die 97 Insassen in andere Gefängnisse zu verlegen. Der zweite Stock des Gebäudes ist bis heute nicht nutzbar. Der Kriminalpolizei habe der Angeklagte schon während der Löschaktion gestanden, das Feuer gelegt zu haben.
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"Das ist kein normaler Mensch", erzählte ein ehemaliger Mithäftling während der Verhandlung über den 28-Jährigen. Ihm gegenüber habe der Angeklagte über Fluchtpläne gesprochen, sei im Vorfeld der Tat auffällig unruhig gewesen. Die Haft des gebürtigen Hessen war bisher geprägt von etlichen Zellen- und Gefängniswechseln, mit keinem seiner Mitinsassen sei er zurecht gekommen. Derzeit ist er in der Bayreuther JVA untergebracht und sei dort als der "Kronacher Brandstifter" stigmatisiert, sagte seine Verteidigerin Kerstin Rieger.
"Er war mir schon vor dem Brand ein Begriff: Als nerviger Gefangener, einer der gerne im Mittelpunkt steht", erzählte ein weiterer JVA-Mitarbeiter. Mit zweifelhaften Geschichten habe der 28-Jährige immer wieder Arztbesuche provoziert: Andere Häftlinge hätten ihn misshandelt, ihm sogar Rasierklingen ins Essen gemischt. Als Beweis für die Schläge präsentierte er Hämatome an Bauch und Rippen. "Es war aber das Gerücht im Umlauf, dass er sich die Verletzungen selbst zugefügt hat."