Joachim Schwab hat es geschafft. Sein Landgasthof in Schwarzach gehört zu den angesehensten Gastronomiebetrieben in ganz Mainfranken. Doch es gibt auch andere Entwicklungen. Gasthäuser, die schließen, ganze Ortschaften, die ohne Wirtshaus dastehen.
Der Bayerische Hotel- und Gaststättenverband (Dehoga) will die Bevölkerung und die Politik auf diese Problematik hinweisen. Die „Wirtshauskult(o)ur“ machte jetzt in Schwarzach Station.
Hermann Queck ist Bürgermeister von Buchbrunn. „In meinem Ort ist alles in Ordnung“, sagt er. „Nur ein Gasthaus fehlt uns.“ Und das schon ziemlich lange. 1998 ist die Wirtschaft geschlossen worden, vier Jahre später hat es die Gemeinde gekauft. „Immer wieder sind wir seither gefragt worden, ob wir dort Bauplätze schaffen“, erzählt Queck. Bisher hat sich die Gemeinde erfolgreich gewehrt. Die Sehnsucht nach einer Wirtschaft ist zu groß. „Vielleicht bekommen wir es jetzt über die Dorferneuerung hin“, hofft Queck. Mit 500 000 bis 800 000 Euro rechnet er für den nötigen Umbau. „Und dann würde uns immer noch ein Konzept fehlen.“
Buchbrunn ist kein Sonderfall. Aber auch nicht die Regel. 1500 Gasthäuser haben bayernweit in den letzten fünf Jahren geschlossen. Verbandspräsident Ulrich Brandl spricht von einer „massiven Bereinigung.“ Vor allem die so genannten getränkeorientierten Gasthäuser haben einen massiven Rückgang erlebt. Von den 2056 Gemeinden in Bayern haben 764 keine Kneipe mehr. „Deutschlandweit hat jede dritte Kneipe in den letzten zehn Jahren dicht gemacht“, erklärt Prof. Dr. Hans Hopfinger, ehemaliger Lehrstuhlinhaber Kulturgeografie an der Universität Eichstätt-Ingolstadt, der im letzten Jahr eine entsprechende Studie veröffentlicht hat. Ganz ohne Gasthaus müssen allerdings nur 137 Gemeinden – oder 6,7 Prozent – auskommen. Die Wirtshäuser, die sich auf Essen spezialisieren, haben offensichtlich eine bessere Zukunft.
Karl-Dieter Fuchs ist Bürgermeister von Mainstockheim. Rund 2000 Einwohner, vier Gaststätten. Das Vereinsheim hat erst in diesen Tagen wieder geöffnet. Dennoch ist er nicht rundum glücklich. Nicht jeder Tag ist abgedeckt, nicht jeder Gästewunsch kann erfüllt werden. Die Gemeinde überlegt, den ehemaligen Gasthof Stern wieder mit Leben zu erwecken.
Die Entwicklungen im Freistaat sind sehr unterschiedlich. Strukturschwache Gebiete verlieren oft auch ihre Gasthäuser, rund um den Münchner Speckgürtel ist dagegen ein Wachstum zu verzeichnen. Caterer und Bäckereien mit Imbiss legen bayernweit ebenfalls zu. Insgesamt haben sich die Kennzahlen allerdings deutlich verschoben. „Die Konsumausgaben haben sich radikal reduziert“, informiert Hopfinger. Nurmehr 13 Prozent des verfügbaren Einkommens würde heutzutage für Nahrungs- und Genussmittel ausgegeben. Vor hundert Jahren waren es fast 50 Prozent. „Und die Preisakzeptanz ist in weiten Teilen der Gesellschaft nicht mehr gegeben“, so Ulrich Brandl. Dabei zahle man in einem Wirtshaus ja nicht nur für die Produkte, sondern auch fürs Ambiente. Die Folge für viele Wirtsleute: Geld für nötige Investitionen fehlt. Spätestens wenn die Betriebsübergabe ansteht, wird es eng. „Viele Wirtsleute möchten ihren Kindern den Beruf auch gar nicht mehr antun“, sagt Brandl.
Als Insel der Glückseligen bezeichnet Prof. Hopfinger den Landkreis Kitzingen. Thomas Dauenhauer, stellvertretender Dehoga-Vorsitzender im Kreis Kitzingen, weiß um die Trumpfkarte: Ein funktionierender Tourismus, gerade im Maintal. „Aber im tiefen Steigerwald oder Richtung Rhön schaut das schon wieder ganz anders aus.“ Dauenhauer kennt die Ursachen: eine ausufernde Dokumentationspflicht, der Mindestlohn, unflexible Arbeitszeitregelungen. „Allen voran ist ein einheitlich reduzierter Steuersatz für das gesamte Gastgewerbe eine Voraussetzung für den Fortbestand der Wirtshaustradition“, meint Ulrich Brandl.