Die Personaldecke in den Metzgereien wird immer dünner - das führt zu Problemen.
Zu viert, zu fünft stehen sie hinter der Theke. Kotelett, Kalbsschnitzel und Rinderbraten. Leberwurst, Kochschinken und Pfeffersalami. Zwischendrin Leberkäs und Fleischsalat. „Darf es sonst noch was sein? Nein? Vielen Dank, der Nächste bitte!“ Gerade zur Mittagszeit sind die Mitarbeiterinnen bei Wurst Wachter am Anschlag. Egal wie sie sich beeilen, die Schlange wird kaum kürzer.
Eigentlich ist es ja ein gutes Zeichen. „Die Leut' sagen immer, wenn es einen wirklich vollen Laden in Kitzingen gibt, dann euren“, sagt Romy Wachter, während sie in die Küche hastet. Sie ist im Stress, wie alle hier. Sie könnte locker noch ein, zwei weitere Mitarbeiter einstellen. „Wir sind unterbesetzt“, erklärt die Chefin. Und tatsächlich: An einer Säule in der Fleischerei hängt ein Schild: „Putzkraft gesucht.“ An der Wand, neben den Angeboten des Tages, hängt ein Plakat: „Verkäuferin gesucht“. Während die Angebote regelmäßig wechseln, hängt das Plakat schon lange da. „Wir suchen bestimmt schon ein Jahr“ berichtet Wachter.
Woran es hängt? Vielleicht an den Arbeitszeiten und dem Druck, überlegt Romy Wachter. „Viele, die sich bei uns melden, haben genaue Vorstellungen, wann und wie lange sie arbeiten können“, erklärt die Chefin. Doch sie könne schlecht jemanden einstellen, der nur am Dienstag für vier Stunden arbeiten kann. Romy Wachter nickt kurz, jetzt muss sie aber weiter.
Szenenwechsel. Bei Edeka Waigandt steht Silke Widovez hinter der Fleischtheke. Es ist ebenfalls Mittagszeit. Die Verkäuferin ist alleine. Ob sie ein paar Fragen beantworten kann? „Grad' schlecht“, sagt sie und nimmt sich zwischen zwei Kunden dann doch kurz Zeit. Eigentlich habe sie ja Hotelkauffrau gelernt. Ihre Mutter und ihre Schwester arbeiteten zwar auch in der Fleischbranche. „Ich wollte das aber nie.“ Warum? „Mir ging es wie fast jedem 15-jährigen Mädchen: Ich dachte, 'iiiihh, rohes Fleisch'.“
In der Hotelbranche habe es ihr nicht gefallen. Unstete Arbeitszeiten, Überstunden. Dann habe sie doch in der Fleischerei angefangen. Und die Entscheidung nie bereut. Seit 15 Jahren arbeitet sie nun in der Branche. „Die Arbeit macht Spaß, man hat mehr Kundenkontakt als eine Verkäuferin im Supermarkt, man muss viel beraten“, sagt Widovez. Dass sich trotzdem so wenige für eine Arbeit als Metzger oder Fleischfachverkäuferin interessieren, liegt für sie an Vorurteilen. „Viele haben wohl falsche Vorstellungen. Die denken an Blut, an unangenehme Gerüche. Dabei ist das ja nicht mehr so.“ Manchmal würden Menschen zu ihr sagen, dass sie gar nicht wie eine Fleischverkäuferin aussehe. „Die haben immer noch das Bild einer dicken Frau mit rotem Gesicht vor Augen“, sagt Silke Widovez und lacht.
Ihr Chef Jochen Waigandt hatte vor kurzem eine Stelle als Metzger ausgeschrieben. Er vermutet ebenfalls Vorurteile als Ursache für die sehr bescheidene Zahl an Bewerbern. „Verkäufer findet man viel leichter.“ Auch wenn das nicht mehr so einfach wäre. Man müsse mehr junge Leute dazu bringen, den Beruf wieder zu lernen. „Wenn du heute Verkäuferin in einer Metzgerei lernst, wirst du doch überall mit Kusshand genommen“, meint Waigandt. „Vielleicht müsste da auch an den Schulen schon mehr gemacht werden.“
„Wir machen ja schon verstärkt Werbung“, sagt Innungsobermeister Volker Bausewein. So werde im Oktober beim Rhöner Wurstmarkt in Ostheim gezielt für eine Ausbildung als Metzger geworben. „Aber wir haben eben keine Lobby.“ So werde der Tenor in der Fleischerinnung wohl auch weiter lauten: „Wir brauchen dringend Leute!“