Die Zehnjährige schreibt das Drehbuch, die Zwölfjährige führt die Kamera: Die “Creative Family” erobert mit ihrem Blog spielerisch eine neue Welt.
Sie züchten Urzeitkrebse, gießen bunt geschmückte Trittsteine aus Beton, backen Glückskekse, basteln Kunst aus Löwenzahn, lesen Geschichten vor: Die Familie Burger aus Geiselwind vertreibt sich die Zeit in der Corona-Krise mit vielen Ideen – und gibt diese in einem unterhaltsamen und spannenden Blog mit Anleitungen, Bildern und vielen Tipps weiter. Kreativer Kopf von „Creative Family“ ist die zehnjährige Helena.
Margot Burger ist Lehrerin an der Meisterschule der Gärtner in Veitshöchheim. Sie weiß, wie man Wissen vermittelt. Belana, zwölf Jahre, will Schriftstellerin werden. Sie verschlingt Bücher und kann sich gut ausdrücken. Helena, zehn Jahre, ist kreativ, hat viele Ideen. Sie arbeitet konzentriert und strukturiert und weiß ihre Zeit bestens zu nutzen. Die achtjährige Valentina bastelt gern und unternimmt viel draußen in der Natur. Und Ferdinand, sechs Jahre, ist bei jedem Abenteuer dabei. Zusammen erstellen die Fünf seit Wochen nahezu täglich einen Beitrag für ihren Blog „Creative Family”. Und sogar der Vater macht mit – bei einem Zaubertrick mit Feenstaub, Magiersäckchen und Drachenfeuer. Langweiliges ist auf dem Blog der Burgers nämlich nicht zu finden. Hier geht es besonders zu.
Sie hatte schon lange die Idee im Hinterkopf, mal einen Blog zu machen, verrät Margot Burger. Sie ist beruflich mit dieser Art der „Öffentlichkeitsarbeit“ in Berührung gekommen. Schließlich geht es in erfolgreichen Betrieben heute längst nicht mehr nur um das fachliche Wissen und die betriebswirtschaftliche Seite. Wichtig ist auch, sich gut zu präsentieren und mit den Kunden über moderne Medien in Kontakt zu treten. Also hat Margot Burger sich dafür eingesetzt, dass im vergangenen Jahr das Wahlfach Bloggen an der Meisterschule angeboten wurde. Sie hat sich unter die Schüler gemischt und dabei das erste Mal gebloggt. „Blog“ ist ein Kunstwort, das sich aus „Web“ für Internet und Log zusammensetzt. Das Logbuch kennt man aus der Schifffahrt, dort wurde aufgezeichnet, was unterwegs passierte. Wer bloggt, führt also eine Art Tagebuch im Internet und hat eine Zielgruppe, die „Follower“, die sich regelmäßig anschauen, was veröffentlicht wird.
Als die „Corona-Ferien“ kamen, waren Margot Burger und die vier Kinder wie alle anderen Familien plötzlich viel mehr zuhause als sonst. „Da hatten wir Zeit, das endlich mal zu machen“, erklärt die Mutter, warum die Burgers ausgerechnet jetzt einen Blog gestartet haben. Wobei es ja keine echten Ferien sind: die drei Mädels müssen ihre Schularbeiten machen und Margot Burger arbeitete mehrere Wochen im Homeoffice, bevor es kürzlich zurück in die LWG ging. Schule und Beruf gehen vor, so viel war und ist klar – trotzdem blieb noch neue Freizeit, die es sinnvoll zu nutzen galt.
Eine Woche lang arbeiteten die Eltern und die Kinder vor, dann gingen die ersten Beiträge Mitte März online. Seitdem ist die Seite beachtlich angewachsen. Die meisten Ideen stammen von Helena. Die Zehnjährige liebt es, sich Tutorials im Internet anzuschauen, sich Sachen beizubringen. Sie ist sehr gut in der Schule, erledigt ihre Aufgaben selbstständig, zuverlässig und schnell. „Ich bekomme anfangs der Woche meine Aufgaben und mache sie in den ersten zwei Tagen durch. Dann bleibt mir Zeit für was anderes“, erzählt sie. Was anderes, das sind nicht nur die Ideen, sondern auch ein Großteil der Planung, die vor jedem Blogbeitrag nötig ist. Momentan beispielsweise züchten die Burgers Triops, Urzeitkrebse. Was wird benötigt, wie entwickeln sie sich? Alles das wird auf Bildern, in Texten und auf Videos dokumentiert. Die Drehbücher für die Videos schreibt Helena, aufgenommen werden sie von ihr und ihrer zwei Jahre älteren Schwester Belana, die meist auch die Fotos macht. „Wir fotografieren jeden Schritt“, erklärt Belana. Später suchen die Mädchen die besten Bilder aus, die dann veröffentlicht werden. „In die Umsetzung bin ich wenig eingebunden“, sagt Mutter Margot Burger. Was aber nicht bedeutet, dass die Kinder machen können, was sie wollen. Die Ideen werden durchgesprochen, jeder Beitrag durchgelesen, jedes Foto kontrolliert, jeder Film geschaut, bevor er online geht. Sich an diese Regeln zu halten, ist für die Kinder selbstverständlich.
Genauso selbstverständlich ist für die ganze Familie, dass der Blog nicht zur Selbstdarstellung dient. Während in diesem Beitrag für die Zeitung ihre Namen genannt und die Kinder abgelichtet werden dürfen, ist das auf dem eigentlichen Blog tabu. Dort heißt es nur, dass die Verfasser „eine Familie aus Süddeutschland“ sind und das Alter der vier Kinder wird verraten. Vor- oder Nachnamen werden nicht genannt, die Gesichter der Kinder sind nicht zu sehen. „Man sieht nur mal die Hände oder Arme, wenn wir basteln, gärtnern oder backen“, so Margot Burger. Und die Stimmen sind bei Anleitungen zu hören, denn auch diese Texte sprechen die Kinder selbst ein.
Mindestens zwei Stunden Arbeit stecken in jedem Beitrag. Wenn gebastelt oder gekocht wird, dauert es natürlich länger. Auch Trittsteine herzustellen war deutlich zeitintensiver. Wer den Text „Trockenen Fußes durch die Wildnis“ und die Schritt-für-Schritt-Fotos betrachtet, erfährt, dass es „kinderleicht“ ist, Betonsteine zu gießen und zu gestalten, auf denen man dann durch den Garten laufen kann, ohne sich bei Regen nasse Füße zu holen – und warum man Topfuntersetzer, Pflanzenöl und einen Rührstab dazu braucht.