Die Klinik Kitzinger Land organisiert zum elften Mal einen Schlaganfalltag
Um 4 Uhr in der Früh ist sie aufgestanden. Nichts Ungewöhnliches: Sonntagsdienst, Frühschicht, kein Problem. Eigentlich. Aber an diesem Sonntag war eines anders: Roswitha Bleimann fühlte sich nicht wohl – auch nicht nach ihrem ersten Kaffee. „Ich hatte so ein pixeliges Gefühl im Gesicht“, erinnert sie sich. Und ein Taubheitsgefühl im linken Arm und im linken Bein. Hundemüde fühlte sie sich und hatte irgendwie das Gefühl, neben sich zu stehen.
Zum Glück reagierte Roswitha Bleimann genau richtig. Oder besser: ihr Lebenspartner. Der hatte nämlich schon einmal einen Schlaganfall erlitten und wusste, was zu tun war: Rettungsdienst rufen, ab in die Klinik. Je schneller, desto besser. Wenig später war die 58-Jährige schon in der Klinik Kitzinger Land. Die Diagnostik und die notwendigen Therapiemaßnahmen liefen sofort an. Einen Tag später fühlte sich Roswitha Bleimann schon wieder ganz okay. Am Freitag dieser Woche konnte sie entlassen werden.
Dr. Wolfgang Karmann ist zufrieden. Nicht nur wegen diesem Fall. Die gesamte Behandlung von Schlaganfallpatienten hat sich in den letzten Jahren verbessert – deutschlandweit. Kliniken arbeiten zusammen, profitieren gegenseitig von ihren Experten und Expertisen. Netzwerke haben sich gebildet. Die Klinik Kitzinger Land hat eigens zwei Neurologen im Ärzteteam; für Schlaganfall ausgebildete Krankenschwestern sind außerdem immer auf der so genannten „stroke unit“ vor Ort. Über das „STENO-Netzwerk“ (Schlaganfallnetzwerk Nordbayern) kann sich die Klinik bei Bedarf Hilfe von Spezialisten in Nürnberg, Erlangen oder Bayreuth über Telemedizin einholen. Dank der Telemedizin können die Untersuchungsergebnisse diskutiert und die Therapie sofort eingeleitet werden. Bei raschem Handeln kann die sofortige Lysetherapie (Auflösung von Blutgerinnsel) bleibende oder langwierige Behinderungen verhindern.
Mit der Uniklinik Würzburg hat die Klinik Kitzinger Land zusätzlich die Möglichkeit, eine eventuell notwendige Behandlung bei Schlaganfallpatienten durchführen zu lassen. Hierbei können Gerinnsel mit Hilfe einer Katheterbehandlung entfernt werden. Ein spezielles Verfahren, das nicht in jeder Klinik möglich ist.„In etwa 10 bis 15 Prozent der Fälle kann diese Behandlung nötig sein bei Verschluss großer, ins Gehirn führender Arterien“, erklärt Dr. Karmann. „In der Regel sind ja Durchblutungsstörungen der Hals- und Kopfgefäße die Ursache für einen Schlaganfall.“
Wie auch immer: Die Zeit ist kostbar. Je schneller die Patienten reagieren, desto besser. Roswitha Bleimann ist sofort in die Notfallaufnahme gebracht worden. Eine Blutung im Kopf und eine Hirnschädigung konnten gleich im Computertomographen ausgeschlossen werden. Später stellten die Ärzte fest, dass sie auch keine Herz-Rhythmus- oder Durchblutungsstörungen hat. Und auch keine Gerinnsel. „Ich bin heilfroh, dass es so ausgegangen ist“, sagt die 58-Jährige. „Dass ich wieder voll am Leben teilnehmen kann.“ Vier Kinder und vier Enkel freuen sich sicherlich mit ihr.
Roswitha Bleimann kann auf die starken Blutverdünner verzichten, Vorhofflimmern oder Gerinnsel wurden bei ihr nicht nachgewiesen. Nicht immer geht ein Schlaganfall so glimpflich aus, wie bei der Dettelbacherin. Etwa 260 000 Menschen sind deutschlandweit betroffen, Jahr für Jahr. Tendenz steigend. „Wir werden halt immer älter“, sagt Dr. Karmann und bezeichnet den Schlaganfall als Geisel der Menschheit. Wird er nicht rechtzeitig behandelt, geht er oft mit einer langwierigen Behinderung einher. Die Verwandten und Partner müssen den Patienten unter Umständen jahrelang unterstützen und pflegen.
Auch deshalb setzen sich die Mediziner für eine bessere Aufklärung und Information der Bevölkerung ein – ähnlich wie es die Kardiologen beim Herzinfarkt schon vorgemacht haben. „Die Sterblichkeitsrate nach einem Herzinfarkt ist in den letzten Jahren dank dieser Aufklärung um 30 bis 40 Prozent gesunken“, freut sich Dr. Karmann. Warum sollte Ähnliches nicht auch in Sachen Schlaganfall möglich sein?