Totwasser ist gut für die Reben. Und die Franken sind gar nicht die größten Erzeuger von Silvaner. Romana Echensperger weiß Dinge über den Frankenwein, die Laien verblüffen. Und selbst für Experten Neuigkeitsgehalt haben.
Die fränkischen Mitglieder des VdP (Verband der Prädikatsweingüter) haben vor einigen Jahren eine alte Tradition wiederbelebt. Sie treffen sich alljährlich zum so genannten Niederfall. Das Wort kommt aus dem Mittelalter und steht für ein festliches Gemeinschaftsmahl nach einer längeren Arbeit oder Ernte. In diesem Jahr trafen sich die Winzer in Iphofen. „Wir wollen einen Tag feiern und uns über die Ernte freuen“, erklärt Pressesprecherin Stefanie Wirsching. Ohne lehrreiche Inhalte geht es bei den VdP-Winzern aber nicht. Das Thema des Nachmittagsworkshops von Romana Echensperger, frisch gekürte Master of Wine, lautete: Silvaner und Keuper. Am Abend hielt sie die Festrede an einem ungewöhnlichen Ort: im Gipsstollen des Knaufschen Bergwerks in Hüttenheim. Also mittendrin im Terroir.
Mit 1400 Hektar Anbaufläche ist der Silvaner in Franken die prägende Rebsorte. Fast 25 Prozent der gesamten Anbaufläche werden mit der Rebsorte, die hierzulande 1659 zum ersten Mal in Castell urkundlich erwähnt wurde, bestückt. In Rheinhessen sind es fast 1000 Hektar mehr. „Aber nur hier in Franken ist er tatsächlich gebietsprägend“, meinte Echensperger. In 17 Lagen wird er geerntet. „Und das sind oft die Besten.“
Romana Echensperger hat sich in ihrer Masterarbeit mit dem Premium-Silvaner in Franken auseinandergesetzt. Entsprechend ausgeprägt ist ihr Wissen und ihre Einschätzung. „Silvaner ist perfekt für die moderne Küche“, meinte sie. „Und er ist einzigartig – der echte Terroirwein.“ Die Münchnerin, die als zweite deutsche Frau den Titel Master of Wine tragen darf, äußerte aber auch durchaus kritische Töne: Dem Silvaner stehe mehr Aufmerksamkeit zu, er benötige mehr Werbung, mehr Präsentationen, um außerhalb Frankens stärker wahrgenommen zu werden. „Premium-Silvaner verdient einen größeren Auftritt auf der Weltweinbühne“, so Echensperger.
Der Silvaner gehöre zu den wenigen Weinen, die viel Struktur und Charakter haben – aber kein Gewicht. Eine Aussage, die auf alle fränkischen Gesteinsschichten zutreffe, auf denen sich der Silvaner wohl fühlt: Buntsandstein, Muschelkalk und Keuper. Die haben sich – in dieser Reihenfolge – vor rund 250 Millionen Jahren gebildet. Rund um den Schwanberg ist der Keuper Stil- und geschmacksprägend.
„Der Boden hat fast gedampft vor lauter Hitze“
Romana Echensperger Master of Wine
„Die Keuperweinberge liegen generell höher als die Muschelkalklagen“, informierte Echensperger. Der Höhenunterschied zwischen den 270 Meter ü. N. N. am Würzburger Stein und den 405 Meter am Casteller Schlossberg hat beispielsweise durchaus Auswirkungen auf die Arbeit der Winzer. „Die Umgebungs-Temperaturen im Steigerwald sind generell kühler.
“ Und die Niederschläge im langjährigen Mittel höher. In Castell regnet es demnach rund 100 Milliliter mehr als in Kitzingen.
Der Keuperboden erwärmt sich zwar langsam, speichert die Wärme dafür aber besser als die zwei anderen fränkischen Gesteinsschichten. Mitverantwortlich dafür sind Einlassungen im Erdreich, in denen sich das Totwasser sammelt. Im Laufe eines Sommers erwärmt sich auch das Totwasser und gibt die Wärme ab. Echensperger erinnert sich an einen Besuch im Julius-Echter-Berg in diesem Spätsommer. „Der Boden hat fast gedampft vor lauter Hitze.“ Gerade für die spätreifenden Sorten wie Riesling und Silvaner ist dieses Phänomen von Vorteil.