Der Förderverein Ehemalige Synagoge Kitzingen besteht seit 30 Jahren. Die Anfangsjahre waren nicht ganz leicht.
Bereits im Elternhaus hat Dagmar Voßkühler viel über die Zeit der Judenverfolgung erzählt bekommen. Erzählungen, die sie geprägt haben. 1984 trat sie dem Förderverein Ehemalige Synagoge bei. Da bestand der Verein bereits seit zwei Jahren. Seit 1994 führt Voßkühler den Förderverein, unterstützt von ihrer Stellvertreterin Margret Löther. Am Wochenende feierte der Verein sein 30-jähriges Bestehen.
"Es ist keine Vernissage und auch keine Finissage, es ist eine Midissage", stellte die Vorsitzende fest, denn die Ausstellung unter dem Titel "Menschen, Mauern und Mazewes" läuft schon einige Zeit. Michael Schneeberger hat sich um die Zusammenstellung der Exponate gekümmert.
Neben Gründungsmitgliedern, Oberbürgermeister Siegfried Müller und seinen Vorgängern Bernd Moser und Rudolf Schardt sowie Laudator Peter Kneer begrüßte Voßkühler Walter Reed aus Amerika, den Nachfahren einer aus Kitzingen vertriebenen jüdischen Familie.
Beklagenswerter Zustand "Der Zustand der Synagoge war 1982 beklagenswert", erinnerte Peter Kneer in seinem Rückblick. Eingeworfene Fenster und ein undichtes Dach. Vor diesem Hintergrund wurde der Förderverein 1982 gegründet mit dem Ziel, das einstige Gotteshaus für eine sinnvolle Nutzung zu renovieren. Der Bernbeck-Kreis hatte dazu bereits Pläne erarbeitet.
Auch wenn der Bau in seinem damaligen Zustand als unattraktiv eingestuft wurde: Das Landesamt für Denkmalpflege verbot den Abriss. Der Förderverein wollte daher den Zustand des Gebäudes und sein Anliegen der Öffentlichkeit vorstellen und organisierte 1983 eine erste Ausstellung unter dem Titel "Judentum in Kitzingen und Umgebung".
"Dabei lernten wir die Betroffenheit und die Unsicherheit der Kitzinger Bürger kennen", erinnerte sich Kneer. Der Sohn einer der Männer, der 1938 an der Zerstörung des Gotteshauses beteiligt war, habe schüchtern gefragt, ob er denn die Ausstellung besuchen dürfe.
Grauen blieb vielen verborgen Das Grauen von Vertreibung und Vernichtung sei sicherlich vielen Bürgern verborgen geblieben, räumte Kneer ein. Den Eichmann-Prozess 1961 und seine Nachfolgeprozesse in Frankfurt hätten die meisten Menschen nur marginal verfolgt.
Erst in einer Schilderung von Engelbert Bach, der als Kind auf Geheiß eines Sanitäters mit dem Leiterwagen helfen musste, Kitzinger Juden zum Bahnhof zu bringen, und in einer Begegnung mit dem Rabbiner Isaiah Gotthelf Wohlgemuth, wurden eigene Erfahrungen Kitzinger Bürger der Öffentlichkeit publik gemacht.
Der Synagogenverein strebte von Anfang an eine umfassende Sanierung des Gebäudes an. 1984 legten Studenten der Fachhochschule Würzburg-Schweinfurt eine strukturierte Bestandsaufnahme an und unterbreiteten Möglichkeiten einer Sanierung.
Kontakt zu ehemaligen Kitzigern aufgenommen Gleichzeitig initiierten Nikolaus Arndt und Michael Schneeberger die Kontaktaufnahme zu ehemals jüdischen Kitzinger Bürgern, die regelmäßige Pflege des jüdischen Friedhofs in Rödelsee wurde organisiert und Gisela Bamberg schuf wie aus dem Nichts eine Bibliothek, die zum anerkannten Archiv wurde.
1989 hat der Stadtrat die Entscheidung zugunsten einer Sanierung gefällt. Sie fand in den Jahren 1990 bis 1993 in Abstimmung mit der israelitischen Kultusgemeinde und ihrem Vorsitzenden David Schuster statt. Es entstand die "Synagoge in der Synagoge" mit Gebetsraum und der Möglichkeit der kulturellen Nutzung.
Nach der Instandsetzung der Synagoge konnte der Verein richtig durchstarten. Er stellte ein abwechslungsreiches Veranstaltungsprogramm mit eindrucksvollen Dokumentationen auf die Beine. Die Themen reichten von jüdischen Sportlern über Wiener Lieder bis hin zu Texten jüdischer Kabarettisten. Wie in anderen Städten auch, gelang es, Stolpersteine zu verlegen. Publikationen und Bücher legte der Synagogenverein verantwortlich auf.
Versetzung beendet Engagement Nur vier Jahre trug Agnes Kaschmieder Verantwortung im Verein, eine Versetzung beendete ihre Tätigkeit. Während der Festveranstaltung am Sonntag schilderte sie die Schwierigkeiten, bis es gelang, bei der Stadt ein altes Bild der Synagoge für den Vorraum loszueisen. Veranstaltungen wie der erste Holocaustgedenktag 1996 führten zu der Überlegung, wie das Gedenken anderweitig lebendig erhalten werden kann. Es entstanden Programme wie die Friedhofspflege, Vorträge, Musikbeiträge und das Verlegen der Stolpersteine als wichtige Impulse, um sich mit der Zeit des Nationalsozialismus auch weiterhin auseinander zu setzen.
"Unterfranken ist die jüdischste ländliche Gegend in Deutschland", berichtete Michael Schneeberger aus seinen Familienforschungen. Er initiierte die Ausstellung "Menschen, Mauern und Mazewes", die gleichzeitig mit dem Vereinsjubiläum organisiert wurde und noch bis zum 30. September, täglich von 11 bis 17 Uhr, zu sehen ist.
Schneeberger stellt mit Bildern von vier Kitzinger Fotografen anschaulich dar, was vom jüdischen Leben in der Kitzinger Medine (Wohnumfeld) noch greifbar ist. Die Bilder zeigen die große Fülle jüdischen Lebens in der Region, aber auch das ausgegrenzt sein der damaligen Bewohner. "Die Ausstellung soll einen Eindruck von dem Leben vermitteln, das es einmal in der Region gab", erklärte er.