Der schwierige Umgang mit ILEK

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Fortschritt: Das Entwicklungskonzept „Fränkischer Süden“ mit der Stadt Ochsenfurt und Gemeinden des südlichen Landkreises kann erste Ergebnisse vorweisen ...
Foto: G. MEISSNER
Hand in Hand: Auf die Zusammenarbeit der Kommunen zielt ILEK, das „Integrierte ländliche Entwicklungskonzept“. Es stellt die Bildung kommunaler Allianzen in den Vordergrund.
Foto: Susanne Holzmann

Rückläufige Einwohnerzahlen und die drohende Überalterung stellen vor allem ländliche Regionen vor große Herausforderungen. Im Landkreis Würzburg versuchen viele Gemeinden mit Hilfe staatlicher Programme dem Trend entgegenzutreten. Die Initiativen dazu sind inzwischen vielfältig, wie ein Sachstandsbericht des Landratsamts zeigt. Positive Ergebnisse stellen sich allerdings nur ganz allmählich ein.

Rückläufige Einwohnerzahlen und die drohende Überalterung stellen vor allem ländliche Regionen vor große Herausforderungen. Im Landkreis Würzburg versuchen viele Gemeinden mit Hilfe staatlicher Programme dem Trend entgegenzutreten. Die Initiativen dazu sind inzwischen vielfältig, wie ein Sachstandsbericht des Landratsamts zeigt. Positive Ergebnisse stellen sich allerdings nur ganz allmählich ein.

LEADER und ILEK sind zwei Schlagworte, mit denen die Förderung des ländlichen Raums häufig beschrieben wird. LEADER ist ein Programm, das von der Europäischen Union und dem Freistaat Bayern gemeinsam finanziert wird und fördert vor allem Einzelprojekte. ILEK steht für „Integriertes ländliches Entwicklungskonzept“, stellt die Bildung kommunaler Allianzen in den Vordergrund und wird vom Amt für ländliche Entwicklung begleitet.

„Es braucht Zeit, bis sich das Gefühl entwickelt, dass wir eine Einheit sind.“
Sebastian Grimm, Allianz „Fränkischer Süden“

Beide Programme setzen auf die Kooperation der Gemeinden, auf die gemeinsame Lösung gleichartiger Probleme. Dass dies sogar über Landkreisgrenzen hinweg möglich ist, zeigt die kommunale Allianz südliches Maintal, in der sich die Gemeinden entlang des Mains zwischen Randersacker und Sulzfeld zusammengeschlossen haben.

Einem weiteren ILEK-Programm haben sich die Gemeinden im westlichen Landkreis zusammengeschlossen. Zwei weitere ILEKs sind in Vorbereitung, eines für den nördlichen Landkreis Würzburg, ein weiteres im Maintal nördlich von Würzburg zwischen Zell und Himmelstadt.

Am weitesten fortgeschritten ist das Entwicklungskonzept „Fränkischer Süden“, in dem die Stadt Ochsenfurt und die Gemeinden des südlichen Landkreises zusammen geschlossen sind. Dort ist mit Sebastian Grimm bereits seit Jahresbeginn 2013 ein Umsetzungsmanager damit beschäftigt, das erarbeitete Konzept in konkrete Projekte umzusetzen.

Der Rahmen für derartige Projekte ist weit gesteckt. Im „Fränkischen Süden“ gilt Zusammenarbeit bei den gemeindlichen Pflichtaufgaben als ein Schwerpunkt. Die Zusammenlegung von Standesämtern oder die gemeinsame Nutzung eines Bauhofs etwa könnten kleinen Gemeinden helfen, ihre begrenzten finanziellen Resourcen möglichst effizient einzusetzen.

Das erste sichtbare Ergebnis der Allianz ist der Entwurf für ein landwirtschaftliches Kernwegenetz. Flur- und Feldwege sollen in den kommenden Jahren so ausgebaut werden, dass moderne landwirtschaftliche Maschinen auf ihnen auch längere Strecken zurücklegen können – ohne den Verkehr auf den Hauptstraßen und Ortsdurchfahrten zu behindern.

In der Allianz „Südliches Maindreieck“ steht der Ausbau der touristischen Infrastruktur in Verbindung mit dem Weinbau im Vordergrund. Die Vermarktung als Tourismusregion unter einer gemeinsamen Dachmarke – etwa als die bereits von den Winzervereinen kreierte Teilregion „MainSüden“ – gehört zu den angestrebten Zielen.

Im westlichen Landkreis hingegen hat die Zusammenlegung von Gemeindeaufgaben, etwa bei gemeinsamen Standesämtern, bereits Gestalt angenommen.

Trotzdem bleibt es schwierig, die angestrebte Bürgerbeteiligung in dem Verfahren beizubehalten. Am Anfang der Projektphase waren die Bürger gefragt, ihre Ideen und Wünsche in den Prozess mit einzubringen. Ideen-Workshops wurden veranstaltet. Die Ergebnisse dienten als Arbeitsgrundlage für die so genannten Lenkungsgruppen, in denen die Bürgermeister der Mitgliedsgemeinden, Behördenvertreter und der begleitende Fachplaner vertreten sind.

„Bottom up“ heißt dieses Prinzip neudeutsch; die Vorschläge sollten von unten, von den Bürgern, kommen. Inzwischen werden Zweifel an diesem Prinzip laut. Viele der Beteiligten fühlten sich überfordert, weil ihnen komplexe Zusammenhänge, etwa in Verwaltungsabläufen, nicht geläufig sind, sagt Armin Stumpf, der als Leiter des Regionalmanagements am Landratsamt die ILEK-Verfahren begleitet. Die Gefahr dabei sei, dass das Engagement mangels sichtbarer Ergebnisse schnell nachlässt. „Man muss sehen, dass man konkrete Dinge erreicht, weil sich die Bürger sonst fragen, wofür sie ihre Zeit geopfert haben“, so Armin Stumpf.

In der Allianz „Fränkischer Süden“ hat man diese Gefahr erkannt. Allianzmanager Sebastian Grimm setzt deshalb darauf, die Bürger gezielt einzubeziehen.

Etwa dort, wo es um überschaubare Aufgaben geht – etwa bei der Erschließung touristischer Potenziale oder um für das Leerstandsproblem zu sensibilisieren.

Die Hauptarbeit findet gegenwärtig mehr im Hintergrund statt. So ist Grimm damit beschäftigt, Leerstände und Siedlungsbrachen in den Allianzgemeinden zu erfassen. Der daraus entstehende einheitliche Datenbestand soll später dabei helfen, ungenutzte Flächen und Gebäude erfolgreich zu aktivieren. Auch die Kooperation innerhalb der Gemeindeverwaltungen ist ein angestrebtes Ziel – allerdings mit wenig Aussicht auf eine schnelle Umsetzung, weil es dabei um Mitarbeiterstellen geht, die sich nur langfristig verändern lassen.

Auch das gewohnte Kirchturmdenken steht einer intensiveren Zusammenarbeit häufig im Weg. „Es braucht einfach seine Zeit, bis sich das Gefühl entwickelt, dass wir eine Einheit sind“, sagt Sebastian Grimm.

Einen Rückschlag muss die Allianz „Südliches Maindreieck“ verkraften, seit Theilheim aus dem Bündnis ausgetreten ist. Das Entwicklungskonzept konzentriere sich zu stark auf die Interessen der Maintalgemeinden, lautete die Kritik. Die Entscheidung im Gemeinderat war denkbar knapp gefallen. In einer der nächsten Sitzungen wolle man nun versuchen, die Kritiker doch noch von den Vorzügen der Allianz zu überzeugen, so die Auskunft aus dem Rathaus.

Landrat Nuß hat Verständnis für die Startschwierigkeiten. „Es ist immerhin das erste Mal, dass Bürgermeister in dieser Form unter einem Schirm zusammenarbeiten“, so Nuß. Gleichwohl führe kein Weg an einer stärkeren Zusammenarbeit vorbei, wenn man wichtige Versorgungsstrukturen in den ländlichen Regionen aufrecht erhalten wolle. „Einer kleinen Gemeinde wird es heute alleine nicht mehr gelingen, etwa einen Arztsitz zu bekommen“, so Nuß, „wenn sich Gemeinden auch noch gegenseitig Konkurrenz machen, bekommen sie am Ende gar nichts.“