Jugendherberge in Bamberg: Die Kosten steigen

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450 000 Euro muss die Stadt für die Pläne für drei Sanierungsvarianten der Jugendherberge zahlen. Ob wirklich gebaut wird, ist allerdings mehr als fraglich.
450 000 Euro muss die Stadt für die Pläne für drei Sanierungsvarianten der Jugendherberge zahlen. Ob wirklich gebaut wird, ist allerdings mehr als fraglich.
 

Am Mittwoch will der Stadtrat über die Zukunft der Jugendherberge entscheiden. Eine leichte Debatte wird es nicht. Neben dem Streit mit Unterschriftensammler Norbert Tscherner gibt es neue Vorwürfe um die Planungskosten für die Wolfsschlucht: Demnach klettern die Honorare für Pläne und Kostenermittlung auf 450.000 Euro.

Vieles hängt an diesem Mittwoch an Norbert Tscherner und der Frage, wie er zu dem möglichen "Kreativzentrum für junge Menschen" in der ehemaligen Jugendherberge steht. Sollte der Bürger-Block-Stadtrat, der 7500 Unterschriften zum Erhalt der Wolfsschlucht sammelte, den Kompromissvorschlag der Verwaltung ablehnen, dann könnte es parallel zu den Kommunalwahlen im März 2014 zu einem Bürgerentscheid kommen.

Doch es ist fraglich, ob die Bamberger tatsächlich darüber abstimmen werden, wie sie zu einer sechs Millionen Euro teuere Sanierung der Jugendherberge stehen. Das hat auch mit Nachrichten zu tun, die am Dienstag kursierten. Demnach sollen die Kosten für die Planung dreier Varianten inklusive Kostenberechnung noch einmal um 150.000 auf 450.000 Euro geklettert sein. Nachdem bereits die Summe von 300.000 Euro zum Stein des Anstoßes wurde, wäre dies ein herber Rückschlag für die Verwaltung, die das Streitthema bereits vom Tisch zu haben hoffte.

Ohnedies wird es ein einfaches Umschwenken mit dem Bürger-Block wohl nicht geben. Das hat Norbert Tscherner am Dienstag noch einmal bekräftigt. Tscherner fühlt sich nicht nur den 7500 Unterstützern für den Erhalt der Jugendherberge verpflichtet. Er sieht sich auch mit Fakten konfrontiert, die er so nicht akzeptiert. Die Kosten von sechs Millionen Euro seien künstlich hochgerechnet. Außerdem hält er es für nicht gerecht, dass es in der Stadt Bamberg Geld für neue Stühle in der Arena gibt, aber nicht für die Rettung einer bestens etablierten Jugendherberge. Nach Abzug der Fördermitteln und dem, was bereits zurückgelegt wurde, sieht Tscherner nur noch einen Fehlbetrag von drei Millionen Euro. "Vielleicht wäre die Jugendherberge ja etwas, für das sich auch ein Michael Stoschek engagieren könnte."

Die Idee von OB Andreas Starke (SPD) und Bürgermeister Werner Hipelius (CSU), in der Wolfsschlucht Bands proben zu lassen, und unter Zuhilfenahme einer 400-Euro-Kraft die Wolfsschlucht als Jugendeinrichtung zu erhalten, hat in der Stadt ein unterschiedliches Echo ausgelöst. Eine Umfrage auf infranken.de ergab keine Mehrheit. 58 Prozent der Teilnehmer unserer nicht repräsentativen Abstimmung halten die Wolfsschlucht als Kulturzentrum für keine tragfähige Lösung. Sie fürchten, dass sich das Sanierungsproblem in wenigen Jahren noch stärker stellt. Dagegen beurteilten 38 Prozent die Idee als sympathisch, weil das Haus eine Jugendeinrichtung bleibe, ohne dass es ins Geld geht.

Ob dies tatsächlich so ist, darüber bestehen allerdings Zweifel: Dieter Weinsheimer von den Freien Wählern verlangt vor dem Votum im Stadtrat Aufklärung über die Frage, wer die Trägerschaft eines Kreativzentrums übernehmen soll und wer den Bauunterhalt zahlt. "Das Kreativzentrum hat einen gewissen Charme, kann aber nur eine Zwischenlösung sein", sagt Weinsheimer. Auch eine eventuelle dauerhafte Zukunft als Jugendkultureinrichtung werde schon bald größere Sanierungsmaßnahmen verlangen, fürchtet der Stadtrat.

Viel Zulauf zum Jugendzentrum

Mit Jugendkulturarbeit kennt man sich auch im Jugendzentrum am Margaretendamm aus. Dort hat der Verein Innovative Sozialarbeit (ISO) in den letzten Jahren rund 100000 Euro an Spenden und Fördermitteln investiert und das das Haus nicht nur baulich saniert, sondern auch konzeptionell auf neue Beine gestellt. Mit sichtbarem Erfolg: Der Bandprobenraum wird derzeit von sieben Gruppen genutzt, es finden Konzerte statt, und auch die Kreativwerkstatt wird gerne genutzt. Trotz des ähnlichen Angebots zwischen dem Jugendzentrum und einem möglichen Kreativzentrum in der Wolfsschlucht - eine Konkurrenz sieht ISO-Geschäftsführer Matthias Gensner nicht. Das Jugendzentrum richte sich vor allem an Leute im Alter bis 21 Jahren, sagt Gensner und bietet an, die Erfahrungen von ISO auch für die Wolfsschlucht beizusteuern.

Das Beispiel zeigt. Die Zukunft der mittlerweile leer stehenden Jugendherberge ist keine Sache, die mit einem Federstrich zu entscheiden wäre. Das bestätigen auch die neuesten Betriebskostenzahlen, die das Rathaus ermittelt hat. Dabei hat die Stadt unter der Annahme von 8000 und 9400 Übernachtungen im Jahr die Varianten Gästehaus und Jugendherberge mit Anbau durchgerechnet. Das Ergebnis inklusive Zins und Tilgung zeigt, dass der Weiterbetrieb einer Jugendherberge dem Stadtsäckel ein jährliches Defizit zwischen 156.000 und 185.000 Euro bescheren würde. Nur schwach vermag in dieser Rechnung die Tatsache zu trösten, dass die Oberfrankenstiftung sich mit gut einer Million Euro beteiligen würde. In den Zahlen aus dem Rathaus ist dieser Betrag schon berücksichtigt.

Auch beim Ärgerthema Planungskosten gab es keine Entwarnung. Unsere Nachfrage, ob die Kosten für Pläne und Kostenberechnung tatsächlich auf 450000 Euro geklettert sind, hat die Stadt bestätigt. Von Kostensteigerung mag Ulrike Siebenhaar aber nicht sprechen: Die neue Höhe ergebe sich aufgrund "der exakten Berechnung der Kosten". Grundlage ist die Anwendung der Honorarordnung für Architekten und Ingenieure.


Glosse:
Die teuere Suche nach den Kosten

Da wird der Bund der Steuerzahler um seine Existenzberechtigung fürchten, wenn er vom Bamberger Modell der Mehrkostenvermeidung durch Mehrkostenproduktion erfährt.

Drohenden Haushaltslöchern begegnet man an der Regnitz neuerdings durch die brutalstmögliche Vorausberechnung sämtlicher Positionen - koste es, was es wolle. Wie das Beispiel Wolfsschlucht zeigt, hat der Trick durchschlagende Wirkung: Der Bagger ist noch nicht da, und schon fühlt die Stadt Schmerzen, so als ob bereits tatsächlich Millionen in den Sand gesetzt wären.

Gegenüber echten Baukosten hat die Geldvernichtung auf dem Papier viele Vorteile. Sie ist die Schluckimpfung gegen die großen Finanzrisiken des Lebens. Und ökologisch wertvoll. Man stelle sich vor, wie viele Prunkbauten nie entstanden wären, hätte die Stadt die Technik der vorbeugenden Kostenexplosion schon früher entdeckt.