Auch die Gaststätten im Landkreis kämpfen um ihre Existenz
Auch Bochmann hoffte, die Zwangspause für anfallenden Papierkram nutzen zu können, seine Kinder hatten andere Pläne: "Während wir vor Ausbruch des Virus hauptsächlich tagsüber mit verschiedenen Projekten am Proben waren und unser Hauptproblem darin bestand, wer die Kinder während der Arbeit beaufsichtigt, besteht unsere Hauptaufgabe nun darin, die Kinder zu beschäftigen und den Schulstoff zu bearbeiten."
Ein paar Termine stehen noch
Auch wenn niemand vorhersehen kann, wann das öffentliche Leben wieder stattfinden darf, an den wenigen ausstehenden Terminen halten sich die Künstler fest.
" Das ist als nächstes ein Märchenprogramm am 21. April im ,Weinhaus Schaffner‘ in Haßfurt, allerdings ist in der gegenwärtigen Situation unklar, ob das so zu halten sein wird. Wir bleiben natürlich positiv, und bereiten jedes Projekt, das noch nicht abgesagt wurde, so vor, als ob es stattfindet", so Bochmann.
Auch Joers arbeitet weiter an ihrem nächsten Stück: Brechts "Die Dreigroschenoper." Bühne wird dieses Mal die Malerwerkstatt der Handwerkskammer Oberfranken sein. Obwohl die Premiere vorerst verschoben wurde, nutzt sie die Ausgangsbeschränkung zum Textlernen: "Auch für die eigene Motivation, um Körper und Kopf frisch zu halten. Für einen selbst ist das wichtig."
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Digitaler Gitarrenunterricht
Die Projekte des Haßfurter Musikers Klaus Neubert liegen ebenfalls auf Eis. "Am Soloprogramm (...) kann man natürlich immer arbeiten und mit den Kollegen übers Internet kommunizieren. (...) Studioarbeit z.B. ist auch notfalls komplett online möglich.", so der 50-Jährige. Aber auch er merkt den Wegbruch der Auftritte, finanziell sichert ihn eine Teilzeitstelle als Gitarrenlehrer an der Fachakademie für Sozialpädagogik in Haßfurt ab. Dort läuft der Unterricht weiter - und zwar digital.
"Unterrichtsinhalte werden über Internet kommuniziert. An der Musikschule Hofmann in Hofheim wo ich auch Schüler unterrichte, haben einige Kollegen schon auf Onlineunterricht umgestellt, das ist zumindest eine Möglichkeit zur Überbrückung." Aber "für viele Kollegen ist das finanziell aktuell wirklich katastrophal. Es ist zu hoffen, dass wirklich allen geholfen wird, die jetzt in eine Notlage geraten sind.", erzählt der Musiker.
Soforthilfe für Künstler
Aline Joers hat die vom Freistaat angebotene Soforthilfe bereits beantragt. Wann sie mit der staatlichen Unterstützung rechnen kann, weiß sie nicht.
Trotzdem kann die gebürtige Berlinerin der Krise auch etwas Positives abgewinnen: "Man hat Kontakt zu Leuten, die man schon ewig nicht mehr gesprochen hat." Auch Künstler rücken enger zusammen, entwickeln gemeinsame Projekte. Nach dem Motto: Wenn das Publikum nicht ins Theater kommt, kommt das Theater zum Publikum auf den heimischen PC.
Das Bamberger "Nana Theater" rief ein "Pandemie Poesie Projekt" ins Leben. Lesungen via Youtube-Video. Auch Joers hat einen Clip aus der heimischen Isolation beigetragen. Um "mal etwas Positives in die Welt zu senden", wie sie sagt.
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Die Kunst geht Online
Bekannte Musiker treffen sich via Livestream zum Jammen. Staats- und Landestheater gehen mit Lesungen oder Interviews online. "Eine Chance ist die Situation sicher, der Mensch wird in der Not oft sehr erfinderisch," so Neubert.
Bochmann sieht den Internet-Hype kritisch. "Der große Vorteil des Theaters im Gegensatz zu Film und Fernsehen besteht (...) gerade in dem direkten Kontakt zu den Mitspielern und zum Publikum." Am Ende zählen keine Klicks, sondern nur verkaufte Eintrittskarten.
Ein paar der vorverkauften Tickets für die verschobene "Dreigroschenoper" seien nicht zurückgegeben worden, erzählt Joers. "Da zeigt sich schon die Solidarität."
Alles wird gut
Wenn die Pandemie ausgestanden ist und sich das Leben wieder nach draußen verlagert, strömen die Menschen vielleicht sehnsuchtsvoll zurück in Theatersäle und Konzerthallen. Bochmann glaubt, dass es "ein gesteigertes Bedürfnis der Menschen nach Geselligkeit, Kultur und Kunst geben wird. Im Gegensatz zu der Unterhaltung, mit der man versucht, die Zeit jetzt zu überstehen."
Bis dahin gilt: Wer wegen wegfallender Shoppingmöglichkeiten Geld übrig hat, darf die Kunstschaffenden seines Vertrauens gerne mit einer finanziellen Spritze unterstützen. Oder einfach bereits bezahlte Tickets nicht zurückgeben. Treffend heißt es am Ende von Joers Lesung: "Hab Sonne im Herzen und alles wird gut."