Ab 2018 hat in der Kreisstadt Haßfurt nicht mehr jeden Tag eine Apotheke Notdienst. Das heißt, dass Bürger längere Wege haben.
Die einen sind froh, nun eine Entlastung vom anstrengenden Beruf zu haben, die anderen sehen die Berufung des Apothekers in Frage gestellt und eine viel schlimmere Belastung für die Patienten: Der Apotheken-Notdienst im Bereich
Haßfurt wird 2018 neu aufgestellt. Und das bedeutet, dass jemand aus Haßfurt, der ein Medikament nach den regulären Öffnungszeiten besorgen will oder muss, unter Umständen bis nach Ebelsbach zu fahren hat, weil in der Kreisstadt selbst keine Apotheke mehr offen ist.
Eine Katastrophe
Der Kommunale Behindertenbeauftragte der Stadt Haßfurt, Michael Schulz, sieht in der neuesten Entwicklung "eine Katastrophe". Es sei eine "Riesenbarriere, die aufgebaut wird", ärgert sich der Mentor der Älteren und Behinderten in Haßfurt. "Wir kämpfen seit Jahren für die Barrierefreiheit in der Stadt. Ältere Menschen ziehen nach Haßfurt extra, weil sie hier alles vor Ort haben und mit sechs Euro per Taxi alles erreichen können. Jetzt muss ich mit Begleitperson für 40 Euro im Taxi nach Ebelsbach fahren, um mir ein Medikament zu holen," skizziert Schulz den Extremfall.
Eva-Maria Schwach, Vorsitzende des Haßfurter Seniorenbeirats, ist über die Verschlechterung für die Haßfurter verärgert. Der Seniorenbeirat hat einen Runden Tisch mit den Apothekern angestoßen, bei dem sich die Mehrheit der Haßfurter Apotheker für die neue Regelung ausgesprochen hat: "Es ist sehr frustrierend", bilanziert Schwach die vergeblichen Anstrengungen, die der Seniorenbeirat unternommen hat.
Worum geht es? Es gibt im Notdienstkreis Haßberge drei Gruppen: Die Haßfurter Apotheken, die Apotheken um Hofheim mit Ebern, Ermershausen und Burgpreppach sowie die Apotheken um Eltmann, Ebelsbach, Zeil, Knetzgau, Sand und Oberaurach (Trossenfurt).
In
Haßfurt hatte bisher jeder alle fünf Wochen je eine Woche lang den Notdienst von 8 bis 8 Uhr zu leisten.
Die
Hofheim-Ebern-Gruppe hat alle sieben Wochen jeweils eine Woche Notdienst zu absolvieren - dabei bleibt es auch in Zukunft.
In
Eltmann, Ebelsbach, Trossenfurt, Knetzgau, Zeil und Sand hatte man Dienst alle acht Tage je einen Tag. Die Neuerung: 2018 wird Haßfurt mit der Eltmanner Gruppe zusammengelegt, und damit gibt es einen neuen Rhythmus von je einem Tag Notdienst alle elf Tage.
Die Apothekerkammer Bayern in München ist zuständig für den
Notdienstplanund entschied, dass bei Entfernungen über 15 Kilometern - wie sie von Haßfurt aus für Eltmann und Trossenfurt errechnet wurden - dann ein Paralleldienst in einer Haßfurter Apotheke eingerichtet wird. Das ist die einzige Ausnahme.
Zu den "Revoluzzern" unter den Apothekern in Haßfurt gehörte Doris Zeltner. Sie führt in Haßfurt die elterliche Apotheke weiter und fühlt vor allem mit den Patienten mit: "Ich find's ganz schlimm." Der Beruf müsse auch Berufung sein, da müssten persönliche Befindlichkeiten auch in den Hintergrund treten.
Gerade am letzten Wochenende hatte sie Notdienst "und da fiel mir erst einmal auf, wer alles kommt und warum! Es sind Notfälle," sagt sie mit Nachdruck, und zwar aus dem ganzen Landkreis. Die Eltern, die am Samstag feststellen, dass ihr Kind Läuse hat: Da zählt jeder Tag. Der Mann, der üble Blasen an den Fingern hat und am nächsten Tag arbeiten muss. Die Menschen, die am Abend die Erkältung erwischt. Die Alleinerziehende, die mit ihrem Kind durch die Nacht fahren muss, um an ein Medikament zu kommen. Oder dieser Fall aus der Praxis: Ein Ehemann holt für seine Gattin nach Besuch des Medizinischen Versorgungszentrums in Haßfurt am Freitag eine Medizin gegen Blasenentzündung. Am Samstag ist er erneut da, weil die Frau das Antibiotikum nicht verträgt; am Sonntag noch einmal, weil das Medikament nicht anschlägt. Soll dieser Mann drei Mal zur Apotheke in drei verschiedenen Ortschaften fahren?
Haßfurt ist medizinisches Zentrum im Landkreis
Überhaupt fällt ein Umstand ins Gewicht: In Haßfurt ist die einzige ärztliche Bereitschaftspraxis angesiedelt. Was ist es für ein Armutszeugnis für die Stadt als medizinisches Zentrum im Kreis, resümiert Doris Zeltner, wenn man hier nicht noch schnell das verschiebene Medikament besorgen kann, sondern in die Gegend fahren muss? Rund 70 Patienten kommen am Wochenende von der Bereitschaftspraxis im Schnitt.
Die Eltmanner Apothekerin Margit Stäbler sieht - wie der Zeiler Kollege Klaus Münzhuber - ein weiteres Problem: die Vorratshaltung. "Unser Warenlager ist auf solche Extremdienste nicht eingerichtet," erklärt Stäbler. Bei den ansässigen Ärzten weiß man, was in der Regel verschrieben wird, bei der Haßfurter Bereitschaftspraxis weiß man es nicht. Und mal schnell ein Medikament bestellen, das geht am Sonntag nicht.
Zudem rechnen die Apotheken draußen damit, dass sie wegen des höheren Kundenverkehrs nun deutlich mehr Personal brauchen. Der regulär zur Öffnungszeit als anwesend geforderte Apotheker reicht alleine nicht mehr aus; pro Dienst fallen wohl um die 200 Euro mehr an als früher.
Noch ein Aspekt: Wenn gerade ein Infekt umgeht, kann die Apotheke schon auch mal leergekauft sein. Bislang war Haßfurt wenigstens zur Not in Reichweite gewesen.
Grundsätzlich hat sich die Eltmannerin über die Haltung der Apothekerkammer geärgert, die "von oben herab" bestimmt hat; die Apotheken in Bayern sind Pflichtmitglieder. Im Gespräch mit den Apothekern im Landkreis wird deutlich, dass sie in zwei Jahren erneut mit Bewegung in der heimischen Apotheken-Landschaft rechnen, es dürfte zu Übergaben oder Schließungen kommen, dann "muss ja wieder eine Änderung her".
Unterschätzen darf man nicht, dass die Menschen inzwischen an den jahrzehntelangen Notdienst-Rhythmus gewöhnt sind. "Es hat nicht jeder ältere Mensch ein Handy, wo er googeln kann, welche Apotheke auf hat," ergänzt Doris Zeltner. Die Apothekerinnen Stäbler und Zeltner sehen auch das Problem der Kommunikation: Wie den Menschen die neue Regelung vermitteln? Ärger ist vorprogrammiert.
Antje-Kristin Kießling gehört zu der Apotheker-Fraktion, die es eher gelassen sieht. Von der Dienstbelastung her ist es "für uns wirklich eine Entlastung", sagt sie zu dem Umstand, dass ihre Apotheke in Ebelsbach nun nicht mehr alle acht, sondern nur alle elf Tage Notdienst hat. Sie gehörte zu denen, die eher abseits des "medizinischen Zentrums" gelegen an manchen Tagen sehr wenig Betrieb hatte. "Da fragt man sich schon, für was man überhaupt da ist." Ein 24-Stunden-Dienst ist immerhin eine echte Belastung. Sie sieht auch über den Tellerrand hinaus: In Bamberg haben die Apotheken alle 27 Tage Dienst, in Mecklenburg-Vorpommern sieht man eine Fahrstrecke bis zu 40 Kilometern als zumutbar an.
Der Apotheker Stephan Schmitt, der insgesamt vier Apotheken landkreisweit mit über 40 Angestellten betreut, sieht unter dem Strich die Bürger im Landkreis gut versorgt. Wochenweise sei die Belastung in Haßfurt, resümiert er, doch recht groß gewesen.
Nicht zu vergessen ist die Konkurrenz der Internet-Apotheken, die auch auf dem Land spürbar wird. Und eine Internet-Apotheke zahlt keine Miete, hat weniger Personalkosten - und leistet keinen Notdienst.
Die Menschen dürfen sich nichts mehr gefallen lassen! Als der Bereitschaftsdienst Ebern weggefallen ist, wurde uns versprochen, dass in Haßfurt immer eine Apotheke Dienst hat. Die Eberner haben die Entwicklung beim Apo-Not-Dienst so kommen sehen, wie es nun gekommen ist.
Die Bürger haben die Schnauze voll von solcher "Gesundheitspolitik". Die Funktionäre und Abgeordneten der "etablierten Parteien" gehören in die Wüste geschickt und die Bürger/innen müssen endlich selbst über ihre Lebensumstände bestimmen können.
Das geht nur mit Volksentscheiden! Petition unterzeichnen:
https://www.openpetition.de/petition/online/es-ist-an-der-zeit-volksentscheid-bundesweit