Mit dem Bus hinaus aufs Dorf

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Bitte einsteigen! Damit in kleinen Orten wie Forsthub auch in ferner Zukunft noch Linienbusse halten, fordert der Verkehrsclub Deutschland ein Umdenken. Gerd Weibelzahl (links) und der Grüber Bürgermeister, Jürgen Wittmann, hätten da nichts dagegen. Foto: Berthold Köhler
Bitte einsteigen! Damit in kleinen Orten wie Forsthub auch in ferner Zukunft noch Linienbusse halten, fordert der Verkehrsclub Deutschland ein Umdenken. Gerd Weibelzahl (links) und der Grüber Bürgermeister, Jürgen Wittmann, hätten da nichts dagegen. Foto: Berthold Köhler

Nahverkehr  Der Verkehrsclub Deutschland hat sich Gedanken zum ÖPNV im Coburger Land gemacht. Um diesen Teil der Daseinsvorsorge in Zukunft nicht zu schwächen, braucht es neben guten Ideen wohl auch einen ganzen Batzen Geld.

von unserem Redaktionsmitglied 
Berthold Köhler

Forsthub — Derzeit laufen im Coburger Land die Vorbereitungen für die Fortschreibung des Nahverkehrsplans. In diesem wird geregelt, wie das Verkehrsangebot der Zukunft aussehen soll. Gerd Weibelzahl, Sprecher des "Verkehrsclubs Deutschland" (VCD) für den Landkreis Coburg , warnt bei den derzeit laufenden Diskussionen davor, dass die ländlichen Regionen künftig noch mehr vom Nahverkehr abgehängt werden. Deshalb hat Weibelzahl ein Konzept erarbeitet, dass er über den VCD als Verband in den Nahverkehrsplan einbringen will.
Wie schön es ist, Teil des Nahverkehrs zu sein, erfährt Weibelzahl seit einiger Zeit am eigenen Leib. Weil die Grüber Ortsdurchfahrt momentan wegen einer Baustelle gesperrt ist, fährt die Buslinie 8306 einen Umweg über Weibelzahls Heimatort Forsthub. "Jetzt haben wir erstmals einen ÖPNV-Anschluss", sagt der VCD-Sprecher stolz. Auch der Grüber Bürgermeister, Jürgen Wittmann (Gut für Grub) freut sich über die Angebotserweiterung: "Da hat der OVF wirklich schnell und unbürokratisch gehandelt." Allerdings ist die Freude der Forsthuber nur von begrenzter Dauer: Im Spätherbst, spätestens im Winter, wird die Buslinie 8306 wieder ihren angestammten Weg durch Grub und damit an Forsthub vorbei nehmen.

Bedarf nur bei Bedarf

Aber das muss nicht so sein, findet Weibelzahl und zeigt auf das Nahverkehrs-Konzept, das er auf seinem Computer erstellt hat. Da wimmelt es nur so von verschiedenen Buslinien quer durch den Landkreis, aber Weibelzahl geht es erst einmal um das Grundsätzliche. Gar nicht gefällt ihm zum Beispiel die Philosophie, künftig mehr Bus-Verkehr "auf Bedarf" anzubieten. Ganz draußen, am Ende der Buslinien, könne dies vielleicht funktionieren - aber die Grundversorgung dürfe damit nicht ersetzt werden. "Wir brauchen ein Grundnetz", fordert Weibelzahl und vergleicht dieses mit den Stammstrecken bei großstädtischen U- und S-Bahnen.
Der VCD-Sprecher weiß natürlich auch: Guter Nahverkehr kostet Geld. "800 000 Euro", rechnet Weibelzahl hoch, "müsste der Landkreis pro Jahr schon in die Hand nehmen". Bei dieser Summe runzelt dann auch Jürgen Wittmann die Stirn. "Der ÖPNV als Daseinsvorsorge muss ein Thema des Freistaates Bayern werden", fordert der Bürgermeister. Der VCD sieht das offensichtlich nicht viel anders. Er hat deshalb demnächst, mit Gerd Weibelzahl einen Termin beim neuen bayerischen Heimatministerium. Dort will der Verkehrsclub mehr finanzielle Unterstützung für die Landkreise heraus holen.
Einen Finanzierungsansatz hat der VCD dabei auch: Angesichts der demografischen Entwicklung wird der hoch bezuschusste Schüler-Verkehr als Säule des Nahverkehrs in Zukunft dünner ausfallen. Da könnte der Freistaat Bayern doch einen Teil seiner jährlich rund 160 Millionen Euro im Jahr für die Schülerbeförderung zur Unterstützung der Landkreise umschichten.
Der ÖPNV spielt für Gerd Weibelzahl aber auch bei den "großen Themen" des Coburger Landes eine Rolle. Dass sich derzeit bei den Gespräch um den ICE-Haltepunkt in Coburg alles auf den Lückenschluss Richtung Thüringen konzentriert, ist für den VCD ein bisschen kurz gedacht. "Wenn der Nahverkehr stillgelegt wird, schwächt das auf Dauer ganz entscheidend den ICE-Haltepunkt", warnt Weibelzahl.
Ideen, wie es im Coburger Land besser laufen könnte, stehen im VCD-Entwurf jedenfalls mehr als genug. Zum Beispiel beklagt Gerd Weibelzahl, dass derzeit kein einziger Bahnhof des Landkreises Coburg sinnvoll in den Buslinienverkehr integriert ist. Dies müsse sich ändern, fordert der Verkehrsclub deshalb. Auch Jürgen Wittmann sieht diese Probleme, weiß als Kenner der Branche aber auch: "Jede zusätzliche Buslinie kostet Geld." So verursacht ein neuer Bus samt Personal beim Betreiber jährliche Ausgaben von rund 150 000 Euro. Ausdrücklich bei seiner Kritik an den Entwicklungen außen vor sind die beiden ÖPNV-Beauftragten von Stadt und Landkreis Coburg, Marita Nehring und Frank Schäfer. "Sie leisten gute Arbeit", attestiert Gerd Weibelzahl, der ja seinerseits in Hessen in der ÖPNV-Branche tätig ist.
Wenn aber das Coburger Land künftig beim Nahverkehr als Teil der Daseinsvorsorge voran kommen wolle, brauche er mehr Personal: Drei bis vier Stellen für den ÖPNV stehen dafür zum Beispiel im VCD-Forderungskatalog.