Herrn Haiduks Laden der Wünsche

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Sigismund von Dobschütz Einer größeren Öffentlichkeit wurde der in Zürich geborene und heute in Berlin lebende Literaturwissenschaftler und Schriftsteller F...

Sigismund von Dobschütz

Einer größeren Öffentlichkeit wurde der in Zürich geborene und heute in Berlin lebende Literaturwissenschaftler und Schriftsteller Florian Beckerhoff (41) wohl erst ab 2013 durch die Verfilmung seines bereits 2009 vorgelegten Debütromans "Frau Ella" bekannt. Im Oktober erschien nun sein sechster Roman "Herrn Haiduks Laden der Wünsche" beim Verlag Harper Collins.
Wir sollten nicht immer nur von einem besseren Leben träumen, sondern das Beste aus dem machen, was wir haben. So lautet die zentrale Botschaft dieses sinnlichen, poetischen Romans. Der wegen des Bürgerkriegs vor Jahren aus Algerien geflohene Haiduk, der dann über Paris der Liebe wegen nach Berlin kam und dort blieb, obwohl die Liebe ihn verlassen hatte, ist inzwischen Betreiber eines winzigen Kiosk-Ladens mit Lotto-Annahmestelle in einem Altstadtviertel. Gemeinsam mit der Studentin Alma macht er sich auf die Suche nach dem rechtmäßigen Gewinner des 13-Millionen-Jackpots, dessen verlorenen Spielschein die schüchterne junge Frau kürzlich auf der Straße fand.
Als dies bekannt wird, bestürmen die Stadtteilbewohner - Haiduks Stammkunden ebenso wie ihm völlig fremde Menschen - den kleinen Laden und bringen das bisher bescheiden-glückliche Leben des Algeriers völlig durcheinander. Im Lauf der Handlung lernen wir in Einzelgesprächen die unterschiedlichsten Mitmenschen und Charaktere kennen, alle auf der Suche nach dem ganz großen Glück. Jeder gibt natürlich vor, Eigentümer des gefundenen Spielscheins zu sein.
Im Streit um den Jackpot erkennen wir deren Unzufriedenheit mit ihrem bisherigen Leben und ihre in Wahrheit unerfüllbaren Hoffnungen und Träume. Lotto-Verkäufer Haiduk, "Händler der geheimen Wünsche", kann nur warnen: Wer glaubt, nur mit dem Jackpot glücklich sein zu können, muss also ohne diesen unglücklich sein. "Wollen Sie unglückliche Menschen sein, die nur von einem anderen Leben träumen?", ruft er seinen Mitmenschen zu. "Das Glück ist hier und jetzt und sonst gar nicht.... Gehen Sie nach Hause, spielen Sie mit Ihren Kindern und trinken Sie Tee." Denn das wahre Glück findet der Mensch in den kleinen Dingen und Begebenheiten des Alltäglichen. Dagegen ist das erhoffte große, in Wahrheit unerreichbare Glück nur "die Idee vom Glück". Der Mensch muss sich also entscheiden "zwischen dem echten und dem möglichen Leben".
Dem Autor ist ein wunderbar leiser und besinnlicher Roman gelungen, der sich trotz seines philosophischen Tiefgangs leicht lesen lässt. Beckerhoffs Roman gleicht einer erholsamen und erfrischenden Oase in der überwiegend von Psychothrillern und Action-Romanen beherrschten Welt gängiger Unterhaltungsliteratur. Sein fast märchenhaft anmutendes Buch "Herrn Haiduks Laden der Wünsche" ist zu empfehlen. Wer es aufmerksam liest, wird auch über seine eigenen Träume ins Grübeln kommen.