Feuer und Flamme fürs Fleisch

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Schwein durch, Kruste ein Traum - Gerhard Rose bei der letzten Phase seiner Arbeit, dem Zerlegen. Foto: Klaus Frenzel
Schwein durch, Kruste ein Traum - Gerhard Rose bei der letzten Phase seiner Arbeit, dem Zerlegen. Foto: Klaus Frenzel
Gewürmischung passt.
Gewürmischung passt.
 
Messer müssen scharf sein.
Messer müssen scharf sein.
 

Grillen  Wenn Gerhard Rose gerufen wird, dann wollen Leute richtig gut essen. Der Meister am Grill sorgt dafür, dass bei großen Festessen niemand hungrig nach Hause geht. Hinter der Kunst mit Feuer und Fleisch steckt manches Geheimnis

von unserem Redaktionsmitglied Rainer Lutz

Weißenbrunn vorm Wald — Wenn Gerhard Rose die Messer wetzt, dann hat er ein wunderbares Ziel. Er will Menschen Genuss bereiten. Der gelernte Metzger sorgt bei Festen für das Essen und dieses Festessen kommt sehr oft vom Grill. Mit Feuer und Fleisch für glückliche Gesichter zu sorgen, ist Gerhard Roses Passion seit Jahrzehnten. Eine Zeit, in der er viel über das Grillen gelernt hat - auch über die Menschen, für die er kocht.
Ein Wissen, über das er nicht so gern plaudert. Über das Grillen nicht, weil es seine Kunst ist, über die er nicht alles verraten will. Über die Menschen nicht, weil sie nicht alles gern hören würden, was er so zu sagen hätte. Aber dies und das lässt er sich schon entlocken, der Herr über Flamme und Kruste. Ah, die Kruste! Wir reden über ein ganzes Schwein am Spieß.
So ein Festmahl beginnt lange vor dem Aufspießen. Man muss erst etwas haben, das gespießt werden kann. "Das ist nicht mehr so leicht wie früher. Früher bist zu einem Bauern und hast gesagt, was du suchst. Meistens hatte der so etwas." Aus der heutigen Art der Schweinemast lässt sich nicht mehr so einfach ein Tier herausnehmen, das die richtige Größe hat, um als Spanferkel zum Gipfel der Genüsse bei einer Hochzeit oder Vereinsfeier zu werden. Aber am Ende kriegt er immer irgendwo eins her. Einmal geschlachtet, geht es an die Vorbereitung. Von innen und außen wird der angehende Braten mit einer Gewürzmischung eingerieben. "Das sollte schon am Tag vor dem Grillen passieren", sagt Gerhard Rose. Damit der Geschmack schön einzieht. Und natürlich die Schwarte gut einschneiden! So wird die Kruste richtig. Die Gewürzmischung ist ein Geheimrezept. "Salz, Pfeffer, Paprika, frische Kräuter und was, das ich nicht verrate", mixt er zusammen. Wichtig: "Es müssen frische, gute Gewürze sein, keine Billigware." Der Unterschied sei gewaltig, versichert er und reicht eine Gewürzdose zum Schnüffeln. Der Duft überzeugt. Und dann öffnet er doch die schwarze Dose mit der Geheimzutat. Wow! Grobes Salz, geschroteter Pfeffer und alles mögliche, was sich nicht so einfach definieren lässt. "Kommt aus Skandinavien ist sau teuer, aber das macht's halt", verrät er und grinst.
Die richtige Größe des Tieres? "Man rechnet ein Kilo Lebendgewicht pro Person", sagt er, denkt kurz nach und fügt hinzu: "Heute eher 800 Gramm." Es wird weniger gegessen, heute. Und es wird mehr weggeworfen. Für nicht ordentlich abgegessene Knochen hat der Griller alter Schule wenig Verständnis. "Ougezüselt" (für Auswärtige: abgenagt) gehört jedes Knöchle.
Das Heizen des großen Grills ist eine Kunst. Wird das Fleisch zu heiß, verbrennen die Gewürze, die Kruste wird schwarz, der Geschmack ist im Eimer. Reicht die Hitze nicht, wird das Schwein ewig nicht fertig und die Kruste ist zu weich. Trockenes Buchenholz ist die erste Wahl des Meisters. Das bringt die beste Hitze. Mit einem Thermometer fummelt Gerhard Rose nicht herum: "Ich mach' mei Feuer an, wenn mei Holz brennt, so wie ich es will, dann wird die Sau richtig." Aha. "Ja, und ein Fläschchen Bier gehört auch dazu!" Zum Ablöschen wohlgemerkt. So vier Stunden später dürfen auch die Gäste die Messer wetzen. Dann ist die Sau fertig.
Solche Erfahrung kommt nicht über Nacht. Die ersten Schweine hat Gerhard Rose in den 70ern auf den Grill gelegt. Er meint, es müsste so um 1974 gewesen sein. Damals war es eher ein Hobby, das er nebenbei betrieben hat, nicht als angemeldetes Gewerbe wie heute. "Es ist nicht so, dass jedes Säule gleich so wird, wie man sich das vorstellt", gibt er zu. Am Anfang standen auch mal Ergebnisse, die man heute wohl als suboptimal bezeichnen würde.
Inzwischen hat er so allerhand in ein duftendes Hauptgericht verwandelt. Neben Hausschweinen sind es immer wieder ihre wilden Verwandten, die im Hause Rose verarbeitet werden. "Das sind noch eher wenige, die das zu schätzen wissen - dabei ist es das beste Fleisch", schwärmt er. Statt der Kruste bildet sich aus dem Fett, dass der Jäger am Wildkörper lässt, nach dem Einreiben eine Würzschicht, die auch ein gutes Stück ins sonst etwas trockenere, festere Fleisch des Wildschweins einzieht. Richtig gemacht, für Rose einfach besser als ein Spanferkel aus dem Stall. Obelix wäre sein Freund.
Ähnlich ist es mit Lamm. "Es ist ja nicht wie früher, wo vielleicht alte Schafe auf den Grill gekommen sind", erklärt der Grillmeister. Lamm, weiß er, braucht viel Hitze, damit das Fett heraus brät, es braucht Gewürze, reichlich Knoblauch und es muss heiß gegessen werden. Dann aber hallo! Dann ist es eine Delikatesse, sagt er.


Jetzt geht es erst richtig los

Wenn dann das Tier - gleich welcher Gattung - fertig gegrillt auf dem Tisch liegt, um zerlegt zu werden, hat die Kunst noch lange kein Ende. "Des muss a bissle a Bild haben", steht für den Metzger fest. Dieses Bild hat sich in den Augen der Kunden mit den Jahren verändert. Die Leute haben viel Kontakt zur Herkunft ihres Essens verloren, meint er. Sie essen gern Fleisch, aber wenn sie im Braten noch das Tier erkennen, bekommen sie Hemmungen. Überzeugungsarbeit ist gefordert. "Am Ende überzeugt er sie alle", sagt Gerhard Roses Frau Heidi und lacht. Er habe da so seine Art, mit besonders schönen Fleischstückchen zu argumentieren. "Lendenstückchen, sind so Stückle, die mag eigentlich jeder", sagt er. Erstmal "angefüttert", kämen die meisten Skeptiker auch zum Nachschlag. Nun ist so ein vollständiges Tier am Spieß eine Sache für Profis. Wer hat schon einen solchen Grill, wie den, der sich bei Gerhard Rose übrigens seit den 70er Jahren dreht ("Des Motörle musste mal erneuert werden, aber sonst ist es noch der erste Grill"). Hobbygrillern geht es eher um Bratwurst, Steak und Co. Natürlich kennt sich Gerhard Rose auch damit aus. Denn bei vielen Festen tut er genau das: Grillen auf dem Rost.
"Da geht für mich nix über einen guten alten Bratwurstgrill", stellt er klar. Für die echte Coburger Bratwurst (und alle anderen auch) gilt hier der Grundsatz "Glut, Feuer, Glut". Daher der große rechteckige Grill. Altmodisch - aber leistungsfähig. Es wird für eine ordentliche Glut gesorgt. "Dann nimmst du eine Hand voll Kühle und legst die in der Mitte auf, damit es ein Feuer gibt!" Jetzt kommen auf die eine Seite die frischen Würste und dürfen sich ein bisschen aufwärmen. Dann wandern sie in die Flamme und es kommen neue über die Glut. Die in der Flamme garen, kriegen ein nettes Äußeres und wandern weiter auf die andere Glutseite, um warm zu bleiben. "So bleibt die Warteschlange am Grill klein", sagt die Erfahrung des Profis.
So wie die Bratwurst "a bissle Feuer" mag, so mag das Steak die Glut. "Nicht zu heiß, sonst werden die zu trocken!", droht der Meister. Ui, zu trocken, das will natürlich niemand. Und Pute? "Ganz vorsichtig! Die wird noch schneller trocken." Gemüse? "Zwiebeln auf etwas Folie zum Steak, klar. Gemüsespieße mach' ich auch. Da kommt drauf was bei uns wächst. Paprika, Zucchini, Champignons, Zwiebeln ..." Und was ist mit Veggi? "Das mach ich nicht!"
Dann doch lieber Fleisch. Welches sind denn die Lieblingsstücke des Profis? "Filet ist immer gut, oder ein gut durchwachsenes Stück aus der Schulter." Und die Leibspeise überhaupt? Heidi Rose schmunzelt schon. Sie weiß was kommt. "Sehr gern Fisch oder Fischbrötchen aber unangefochten: Kuchen." Tja, es muss eben nicht immer Grillfleisch sein. Aber wenn, dann mit dem Zeug aus der schwarzen Dose. Wie kommt man da bloß dran?