Die Qualifikation der Gastronomie-Fachkräfte ist in vielen anderen Branchen begehrt

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Kreis Lichtenfels — Günther Elfert, der oberfränkische Bezirksgeschäftsführer des Bayerischen Hotel- und Gaststättenverbandes (BHG), sowie Bernd Rehorz, Leiter des Bereichs Berufli...

Kreis Lichtenfels — Günther Elfert, der oberfränkische Bezirksgeschäftsführer des Bayerischen Hotel- und Gaststättenverbandes (BHG), sowie Bernd Rehorz, Leiter des Bereichs Berufliche Bildung der IHK Bayreuth, Geschäftsführer des Berufsbildungs- und Fachkräfteausschusses sowie Betreuer der Wirtschaftsjunioren Lichtenfels, beantworten die Fragen unserer Zeitung zur Zukunft der beruflichen Bildung in der Gastronomie.

Nimmt die Zahl der jungen Leute, die sich für einen Ausbildungsberuf in der Gastronomie interessieren, ab?
Günther Elfert: Aufgrund des demografischen Wandels besteht auch in der Gastronomie und Hotellerie ein Rückgang des Interesses von jungen Leuten an einer Ausbildung im Gastgewerbe. In Oberfranken sind es 616 Auszubildende bei der IHK Bayreuth, also - 6,24 Prozent gegenüber dem Vorjahr, und 63 Auszubildende bei der IHK Coburg, also -22,22 Prozent.
Damit gehören die Gastgewerblichen Berufe und insbesondere der Beruf Hotelfachmann zu den zehn beliebtesten Berufen. Die Zahlen für Bayern: Fachkraft im Gastgewerbe: 530 Auszubildende, davon 348 weibliche Auszubildende, Hotelfachfrau/-mann: 4625 Auszubildende, davon 3451 weibliche Auszubildende, Hotelkauffrau/mann: 267 Auszubildende, davon 173 weibliche Auszubildende, Koch/Köchin: 3746 Auszubildende, davon 929 weibliche Auszubildende, Restaurantfachfrau/-mann: 772 Auszubildende, davon 492 weibliche Auszubildende, Fachfrau/-mann für Systemgastronomie: 591 Auszubildende, davon 353 weibliche Auszubildende. Generell bilden 51 Prozent der gastronomischen Betriebe aus, wobei 32 Prozent der Betriebe angeben, dass sie zwar Bewerbungen erhalten, jedoch die Bewerber nicht die nötige Ausbildungsreife für die vielfältigen komplexen Anforderungen und Aufgaben in einem Hotel mitbringen - das ist einer aktuellen Umfrage im Rahmen des AHGZ Allgemeine Hotel- und Gaststättenzeitung-Monitors zu entnehmen.
Bernd Rehorz: Aufgrund des demografischen Wandels, welcher unter anderem einen starken Rückgang der Schulentlasszahlen beinhaltet, nimmt die Zahl der jungen Leute, die sich an einer Ausbildung in der Gastronomie interessieren, ebenfalls ab.
Die Gastronomie kämpft, wie zum Beispiel auch der Einzelhandel, mit den Arbeitszeiten für ihre Mitarbeiter: Sie arbeiten dann, wenn andere feiern. Auch sind die Arbeitszeiten nur schwer mit der Familie zu vereinbaren.

Werden Gaststätten auch deshalb geschlossen, weil kein Personal oder keine Nachfolger mehr da sind?
Elfert: Laut einer aktuellen Studie ist eine ungeklärte Unternehmensnachfolge durchaus mit ein Grund, warum Wirtshäuser in der Vergangenheit ihre Türen für immer schließen mussten.
Rehorz: Ja, besonders auf dem Lande, wo das typische Dorfwirtshaus oftmals, aufgrund der Ertragslage, nur im Nebenerwerb vom Gastwirt erfolgreich zu bewirtschaften ist.

Stimmt es, dass gut ausgebildete Hotel- und Restaurantfachkräfte von Unternehmen anderer Branchen abgeworben werden?
Elfert: Die Ausbildung in Hotellerie und Gastronomie ist die Basis für 111 Berufe. Vor allem aber lernen unsere Auszubildenden mit Menschen umzugehen und Service zu leben.
Diese Sozialkompetenz wird in kaum einer Branche derart professionell vermittelt. Daher sind Auszubildende aus dem Gastgewerbe in vielen Branchen begehrt, was für die Qualität unserer Ausbildung spricht - die im Übrigen weltweit anerkannt ist. Mit einer Ausbildung im Gastgewerbe hat jeder Jugendliche eine weltweite Jobgarantie und eine Studienberechtigung obendrein.
Rehorz: Mitarbeiter im Hotel oder Restaurant haben gelernt, mit "Leuten umzugehen", das heißt, sie haben gute Umgangsformen und sind prädestiniert, Kunden und Gäste zu beraten. Deshalb haben sie auch in anderen Branchen gute Chancen.

Was sollten Wirte und Hoteliers tun, um die Situation zu verbessern?
Elfert: Sie sollten sich als "TOP"-Ausbildungsbetrieb zertifizieren lassen, was natürlich bedeutet, dass sie auch alle Voraussetzungen für dieses Siegel in ihrem Betrieb schaffen. Das bedeutet tarifliche Bezahlung, Einhaltung der Arbeitszeiten, Weiterbildung und wertschätzende Mitarbeiterführung. Wer das Siegel "TOP"-Ausbildungsbetrieb führt, wird hochwertige Bewerbungen von engagierten Jugendlichen erhalten.
Rehorz: Unternehmer in der Gastronomie müssen ihren Betrieb attraktiv für ihre Kunden machen. Nur wenn eine gute Ertragslage gesichert ist, ist das Unternehmen auch attraktiv für gute Mitarbeiter, was wiederum Voraussetzung für eine gute Bewirtung/Betreuung der Gäste ist. Für Gäste attraktiv ist zum Beispiel Eventgastronomie, besonderes Ambiente, besondere Spezialitäten ...

Wie groß schätzen Sie den Bedarf an Nachwuchs in Oberfranken jährlich ein?
Elfert: Nach meiner Ansicht besteht derzeit ein Bedarf von ca. 300 bis 350 neuen Auszubildenden jährlich. Wir bitten zu berücksichtigen, dass eine Branche mit 354 000 Erwerbstätigen in Bayern, die tagtäglich, jeden Abend, jedes Wochenende und jeden Feiertag - ähnlich wie Journalisten - dafür sorgen, dass Menschen in ihrer Freizeit ausgehen, speisen und übernachten können, nicht auf Zahlen zu reduzieren ist. Das manchmal leider stattfindende Schlechtreden dieser Branche wird den tollen Leistungen der 354 000 wunderbaren dienstleistungsbereiten Mitmenschen nicht gerecht.
Rehorz: Entsprechend den bei uns registrierten Ausbildungsverträgen in dieser Branche schätzen wir den Bedarf an jungen Fachkräften in Oberfranken auf knapp 300 pro Jahr.

Die Fragen stellte Matthias Einwag