Das etwas andere Vorstellungsgespräch

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"Verschwinden Sie!", raunzt Personalchef Metze (Wolfgang Gunzelmann, Zweiter von rechts) den sichtlich erschrockenen Langzeitarbeitslosen Harald Willnich (Manfred Ramming, links) an. Yvonne (rechts) und Ingo Slezak von der Theatergruppe "Die Zeitbeschleuniger" schauen ihren Schauspielkollegen bei den Proben über die Schulter. Foto: Stephan Stöckel
"Verschwinden Sie!", raunzt Personalchef Metze (Wolfgang Gunzelmann, Zweiter von rechts) den sichtlich erschrockenen Langzeitarbeitslosen Harald Willnich (Manfred Ramming, links) an. Yvonne (rechts) und Ingo Slezak von der Theatergruppe "Die Zeitbeschleuniger" schauen ihren Schauspielkollegen bei den Proben über die Schulter. Foto: Stephan Stöckel

Theater  Die Gruppe "Zeitbeschleuniger" will die Lachmuskeln strapazieren: Satirisches für Arbeitgeber und Arbeitnehmer.

von unserem Mitarbeiter Stephan Stöckel

Kulmbach/Strössendorf — "Sind sie in der Gewerkschaft?" Bei solch einer delikaten Frage fühlen sich viele im Bewerbungsgespräch wie vor den Kopf gestoßen. Nicht so Harald Willnich. Er versucht dem Personalchef, mehr recht als schlecht, den Wind aus den Segeln zu nehmen: "Aber nein. Die Monatsbeiträge sind viel zu hoch." "Wer"s glaubt, wird selig", denkt sich der Zuhörer, der sich ein Schmunzeln nicht verkneifen kann. Diese Szene könnte sich im Personalbüro eines jeden Unternehmens abspielen, tut sie aber nicht.
Sie ist der Fantasie des Burgkunstadter Blitzdichters und Vielschreibers Wolfgang Gunzelmann entsprungen. Im Saal der Strössendorfer Gaststätte "Reichstein" wird sie derzeit von seiner Theatergruppe "Die Zeitbeschleuniger" fleißig einstudiert: Gunzelmann selbst spielt den mitunter cholerischen Personalchef, Manfred Ramming aus Kulmbach den alles wörtlich nehmenden Faulenzer Harald Willnich, der auf die Frage "Haben Sie technisches Talent?" antwortet: "Ich beherrsche viele Sexualtechniken".

In Echtzeit

Letzterer ist einer von insgesamt drei Bewerbern in Gunzelmanns Satire "Das Vorstellungsgespräch". "Ich wollte Vorstellungsgespräche in Echtzeit auf die Bühne bringen. Im wahren Leben dauern sie oftmals nicht mehr als zehn bis 15 Minuten", sagt der 53-jährige, der Autor und Regisseur in Personaunion ist. Und obendrein Gewerkschafter mit Leib und Seele, der seit Jahrzehnten keine Maikundgebung im Lichtenfelser Stadtschloss verpasst. "Am liebsten würde ich mein Stück am 1. Mai aufführen.

Unsitten der Arbeitgeber

Der Autor hält in seinem Stück den Arbeitgebern einen Spiegel vor: Er thematisiert die Unsitte, in Vorstellungsgesprächen unzulässige Fragen nach Schwangerschaft, Krankheiten oder der Zugehörigkeit zu einer Gewerkschaft zu stellen. Wer aber meint, in der Komödie würden nur die Arbeitgeber ihr satirisches Fett abkriegen, der irrt. "Faulenzer, die sich in der sozialen Hängematte auf Kosten der Allgemeinheit ein feines Leben machen, sind für mich genauso schlimm wie die blutsaugenden Kapitalisten", so Gunzelmann. Und so können sich beide Seiten köstlich amüsieren.
Wenn sich der eine oder andere in dem Stück wiederfinde, sei das durchaus beabsichtigt, so Gunzelmann. Auch Schauspieler Manfred Ramming ist es so ergangen. "Der Personalchef wünscht sich in dem Stück einen Allzweck-Mitarbeiter, der nicht nur am Fließband gute Arbeit verrichtet, sondern dieses auch reparieren kann. Mir ist es bei einem Bewerbungsgespräch ähnlich ergangen." Wie Yvonne Slezak: Die Schauspielerin wurde in einem Vorstellungsgespräch mit der Frage konfrontiert, ob sie schwanger sei.

Neue Mitstreiter willkommen

Nach den Aufführungen wollen die Akteure mit den Zuhörern über die Schauspielerei allgemein und das Laienspiel plaudern. "Vielleicht finden wir bei der Gelegenheit neue Mitstreiter. Wenn man so will, folgt auf das Vorstellungsgespräch ein weiteres Vorstellungsgespräch."