Nicht nur Musik, sondern auch viele Infos und Workshops

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„Wir versuchen, so viel wie möglich zu machen“, sagt Donots-Bassist „Purgen“. Die Band ist seit langem mit Institutionen wie „Kein Bock auf Nazis“ oder „Viva con Aqua“ verbunden. Auch die Welthungerhilfe könnten sie sich sehr gut vorstellen.
„Wir versuchen, so viel wie möglich zu machen“, sagt Donots-Bassist „Purgen“. Die Band ist seit langem mit Institutionen wie „Kein Bock auf Nazis“ oder „Viva con Aqua“ verbunden. Auch die Welthungerhilfe könnten sie sich sehr gut vorstellen.
Line Tsoj

Ein genauerer Blick in das diesjährige „ab geht die Lutzi“-Programm zeigt: Die Veranstalter spannten einen weiten Bogen von kurzweiligen Angeboten abseits der Bühne bis hin zur Einladung, sich intensiver mit Aspekten zu befassen, die uns alle betreffen.

Am vergangenen Wochenende wurde bei Duke Elvis an der Wedding Chapel mal eben schnell und schräg geheiratet, im Puls „Baychtstuhl“ so manche Anekdote erzählt, sich zum frühmorgendlichen Laufen, heiterem Bingo, zünftigem Bieranstich, der ausgedehnten Schnitzeljagd oder zum Frühschoppen verabredet, aber – und das ist ausgesprochen wichtig – auch über den Hunger auf dieser Welt gesprochen.

So geschehen am DIY-Mitmachstand der Welthungerhilfe auf dem „Lutzi-Marktplatz“. Dort informierte das Team mit allerhand Aktionen, wie alle zusammen die Welt ein kleines Stückchen fairer und somit für alle besser machen könnten. Mit von der Partie waren auch die „Donots“. Gern gesehene Gäste des Festivals und Headliner am ersten Festivaltag. Ihr „Meet & Greet“ stand unter dem Zeichen „zusammen für zerohunger“. Ein Appell, das der engagierten Band zutiefst am Herzen liegt, wie Bassist Jan-Dirk „Purgen“ Poggemann erklärte. „Man muss der Welt helfen, dass niemand hungert. Das ist doch völlig absurd“, macht er deutlich und folgert: „Jeder muss sich bewusst sein, dass das so ist.“ Seiner Ansicht nach brauche es solche Institutionen wie die Welthungerhilfe, die „anstupsen“ und darauf hinweisen, dass es eben nicht allen gut gehe. Der Musiker bevorzugt daher, ganz gleich, worum es geht, das Motto „Wer hat, soll geben!“. Die Welthungerhilfe bezeichnet Purgen als „unglaublich unterstützenswert“. Auch für seine Bandkollegen sei völlig klar gewesen, den Festivalstand in Rottershausen aufzusuchen. Besonders gelungen empfand der Musiker die Art und Weise, wie hier für ein Thema sensibilisiert und aufgeklärt wird – nämlich durch Aktionen und „nicht mit erhobenem Zeigefinger“. Aus eigener Erfahrung weiß er, Vermittlung von Wissen und Anregungen, die auf diese Weise erfolgen, nehmen auch die Fans sehr gerne mit.

Wissensvermittlung – das war zum dritten Mal in Folge auch das Anliegen des Verbands für Popkultur in Bayern e.V. (VPBy), der erstmals in Kooperation mit Mainpop, der Pop-Förderstelle der Unterfränkischen Kulturstiftung des Bezirks Unterfranken, ein breites Workshop-Programm auf dem „ab geht die Lutzi“ anbot. Ob DJ-Workshop für Flinta, Konzertfotografie, Band als GbR?, Booking, Tontechnik oder Battle-Rap – die Gäste erwarteten sechs praxisnahe Sessions mit Expertinnen und Experten aus der Szene – und das kostenlos für alle. Eingeladen war unter anderem Alexander Klebl, Tontechniker und Musikproduzent, der den Teilnehmern verriet, was ein guter Stagerider enthält, wie der Soundcheck auf einem Festival abläuft und worauf es technisch ankommt. Eva Endler, Bookerin bei OHA Music, gab Tipps, wie Veranstaltende am besten angeschrieben werden oder was in eine gute Booking-Mail gehört. In geschützter Atmosphäre gab BiMän, DJ und Producer, Einblicke in die Kunst der elektronischen Musik.

Matthias Henneberger, Steuerberater und Wirtschaftspädagoge, gab wertvolle Tipps rund um das Thema Steuern für Musikerinnen und Musiker. Währenddessen zog Janis Hinz, Porträt- und Musikfotografin, mit ihren Leuten über das Gelände und brachte ihnen näher, wie Emotionen eingefangen werden und in herausfordernden Lichtverhältnissen beeindruckende Konzertfotos entstehen können.

Benjamin Haupt, Popularmusikbeauftragter des Bezirks Unterfranken, freute sich sehr über die gelungene Workshop-Reihe. „Das war ein krass buntes Angebot. Für jeden war etwas dabei.“ Die Zahl der Gekommenen sprach für sich. Jeder Workshop sei sehr gut ausgelastet gewesen. Bewusst seien die Gruppen übersichtlich gehalten worden, um individuellen Bedürfnissen nachgehen zu können.

Andreas Jäger, Geschäftsführer des VPBy, hält eine Installation solcher Workshops auf Veranstaltungen wie der „Lutzi“ für besonders sinnvoll. „Damit kann man Festivals richtig aufwerten“, ist er überzeugt. Der VPBy fördere solche niederschwelligen Angebote. Und deren Botschaft ist klar: „Ihr seid nicht allein! Wir helfen Euch bei Euren Fragen!“ Das erklärte Ziel: Aus der Szene heraus sollen sich die Menschen durch Wissen „selbst ermächtigen“.

Unterdessen boten sowohl die E-Box als auch die im vergangenen Jahr neu eingerichtete Waldbühne Raum für Gespräche über Menschenrechte, Genderpolitik, die Rechte Szene oder auch die Frage, wie Festivals, Sternenhimmel und Lichtverschmutzung zusammenhängen. Um dem nachzugehen, hatte das „Lutzi“-Festival zahlreiche Expertinnen und Experten eingeladen. Mit von der Partie war Christoffer Horlitz von Amnesty International, der erklärte, wie die eigenen Rechte im digitalen Zeitalter verteidigt werden können. Der bekannte Autor Ole Liebl fragte sich unter anderem, was wir gemeinsam gegen den „Anti-Gender-Irrsinn der Rechten“ tun können und warum das alle angeht. Eine gelungene Fortsetzung des ersten Vortrags im Jahr 2024 gelang mit Sozialarbeiter Basti Drumm, der über die „Neue Rechte“ sprach. Ebenfalls mit von der Partie war erneut das Naturerlebniszentrum Rhön. Dr. Joachim Schneider sensibilisierte das Publikum diesmal für das Thema Lichtverschmutzung und was dagegen getan werden kann.

Es war wirklich jede Menge los an diesem Wochenende. „Lutzi“-Chef Christian Stahl und seine ehrenamtliche Crew boten den gut 5000 Gästen pro Tag insgesamt sagenhafte 110 Programmpunkte an.

Wer sich selbst davon überzeugen will, was in Rottershausen Jahr für Jahr auf die Beine gestellt wird, der hat vom 25. bis 27. Juni 2026 erneut Gelegenheit dazu.