"Mehr als der Mangel an Geld": Gibt es Wege aus der Armutsspirale?

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Am Mittwoch (1. Oktober 2025) fand in Nürnberg die 6. Nürnberger Armutskonferenz statt. Dabei ging es vor allem um vererbte Armut - und wie sie überwunden werden kann.

Die 6. Nürnberger Armutskonferenz am Mittwoch, 1. Oktober 2025, stand unter dem Motto "Vererbte Armut – Ursachen für die Verfestigung und Möglichkeiten der Überwindung von Armut". Das Sozialamt der Stadt Nürnberg hatte gemeinsam mit dem Nürnberg Netz gegen Armut Expertinnen und Experten aus Wissenschaft, Politik, Verwaltung und Praxis sowie ein interessiertes Fachpublikum zu der Konferenz eingeladen. Im Fokus der ganztägigen Veranstaltung stand die Frage, warum Armut sich häufig über Generationen hinweg verfestigt und welche gesellschaftlichen, politischen und strukturellen Maßnahmen notwendig sind, um diesen Kreislauf zu durchbrechen.

Den Auftakt machte Prof. Olaf Groh-Samberg von der Universität Bremen mit einem Vortrag zu den "Multiplen Problemlagen", die zur Verfestigung von Armut beitragen. Im Anschluss erläuterte Dr. Julia Schimmer, Geschäftsführerin des Instituts für Soziale und Kulturelle Arbeit in Nürnberg, die Rolle von Bildungsungleichheit in der frühen Kindheit als entscheidenden Risikofaktor für spätere Armut. In einer lebhaften Podiumsdiskussion tauschten sich anschließend die Referierenden sowie Kai Stähler, Geschäftsführender Vorstand der Stadtmission Nürnberg, und Dr. Markus Gruber, Amtschef des Bayerischen Staatsministeriums für Familie, Arbeit und Soziales, mit dem Publikum aus. Durch die Diskussion sowie durch die gesamte Konferenz führte Ella Schindler, Trägerin des Nürnberger Frauenpreises.

Besonders intensiv wurde über Bildungschancen in der frühen Kindheit diskutiert: Wie sehr prägt schon der Start ins Leben spätere Teilhabe? Welche Förderprogramme greifen und wo hakt es noch? Elisabeth Ries, Referentin für Jugend, Familie und Soziales der Stadt Nürnberg, stellte hierzu fest: "Frühkindliche Bildung ist ein wichtiger Baustein für die spätere Teilhabe am gesellschaftlichen Leben und am Arbeitsmarkt. Unsere Kitas sind Orte der Gerechtigkeitsinfrastruktur. Außerdem brauchen Kinder und Jugendliche Erwachsene – auch außerhalb von Familie und Bildungseinrichtungen –, die ihnen zur Seite stehen und sie beim Aufwachsen begleiten."

Am Nachmittag standen konkrete Lösungsansätze im Mittelpunkt: Prof. Jutta Allmendinger, Soziologin und Professorin an der Humboldt-Universität zu Berlin, zeigte verschiedene Ansätze auf, die das Armutsrisiko senken. Neben frühkindlicher Förderung schlug sie eine gemeinsame Beschulung mit individueller Förderung vor, unterstützt durch digitale Medien sowie Mentoren- und Patenschaftssysteme. Sie plädierte zudem dafür, erfolgreiche Projekte langfristig zu finanzieren. Elisabeth Ries ergänzte dazu, dass auch eine gesellschaftliche Durchmischung im außerschulischen Bereich stärker in den Mittelpunkt gestellt werden müsse. Wichtig seien Orte der Begegnung, etwa in der Offenen Kinder- und Jugendarbeit, aber auch auf öffentlichen Plätzen oder im Sportverein. "Und es kommt auf die Stadtentwicklung an: Gerade in dicht bebauten Stadtteilen muss besonderes Augenmerk auf soziale Infrastruktur, öffentliche Freiflächen und auf eine gute Balance zwischen gefördertem und frei finanziertem Wohnraum gelegt werden."

Der Journalist und Autor Olivier David, selbst in Armut aufgewachsen, ergänzte die Perspektive mit persönlichen Einblicken und gesellschaftskritischen Analysen. Man müsse die Lebensrealitäten der von Armut Betroffenen in den Mittelpunkt stellen. Er wünschte sich den "Mut, die Dinge fundamental in Frage zu stellen". Die abschließende Diskussionsrunde mit Dr. Hülya Düber, Mitglied des Bundestagsausschusses für Arbeit und Soziales, Elisabeth Ries, Prof. Jutta Allmendinger und Olivier David mit dem Publikum widmete sich dem Übergang in Ausbildung und Beruf: Wie gelingt der Weg in den ersten Arbeitsmarkt für Menschen aus benachteiligten Verhältnissen – besonders mit Blick auf soziale und emotionale Barrieren? Diskutiert wurde aber auch zum fairen Wohnen, etwa wie eine bessere Durchmischung in Stadtvierteln gelingt, die erwiesenermaßen zu höherer Zufriedenheit führt.

Flankiert waren Vorträge und Diskussionen von einem Markt der Möglichkeiten, der in Kooperation zwischen dem Sozialamt Nürnberg und dem Netz gegen Armut stattfand. Hier präsentierten zahlreiche Sozialverbände und Organisationen ihre vielfältige Arbeit zur Armutsprävention. Der Markt bot Raum für Austausch, Information und die Stärkung bestehender sowie neuer Netzwerke. Bei Getränken und Gesprächen am frühen Abend konnten die Teilnehmenden die gewonnenen Erkenntnisse vertiefen und darüber hinaus neue Impulse für die Armutsbekämpfung mitnehmen. Elisabeth Ries summiert: "Die Armutskonferenz in Nürnberg hat einmal mehr deutlich gemacht, dass Armut mehr als der Mangel an Geld ist – es ist auch ein Mangel an Chancen, Teilhabe und Sichtbarkeit. Wichtig ist ein stärkeres Miteinander – schauen wir hin und engagieren wir uns für eine Gesellschaft, in der alle mitgenommen werden." Die Präsentationen der Referentinnen und Referenten werden zeitnah auf der Homepage des Sozialamts veröffentlicht.

Bei diesem Text handelt es sich um eine Pressemitteilung. 

Vorschaubild: © Giulia Iannicelli