Aus der schweren Krise musiziert

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Erfolg  Die Zukunft der Blaskapelle Unterleinleiter-Dürrbrunn hing vor wenigen Jahren noch am seidenen Faden. Dass die Kapelle wider Erwarten jetzt doch ihr 90-jähriges Bestehen feiern kann, verdankt sie vor allem dem neuen Dirigenten.

von unserer Mitarbeiterin Carmen Schwind

Unterleinleiter — "Ich bin ja so froh, dass wir die schlimme Zeit hinter uns haben und es unsere Blaskapelle noch gibt", fasst Vorsitzender Markus Kriebel die Lage zusammen und seufzt erleichtert. Denn es war einige Zeit lang nicht klar, ob es zu einer Vereinsgründung und einer 90-Jahres-Feier überhaupt kommen würde. "Wahrscheinlich im Jahr 1925 wurde die Blaskapelle Unterleinleiter-Dürrbrunn als Interessensgemeinschaft gegründet", erzählt Markus Kriebel. Nach gut 90 Jahren wurde in diesem Jahr daraus ein eingetragener Verein.
Zusammen gespielt hatten Musiker aus den Dörfern wohl schon länger. Ein Militärmusiker ist laut Kriebel aus dem Krieg zurückgekommen und hat mit den Musikern gespielt. "Im Haus vom Böhms Willi haben die früher immer geprobt. Und der Winkler und der Leisner waren Gründungsmitglieder", erinnert sich Erwin Spies.
Agnes Krüger legt ein altes Notenblatt von 1916 auf den Tisch, auf dem das Kreuzlied eines Missionars notiert ist, das dieser Georg Leisner geschenkt hat. "Der kirchliche Aspekt war damals wichtig und der Einsatz des Horns bei der Feuerwehr", ergänzt Agnes Krüger und legt ein Blatt vor, auf dem die Befehle für den Hornbläser stehen. Blies der einmal ins Horn, bedeutete das "Wasser marsch". Zweimal blasen hieß "kein Wasser", dreimal "Schlauch verlängern".
So verging die Zeit, die Generationen wechselten. "Vor etwa acht Jahren war der Verein dann aber verlebt. Es begann eine dunkle Ära", erinnert sich Markus Kriebel. Zu den Proben kamen damals nur noch sechs bis acht Musiker. Keiner hatte mehr so recht Lust zum Musizieren in der Blaskapelle.
"Wir hatten den Verein schon verloren geglaubt und entschieden, dass wir statt schlechter Musik lieber keine machen", sagt Kriebel. Selbst der Bürgermeister hätte ihn auf die schlechte Außenwirkung der Kapelle angesprochen. "Doch dann hat uns ein Segen getroffen: Cäcilie Winkler hatte die Idee, den Vollblutmusiker, Dirigenten und Lehrer in Rente, Raimund Schuh, zu fragen, ob er die Blaskapelle dirigiert", berichtet der Vorsitzende. "Er ist fachlich kompetent, kann aber auch richtig gut mit Menschen umgehen", berichtet Cäcilie Winkler und Kriebel ergänzt: "Raimund macht das nun seit mehr als drei Jahren und hat die Blaskapelle um zwei Leistungsstufen verbessert."


Sinnvolles im Ruhestand

Allerdings hatte sich Cäcilie Winkler zwei Jahre lang bemühen müssen und viel Schelte von Frau Schuh bekommen, bevor Raimund Schuh endgültig zugesagt hatte. "Ich bin ja im Ruhestand, will aber trotzdem noch etwas Sinnvolles machen", antwortet der beliebte Dirigent.
Und Ramona Geck wirft kurz ein, dass er auch manchmal mit ihnen schimpfen würde, doch könne er richtig gut motivieren. "Auch für mich ist es ein Glücksfall, denn ihr seid zuverlässig, konstruktiv und wissensdurstig. Wir können musikalisch Pferde stehlen", wirft Schuh in die Runde. Die Kapelle sei ein Kulturträger erster Ordnung und erhalte die Dorfgemeinschaft. Zudem hätten sie auch behinderte Musiker integriert. "Wir nehmen jeden mit und lassen niemanden zurück. Stattdessen setzen wir jeden, der Musik machen will, nach seinem Leistungsspektrum ein", erklärt Markus Winkler.
Mittlerweile sind die Musiker stolz auf ihr Können, und sie haben sogar auch schon Fans. Beispielsweise probten die Musiker im Ort den Aufmarsch für das Annafest. Das freute einige Nachbarn so sehr, dass sie vom Balkon aus zuhörten und den Musikern einen Schnaps spendierten. "Und bei unserer Kerwa standen die Leute im Zelt und haben mitgeklatscht und gesungen. Das war Gänsehaut-Feeling", erzählt Ramona Geck.
Die Sportler haben sogar ein eigenes Lied für die Kapelle gedichtet, das Kinder auf dem Heimweg von der Schule oder beim Geitschelfest laut singen. Da alles so gut läuft, beschloss der Vorstand, in diesem Jahr die Gründung und das 90-jährige Bestehen des Vereins am Samstag, 17., und Sonntag, 18. Oktober, zu feiern.