Michael Lane aus Dorfhaus hat den Ex-Teenie-Star Gil Ofarim bei "The Voice of Germany" geschlagen und den Sprung ins Halbfinale geschafft. Wir waren live in Berlin dabei - und haben erlebt, was man nicht im Fernsehen sieht.
Wir betreten das Studio durch eine Art Hintereingang und stehen unter den Zuschauertribünen. Zwischen den Metallstreben, die den Aufenthaltsbereich der Kandidaten stützen, hat sich die Regie eingerichtet. Das Team hat es sich gemütlich gemacht, neben all den Monitoren steht sogar ein Sofa. Über eine Metalltreppe erreichen wir unsere Plätze. Wir müssen uns beeilen, bis 19.40 Uhr müssen alle Zuschauer ihre Plätze einnehmen. Das Studio ist in Wirklichkeit viel kleiner, als es im Fernsehen den Anschein hat.
Christian kommt auf die Bühne. Sein Job ist es, das Publikum zu bespaßen, wenn die Kameras gerade nicht laufen. Damit die Stimmung im Saal schon mal auf Touren kommt, dürfen - außer Konkurrenz, versteht sich - erst eine Annette und dann eine Naomi ihr Gesangstalent unter Beweis stellen. Zwar singen die meisten Zuschauer lieber selbst mit, als die beiden zu bejubeln, aber egal. Die Stimmung steigt.
Kreischen üben Jetzt ist Christian dran: Er übt mit den Zuschauern, richtig zu kreischen, zu klatschen, zu johlen und zu stampfen. Als wir es endlich schaffen, dass Christian mit dem Resultat zufrieden ist, taucht Moderator Thore Schölermann auf. Er erklärt uns, dass wir, wenn er unseren Lieblingskandidaten nennt, ruhig loskreischen und ihn am Weitersprechen hindern können. Wer besonders laut und auffällig ist, kommt dann auch ins Fernsehen.
Jetzt hat Zuschauerin Vivien ihren großen Auftritt. Sie darf die Kandidaten nach der Entscheidung mimen. Sie soll jetzt gleich von der Bühne aus hoch zur Kandidaten-Lounge auf der anderen Seite des Studios gehen, und alle, die entlang der Treppen sitzen, sollen dabei aufstehen und sie ausgiebig bejubeln. Die Coaches, die inzwischen auf ihren Stühlen sitzen, spielen das Spiel mit, Vivien wird von Xavier Naidoo und Rea Garvey geknuddelt, bevor sie sich in die Menge stürzt.
Nach ein paar letzten Anweisungen von Christian - Wer an der einen Kamera sitzt, darf nicht aufstehen, wer an der anderen Kamera sitzt, soll am besten den ganzen Abend lang stehen - geht es endlich los. Die Coaches Alec Völkel und Sascha Vollmer treten mit ihrer Band "The Boss Hoss" auf. Christian fuchtelt in den Kulissen wie wild mit den Armen; wir sollen länger klatschen.
Gil Ofarim hat Mühe Gleich das erste Duell des Abends ist aus fränkischer Sicht das entscheidende: Der sympathische Ex-Soldat Michael Lane muss gegen den Ex-Teenie-Star Gil Ofarim ran. Mit Michael Jacksons "Man in the Mirror" macht Gil den Anfang. Ob er gut singt, ist schwer festzustellen; zumindest im Studio klingt es so, als habe er Mühe, gegen die Band anzukommen.
Michael dagegen berührt die Zuschauer vom ersten Augenblick an. Seine Version von Sarah McLachlans "Angel" geht voll unter die Haut, es gibt stehende Ovationen. Hinterher sagt Nena: "Ich wünschte, ich wäre so authentisch wie du, Michael", und Rea bekennt, er habe fast geweint. "Ich hoffe nur, dass es niemand gesehen hat, vor allem nicht meine Frau. Aber ich danke dir dafür." Boss Hoss lassen sich sogar zu der Aussage hinreißen, Michael habe das Zeug dazu, tatsächlich "The Voice of Germany" zu werden - und dass, "obwohl du nicht in unserem Team bist."
Xavier gibt 53 Prozent Jetzt muss sich Xavier Naidoo entscheiden, welchem seiner Schützlinge er mehr Punkte geben will. Nach einigem Hin und Her beschließt der Soul-Sänger, Gil 47 Prozent und Michael 53 Prozent zu geben. Während Moderator Thore noch die Fernsehzuschauer anweist, dass sie jetzt darüber abstimmen können, wer in die nächste Runde kommen soll, wird im Publikum bereits heftig diskutiert. "Es ist so schade um ihn, er war um Längen besser", raunt eine Frau und meint Michael. "Er hätte es echt verdient", sagt eine andere.
Dass ein schüchterner Junge wie Michael tatsächlich eine Chance gegen Gil Ofarim und seine zahlreichen Fans - allein bei Facebook sind es mittlerweile über 38.000 - hat, glaubt niemand so recht. Vermutlich noch nicht einmal Michael selbst. Doch es geschieht das Unglaubliche: Michael gewinnt auch das Zuschauervoting und zieht damit ins Halbfinale der Castingshow ein. Er scheint völlig fassungslos zu sein und lässt sich erst einmal minutenlang von seinen Fans knuddeln.
Nena tanzt Werbung. Als Dankeschön für ihren Einsatz bekommt Vivien eine Werbetasche einer Automarke geschenkt. Außerdem verkündet Christian, dass jeder, der will, sich ebenfalls so eine Tasche sichern kann. Dazu müsse man nur etwas singen. Während sich Zuschauerin Anja zum singen meldet und sich minutenlang nicht entscheiden kann, was sie jetzt trällern wird, gibt's Häppchen für die Juroren. Letztendlich singt Anja "Irgendwie, irgendwo, irgendwann". Nena tanzt gleich begeistert auf ihrem Sessel mit und kommt ins Publikum, um sich mit einer Umarmung bei Anja zu bedanken. Ob für die Auswahl oder dafür, dass sie mit den Singen wieder aufgehört hat, bleibt offen.
Im Vergleich zu der Knaller-Entscheidung im Team Xavier plätschert die Show anschließend relativ seicht dahin. Isabell Schmidt gewinnt das Duell gegen Eva Croissant im Team Nena, eine Gruppe namens "Sing um dein Leben" aus Xavier Naidoos Team der letzten Staffel tritt auf und im Team Boss Hoss gewinnt James Borges klar und verdient gegen Raffa Shira.
Eine plätschernde Show Nach jedem Werbeblock zählt Christian das Publikum an, wir müssen auf Kommando - drei, zwei, eins - jubeln, eine Zuschauergruppe kriegt die Anweisung: "Ihr seid als erstes im Bild, also bitte besonders viel jubeln, aber auf keinen Fall in die Kamera winken!"
In Team Rea kommt es dann noch mal zum großen Showdown. Der smarte Brite Nick Howard, der in der vorherigen Runde den Bamberger Ray Horton nach Hause geschickt hatte, tritt mit "Yellow" von Coldplay auf. Er legt einen guten Auftritt hin, doch in Sachen Gänsehaut steckt ihn seine Konkurrentin, die Gesangsstudentin Bianca Böhme klar in die Tasche. Trotzdem entscheidet sich das Publikum für Nick, und Bianca geht sichtlich niedergeschlagen von der Bühne.
Michael gegen Freaky T In der letzten Werbepause des Abends hat Zuschauer-Vivien noch einmal einen großen Auftritt: Sie darf sich als Glücksfee betätigen und weitere Autohersteller-Taschen unter die Leute bringen. Gleich die erste Gewinnerin ist so begeistert von ihrem Preis, dass sie ihn heimlich wieder zurücklegt. Dummerweise lässt sie sich dabei von Christian erwischen; zur Strafe schenkt er ihr noch eine zweite Tasche. Zumindest die "Voice of Germany"-Konsolenspiele und das neue Handy sind begehrte Preise.
Nach einem letzten großen Schaulaufen der nunmehr acht letzten Kandidaten auf der Bühne und der Ankündigung, dass alle Halbfinalisten gemeinsam auf Tour gehen werden (Arena Nürnberger Versicherung, Nürnberg am 5.1.2013), verweist Thore noch auf eine nachfolgende Sendung über Boss Hoss - Christian wedelt hektisch mit den Armen, bitte alle noch mal jubeln! - war's das. Am Freitag geht's weiter, dann muss Michael mit Sängerin Freaky T um den Einzug ins Finale kämpfen. Und die ganze Show geht wieder von vorne los.