Einem neuen Geschäftszentrum weichen soll das denkmalgeschützte, aber als "nicht erhaltenswert" eingestufte Haus Paradeplatz 11. Magda Dittmann wuchs hier auf und erinnert sich.
Für den Bauausschuss war es kürzlich nur ein Abnicken, die Abrissgenehmigung des auf 1713 datierten Hauses Paradeplatz 11. Für Madga Dittmann (90) ist es die Zerstörung eines Stücks persönlicher Vergangenheit: Es ist ihr Elternhaus, das im August platt gemacht wird und das Haus der Vorfahren, die seit 1797 die Konzession zum Kupferschmieden hatten. "Für mich ist das, was jetzt geschieht, nicht einfach", gesteht die alte Dame mit Wehmut.
Die 90Jährige hütet eine lange Ahnentafel und sie besitzt auch noch den "Fränkischen Schatzgräber", die heimatkundliche Beilage zum damaligen "Forchheimer Tagblatt". In der März-Ausgabe 1933 steht zu lesen, dass "von jeher in Forchheim die Feuerhandwerker gut vertreten waren". Darunter wird genannt der Kupferschmied Franz Dittmann der am 13. Juni 1845 zu Gunsten seines Sohnes Heinrich auf seine Konzession aus dem Jahre 1797 verzichtet habe.
Magda Dittmann berichtet, dass ihr Großvater Egid ( 1864 - 1945) das Haus am Paradeplatz 11 als Kupferschmiede erworben habe. "Die Werkstatt war ein großer Komplex". Dort wurden auch Kunstschmiedearbeiten gemacht. Kupferkannen ihres Großvaters besitzt Magda Dittmann noch heute. Ihr Vater Adolf, der 1935 zusammen mit seinem Bruder Karl das Geschäft übernahm, widmete sich auch dem Brunnenbau. Magda kann sich noch erinnern, dass die tiefste Bohrung, mit 150 Metern, in Bayreuth niedergebracht wurde. Auftraggeber war das Landesamt für Wasserversorgung. Neben dem Bohrgeschäft betrieb die Firma Dittmann Wasser-Installationen. Als die Zeiten moderner wurden kam die Installation von Zenralheizungen hinzu. "Ich war als Kind viel beim Vater im Geschäft", erinnert sich die alte Dame: "Unten im Haus befand sich das Büro und die Wohnung des Großvaters und im ersten Stock wohnte einer der Söhne, Mitinhaber Karl Dittmann". Ihr Bruder Egid Dittmann betrieb die Firma am Paradeplatz 11 bis 1990.
Verbesserung rechtfertig Abriss Bauamtsleiter Gerhard Zedler hatte beim Tag des Denkmals im September 2010 argumentiert, es könne mit Blick auf die Verbesserung der Gesamtsituation am Paradeplatz (durch den preisgekrönten Geschäftszentrums-Entwurf) ein Verzicht auf das Gebäude hingenommen werden. "Ein gutes Gefühl ist es nicht, der Abriss " , betont die alte Dame dennoch. Resignation schwingt mit, wenn sie anfügt: "Aber man kann nichts machen - andere Zeiten brechen an ".
Welch eine Respektlosigkeit gegenüber der Stadtgeschichte!
Ein Haus aus dem Jahre 1713, das das Bild des Paradeplatzes fast 300 Jahre lang mitprägte, soll abgerissen werden, ohne dass dafür bauliche Gründe vorliegen.
Welcher Geschäftszentrums-Entwurf, der Historisches zerstört und einen Platz eines Teils seiner Identität beraubt, ist eine Verbesserung?
Eine wahre Verbesserung wäre es, das Haus weitgehend in seinen ursprünglichen Zustand zurückzuversetzen und ein neues Ensemble, welches dieses umgibt und in dem das altehrwürdige Gebäude den Mittelpunkt einnimmt, anzulegen.
Forchheim wird durch den Abriss ärmer.
Während das malerische Stadtbild hier nicht den Zerstörungen des Zweiten Weltkriegs zum Opfer fiel, scheint man es nun per Abrissbirne verbessern zu wollen.
Jürgen Schmitt