"Schien aussichtslos": Mann von schwerer Autoimmunerkrankung geheilt - fränkischer Klinik gelingt Weltpremiere

2 Min
Uni-Klinikum Erlangen: Erstmals Patient von Myositis mit neuer Therapie-Methode geheilt
Ein 41-jähriger Mann litt unter schweren Symptomen einer seltenen Muskelentzündung - eine spezielle Therapie am Uniklinikum Erlangen verbesserte seinen Zustand schnell.
Uni-Klinikum Erlangen: Erstmals Patient von Myositis mit neuer Therapie-Methode geheilt
Nicolas Armer/dpa (Archivbild)

Das Klinikum Erlangen schreibt Medizin-Geschichte: Zum ersten Mal weltweit wurde ein Patient mit einer schweren Muskelentzündung mithilfe einer vielversprechenden Therapie-Methode geheilt. Der 41-Jährige litt unter schweren Symptomen - und gilt heute als vollständig genesen.

  • Zum ersten Mal: Autoimmunerkrankung mit neuer Methode geheilt
  • Uniklinikum Erlangen-Nürnberg feiert Therapie-Erfolg
  • Wie es dem Patienten heute geht

Es ist ein Erfolg für die Wissenschaft und eine große Freude für einen 41-jährigen Mann: Als erster Patient weltweit wurde er erfolgreich mithilfe eigener Abwehrkräfte von einer schweren Form der Muskelentzündung - Myositis - geheilt. 

Seltene Autoimmunerkrankung: Patient konnte kaum noch aufstehen 

Im vergangenen Jahr bemerkte der 41-Jährige zunächst eine "plötzliche Verschlechterung seines Gesundheitszustandes", schreibt das Uniklinikum der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg (FAU) in einer Pressemitteilung. Erst dachte er, es sei eine Virusinfektion - doch die Symptome verschlechterten sich schnell. Der Mann konnte kaum noch gehen oder aufstehen

Bei den Untersuchungen stellte sich heraus, dass eine schwere, autoimmune Muskelentzündung für die Beschwerden verantwortlich war. Das seltene "Antisynthetase-Syndrom" befällt Gelenke, Haut, Muskeln und Lungen eines Betroffenen. Bei dem Syndrom greift das eigene Immunsystem wichtige Enzyme an - und stört damit die Funktionstüchtigkeit einiger Zellen. 

Eine effiziente Behandlung gegen die Erkrankung ist schwierig: "Autoimmune Muskelentzündungen sind schwerwiegende Erkrankungen und verlaufen mitunter tödlich, wenn sie zu spät erkannt werden oder die Patientinnen und Patienten nicht ausreichend auf Medikamente, die das Immunsystem hemmen, ansprechen", erklärt Professor Schett von der Uniklinik Erlangen.  

Mit körpereigenen Immunzellen: So funktionierte die Therapie

Im Falle des 41-jährigen Mannes wurde die Erkrankung schnell erkannt. Trotzdem schien eine Genesung zunächst aussichtslos, sämtliche Therapiemethoden versagten. Seine Rettung waren schließlich "CAR-T-Zellen", mit denen auch in der Krebsforschung schon gearbeitet wird

Bei dieser Methode werden Patient*innen bei einer Blutentnahme T-Zellen - also körpereigene Abwehrkräfte - entnommen. Diese werden dann mit einem Eiweiß, einem "Chimären Antigen-Rezeptor" (CAR), modifiziert. Der "CAR" haftet an der Oberfläche der T-Zellen und dient der Erkennung krankheitsauslösender Zellen. Anschließend werden die modifizierten T-Zellen wieder in den Körper gespritzt.

"Der CAR ermöglicht es den veränderten Immunzellen, nach ihrer Rückführung in den Patienten bzw. die Patientin gezielt die krankheitsauslösenden Zellen abzutöten", fasst Professor Mackensen vom Uniklinikum Erlangen zusammen.

Therapie schlägt an: Erstmals Myositis-Patient vollständig genesen

Für den Erlanger Patienten war diese Form der Therapie ein voller Erfolg, sein Gesundheitszustand verbesserte sich schnell. Sämtliche Entzündungen bildeten sich vollständig zurück. Der Mann gewann wieder an Kraft, Leistungsfähigkeit und Ausdauer. Besonders erfreulich: Selbst nach Absetzung aller Medikamente kam die Erkrankung nicht zurück.

Laut Dr. Fabian Müller, einem der betreuenden Ärzte, konnte der 41-Jährige "alle immunsuppressiven Medikamente –insbesondere auch Kortison – komplett absetzen, ohne dass die Erkrankung wieder aufflammte". Der Patient gilt sechs Monate nach Absetzen der Medikamente als vollständig genesen und ist damit ist er der erste Patient weltweit, der mit dieser Methode von Myositis geheilt wurde.  

"Es ist, wie wenn man einen Reset-Knopf drückt", freut sich der Genesene. "Vor der Therapie ging einfach nichts mehr und jetzt funktioniere ich wieder".  Die Fachzeitschrift "The Lancet" hat den Erfolg in einem Fallbericht veröffentlicht. 

Erfolg für das Uniklinikum Erlangen

Für das Team aus Ärzt*innen und Wissenschaftler*innen des Deutschen Zentrums Immuntherapie (DZI) am Uniklinikum Erlangen ist die Behandlung dementsprechend ein voller Erfolg. Für sie ist es bereits die zweite Form einer Autoimmunerkrankung, die mit der "CAR-T-Zellen Therapie" geheilt wurde. 

Freuen darf sich das Klinikum zudem über eine besondere Auszeichnung: Laut einem neuen Ranking zählt es zu den Top 100 Krankenhäusern der Welt.