Die Notkirche der heimatvertriebenen Katholiken in Mühlhausen feiert am 1. Mai ihr 70-jähriges Bestehen.
Von barocken oder gar gotischen Gotteshäusern ist sie meilenweit entfernt. Sie hat keinen Turm, und von außen würde niemand hinter diesen Mauern eine Kirche vermuten. An der Notkirche Heiliger Josef der Arbeiter, dem katholischen Gotteshaus Mühlhausens, mag nicht jedermann Gefallen finden. Aber das stand zur Zeit der Gründung auch nicht im Vordergrund. Am 1. Mai feiert die katholische Gemeinde das 70-jährige Bestehen der Kirche, die seit etwa einem Jahr sogar unter Denkmalschutz steht.
Zur Feier wird Erzbischof Ludwig Schick erwartet, der die außergewöhnliche Kirche wohl auch zum ersten Mal sehen wird. Auch Domkapitular Günter Raab, der frühere Seelsorger von Wachenroth und Mühlhausen feiert mit seiner einstigen Gemeinde.
1946 kamen etwa 500 Heimatvertriebene, die meisten Katholiken aus dem Sudetenland, nach Mühlhausen. Sie suchten nach einer Möglichkeit, in ihrer neuen Heimat Gottesdienst zu feiern. Einer der Heimatvertriebenen war Pater Andreas Watzka. Karl und Margareta Pröls erstellten in dieser Zeit in ihrem Garten einen Werkstattraum für ihre Spenglerei. Kurzerhand entschlossen sie sich, diesen Saal als Gottesdienstraum zur Verfügung zu stellen. Seither wird er ununterbrochen als Kirche genutzt.
An Maria Empfängnis, 8. Dezember 1947, wurde der erste Gottesdienst gefeiert. Die Innenausstattung konnte aus Spenden gestaltet werden. Aus Etzelskirchen stammte der Altar, der wegen der zu geringen Raumhöhe nur zur Hälfte aufgebaut werden konnte. Der künstlerische Kreuzweg wurde vom Kloster Schwarzenberg bei Scheinfeld gespendet.
Auf Pfarrer Watzka folgten in Mühlhausen die Pfarrer Johann Singer, Johann Batz, Marianus Reichel, Günter Raab und Pater Stephan Pavokovic. Heute wird Mühlhausen von Padre Gabriel Ramos Valiente betreut. Die Kirche gehört zur Pfarrei Sankt Gertrud, Wachenroth und zum Seelsorgeverband "Maria im Dreifrankenland".
In der politischen Gemeinde Mühlhausen mit ihren knapp 1700 Einwohnern leben aktuell mehr als 500 Katholiken. Sie alle erhielten eine persönliche Einladung zum Fest. Vor einiger Zeit wurde die Kirche unter das Patrozinium des Heiligen Josefs gestellt. Für das Jubiläum wurde sie innen renoviert und der Kreuzweg restauriert. Der Hochaltar wurde mit Figuren der Muttergottes und des heiligen Josefs geschmückt.
Die Notkirche habe eine sehr hohe religions-, sozial- und regionalgeschichtliche Bedeutung, schrieb das Bayerische Landesamt für Denkmalpflege nach der Besichtigung 2015. Inmitten des protestantisch dominierten Markts Mühlhausen 1947 durch private Initiative eingerichtet, sei sie das bauliche Zeugnis für die durch die zahlreichen Heimatvertriebenen ausgelöste religiöse Entwicklung: die Auflösung starrer konfessioneller Abgrenzungen in den Jahren nach dem Zweiten Weltkrieg.
Auch volkskundliche Bedeutung schreiben die Denkmalschützer dem Gotteshaus zu. Die überwiegend in Eigeninitiative hergestellte bauzeitliche Ausstattung zeige anschaulich den Willen der aus ihrer Heimat vertriebenen Menschen, am überlieferten Glauben auch in der neuen protestantisch geprägten Heimat festzuhalten. Wie der verstorbene Pfarrer Topits im Heimatboten aus dem Reichen Ebrachgrund 2009 schreibt, gab es vor dem Zweiten Weltkrieg in Mühlhausen nur fünf katholische Familien.
Noch heute ist das Kirchengebäude Eigentum von Thomas Pröls, dem Enkel des Erbauers. Otto Pröls, Sohn der Erbauer und Organist, hat zum Fest Fotos und Dokumente zu einer kleinen Chronik zusammengestellt. Außerdem hat er - soweit er sie erreichen konnte - die einstigen Heimatvertriebenen zum Jubiläum eingeladen.