Heuer kommen noch 600 Flüchtlinge nach ERH

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130 Plätze hat die frisch renovierte Gemeinschaftsunterkunft in Höchstadt, in der diese beiden jungen Flüchtlinge leben. Foto: Andreas Dorsch
130 Plätze hat die frisch renovierte Gemeinschaftsunterkunft in Höchstadt, in der diese beiden jungen Flüchtlinge leben.  Foto: Andreas Dorsch

Landrat Alexander Tritthart muss noch zusätzliche Unterbringungsmöglichkeiten im Kreis Erlangen- Höchstadt finden. Er sieht seine Mitarbeiter im Amt und die ehrenamtlichen Helfer an der Grenze ihrer Belastbarkeit.

"So wie es jetzt läuft, kann es nicht mehr weiter gehen", sagte Landrat Alexander Tritthart (CSU), als er am Donnerstagnachmittag den Mitgliedern des Ausschusses für soziale Angelegenheiten die aktuelle Flüchtlingssituation im Landkreis Erlangen-Höchstadt schilderte.

Und die ist wohl dramatisch. "Nicht nur in Ober- und Niederbayern ist es schlimm, auch hier bei uns", fasste der Landrat die Lage zusammen. Derzeit leben im Kreis knapp über 1200 Asylbewerber, "aber die Zahlen verändern sich täglich". Und sie bewegen sich nur in eine Richtung. Tritthart und die Mitarbeiter seines Amtes stehen enorm unter Druck. In den verbleibenden zwei Monaten dieses Jahres müssen sie noch 600 Plätze dezentral schaffen. Dies habe ihm die Regierung schon angekündigt.

Wo diese Quartiere sein werden, weiß noch niemand. Aber eines steht für Landrat Tritthart fest: "In unserem Landkreis wird kein Flüchtling im Zelt oder auf der Wiese schlafen." Notfalls werde man wieder auf Turnhallen zurückgreifen müssen.


500 im Baumarkt

In Baiersdorf hatte der Kreis eine städtische Dreifach-Halle vorübergehend als Erstaufnahmeeinrichtung genutzt. Doch die musste jetzt geschlossen werden, weil der Mietvertrag ausgelaufen war und Baiersdorf die Halle nun wieder für städtische Vereine und Veranstaltungen braucht. Dafür wurde im ehemaligen Praktiker-Baumarkt in Herzogenaurach jüngst eine Notunterkunft für 500 Asylbewerber eingerichtet, die bereits mit 281 Menschen belegt ist. "Wenn Herzogenaurach voll ist, müssen wir wieder nachlegen", kündigt der Landrat an.

Neben diesen Notunterkünften für die Erstaufnahme von Flüchtlingen muss der Landkreis auch so genannte dezentrale Unterkünfte vorhalten. Das sind Privatwohnungen, Gaststätten, Wohnungen von Kommunen und auch Container. Weil der Kreis derzeit "massivste Probleme" hat, solch dezentrale Unterkünfte zu finden, wird jetzt die Notaufnahme in der früheren Tennishalle in Hemhofen als dezentrale Unterkunft laufen lassen. Tritthart: "Es ist dramatisch, wir kommen nicht mehr nach, die Leute dezentral unterzubringen."

Dazu kommen noch 53 Fehlbeleger. Das sind Menschen, die bleiben dürfen, aber auf dem freien Markt noch keine Wohnung gefunden haben. Sie leben weiterhin in Asylbewerber-Unterkünften.

Händeringend sucht der Landkreis weiter nach Wohnungen. Die sollten aber auch gleich eine gewisse Größe haben. "Wohnungen für drei bis vier Personen nützen nichts mehr, wir müssen in größeren Dimensionen rechnen", sagte Tritthart in der Sitzung. Er fordert den sofortigen Einstieg in den sozialen Wohnungsbau und ein "völliges Umdenken". Weil Einfamilien- und Doppelhäuser nicht unter sozialen Wohnungsbau fallen, müsse in die Höhe gebaut werden. Das werde das Gesamtbild unserer Gemeinden verändern.

Deutliche Kritik übte er an einzelnen Landkreisen in Oberfranken und anderen Regionen. Tritthart zitierte dabei eine Grafik im Fränkischen Tag vom Donnerstag, aus der hervorgeht, dass Mittelfranken seine Quote erfülle, Oberfranken aber nicht. Es könne auch nicht sein, dass der Kreis Erlangen-Höchstadt eine Tennishalle und einen Baumarkt für viel Geld umbaut und andere Leerstände haben.

Der Landrat appellierte an die Sitzungsteilnehmer, die ehrenamtlichen Helfer und die Bürgermeister vor Ort zu motivieren. "In einigen Wochen klappen uns die Ehrenamtlichen reihenweise weg", befürchtet Tritthart. Noch sei die Bevölkerung dabei. Aber die jüngste Info-Veranstaltung in Herzogenaurach sei schon wesentlich kritischer gewesen als die vor einem Jahr.

Kein Verständnis hat der Landrat für die Entscheidung der Regierung, die zwei in Mittelfranken bewilligten Planstellen für die Koordinierung der Ehrenamtlichen den Städten Nürnberg und Fürth zuzusprechen. Auch Erlangen-Höchstadt hatte sich um die Finanzierung einer solchen Stelle beworben.
Kreisrat Konrad Eitel (SPD) kritisierte die Verlegungspraktiken der Behörden. Da werde beispielsweise für eine Familie alles mögliche in Herzogenaurach organisiert, dann werde sie plötzlich nach Hemhofen umquartiert.
Dort ist Joachim Wersal (FW) stolz, dass mit den 180 Flüchtlingen in der Notunterkunft "alles so ruhig läuft". Grünen-Kreisrat Manfred Bachmayer fordert vom Landkreis, als "Katalysator für den Wohnungsbau" zu wirken.