Die Herzogenauracher haben Gesprächsbedarf

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Gelebte Demokratie: In der Bürgerversammlung wurde über mehrere Anträge direkt abgestimmt. Foto: Richard Sänger
Gelebte Demokratie: In der Bürgerversammlung wurde über mehrere Anträge direkt abgestimmt.      Foto: Richard Sänger

Themen wie die Trassenführung der Stadt-Umland-Bahn sowie der Abriss und Neubau des Rathauses beschäftigen die Herzogenauracher.

Über mangelnde Diskussionsbereitschaft konnte sich Herzogenaurachs Stadtoberhaupt German Hacker (SPD) in der Bürgerversammlung am Dienstagabend nicht beklagen. Die Reizthemen in der Stadt waren bereits im Vorfeld der Versammlung in Leserbriefen geäußert und in den sozialen Medien debattiert worden, weshalb auch deutlich mehr Besucher als in den Vorjahren ins Vereinshaus gekommen waren.

Allerdings griff der Bürgermeister einige kritische Punkte bereits in seinem Bericht auf und nahm damit vielen Fragestellern schon vorab den Wind aus den Segeln. Dabei ließ er sich auch von Zwischenrufen nicht aus dem Konzept bringen. In der über einstündigen Diskussion wies Hacker außerdem mehrmals darauf hin, dass die Entscheidungen im Stadtrat, sei es zur Verkehrsplanung oder zur Wohnungspolitik, mehrheitlich getroffen worden seien.

Zum Abriss und Neubau des Rathauses sowie dem von einigen Zuhörern geforderten Kauf des ehemaligen Verwaltungsgebäudes der Firma Puma wiederholte der Bürgermeister noch einmal den Standpunkt des Stadtrates: So sei das Puma-Gebäude nicht nur zu groß für die Stadtverwaltung, sondern die einhundert Wohnungen, die an der Würzburger Straße entstehen, seien weitaus wichtiger, und zudem entstehe nach der Rückkehr der Verwaltung ins neue Rathaus ein wichtiges Gewerbeobjekt. "Die Stadt ist kein Immobiliensanierer", erklärte Hacker zur Sanierung des Puma-Altbaus, in dem die dringend benötigten Wohnungen entstehen.

Kündigung bleibt bestehen

Ebenso ging Hacker in seinem Bericht auf das ehemalige Bahngelände und das Geschäft "Camping-Bahnhof" ein. Der Mieter sei von der Kündigung nicht überrascht, sondern vorab informiert worden, und wenn die Möglichkeit bestehe, den Mietvertrag zu verlängern, sei das selbstverständlich bis zum Beginn des Baurechtes möglich. "Die Kündigung des Mietvertrages ist keine leichte, sondern im Zuge städtebaulicher Maßnahmen für den Mieter eine durchaus bittere Entscheidung", erklärte der Bürgermeister zum Antrag von William Borkenstein, die Kündigung unverzüglich zurückzunehmen.

In seinem Antrag warf Borkenstein dem Bürgermeister und der Stadt menschenverachtendes sowie herzloses Verhalten vor. Die beiden großen Parteien sollten mehr christlich und sozial denken. Mit "Welchen Ausdruck verwenden Sie, wenn wirklich was menschenverachtend ist, meine Ausdrucksweise ist das nicht?" wies der Bürgermeister die Wortwahl des Antrages, der nur eine Empfehlung an den Stadtrat sein könnte, zurück. Borkenstein beharrte auf seinem Antrag, der mit 31 Ja- und 45 Nein-Stimmen abgelehnt wurde.

Wolfgang Feucht kritisierte die Planung der Stadt-Umlandbahn (Stub) durch die Rathgeberstraße, die nicht über die erforderliche Breite verfüge, und stellte die Frage, ob für die Trasse private Flächen in Anspruch genommen werden müssen. "Private Flächen werden nicht benötigt, auch wenn es teils eng zugehen wird", erklärte der Bürgermeister. Die Prophezeiung von Feucht, dass der Lärm der Stub in der Rathgeberstraße den Wert von 70 dB übersteigen würde, konnte Hacker nicht folgen. Schließlich gebe es Rechtsvorschriften, und die gälten für die Stadt ebenso wie für die Stub.

Zu diesem Thema konnte der Bürgermeister auch den Antrag von Robert Erhardt für eine Alternativ-Trasse nicht zulassen. Denn die Planung und Trassenführung liege in den Händen des Zweckverbandes und beim Dialogforum, die Stadt könne nur Wünsche äußern.

In diesem Zusammenhang kritisierte Erhardt auch den geplanten Radschnellweg und eine mögliche Überbauung der Bahngleise. "Es gibt noch keinen Planungsauftrag, und die Bahnstrecke bleibt als Bahntrasse gewidmet", antwortete Hacker. Die Frage nach den Kosten konnte der Bürgermeister nicht beantworten, weil sie schlicht noch nicht bekannt seien.

Ringbahn ist vom Tisch

Auch zur Frage eines Bürgerbegehrens zur Südumfahrung hatte Hacker eine Antwort parat. Ein Bürgerbegehren habe keinerlei Auswirkungen auf das Planfeststellungsverfahren, sagte er, und einige vorbereitete Zettel wurden dann doch nicht mehr verlesen.

Dem Vorschlag, die Stub als Ringbahn zu errichten konnte der Bürgermeister nicht folgen, denn neue Untersuchungen hätten ergeben, dass die Fahrgastzahlen nach oben korrigiert wurden und die Taktzeit von 20 auf zehn Minuten sinken soll. Eine Ringbahn würde dann schon aus Zeitgründen nicht mehr funktionieren, denn die Bahn brauche in jedem Fall eine Endhaltestelle.

Den Vorwurf von Wolfgang Feucht, dass ein Gesamtverkehrsplan und ein Konzept für Radfahrer und Fußgänger längst überfällig seien, konnte Hacker nicht so richtig nachvollziehen. Die Stadt habe sehr wohl einen Verkehrsplan, sei offen für den Radwegebau und gehe auch entlang von Kreis- und Staatsstraßen in Vorleistung. Der Antrag von Feucht zur Erstellung eines Gesamtverkehrsplanes wurde mit 21 gegen 60 Stimmen abgelehnt. Der Bürgermeister sagte aber trotzdem zu, von der Verwaltung ein Konzept entwickeln und veröffentlichen zu lassen.

Die Frage von Friedrich Gillich: "Wann kommt endlich wieder ein Baumarkt?", beantwortete Hacker wie schon des Öfteren. Der ehemalige Praktiker sei für einen Baumarkt reserviert und es habe auch schon Interessenten gegeben, das Problem sei aber der Eigentümer und die Stadt habe keinerlei Einfluss, sondern könne nur bei einem möglichen Umbau großzügig reagieren.

Herzogenauracher Zahlen

In Herzogenaurach gibt es mehr Arbeitsplätze als Einwohner, die Stadt verfügt über Rücklagen in Höhe von 73 Millionen Euro und die Einnahmenprognose für den Haushalt 2018 wurde übertroffen. Bei der Gewerbesteuer wurde mit Einnahmen von 22 Millionen gerechnet, der Kämmerer kann zum Jahresende aber elf Millionen Euro mehr, nämlich rund 33 Millionen Euro verbuchen.

Für das kommende Jahr sagte Bürgermeister German Hacker (SPD) "ein vorsichtiges Handeln voraus", denn nach den vorliegenden Werten werden die Gewerbesteuereinnahmen auf rund 25,4 Millionen Euro sinken. Die Einnahmen aus der Lohnsteuerbeteiligung setzen den Trend nach oben fort und werden etwas unter 20 Millionen Euro betragen. Allerdings seien vorhandene Rücklagemittel auch gebunden, so für die weitere Entwicklung der Herzo Base, die geplanten Stadt-Umland-Bahn (Stub) und für Schulen und Kindertagesstätten.

Steigende Ausgaben

"Das sind Zahlen, um die uns manche Kommunen beneiden", erklärte Hacker bei der gut besuchten Bürgerversammlung in seinem Rechenschaftsbericht. "Die sprudelnden Einnahmen, bedeuten aber auch mehr Ausgaben, zum Beispiel bei der Kreisumlage. In diesem Jahr müssen 28,4 Millionen Euro an dem Landkreis abgeführt werden", erklärte der Bürgermeister.

Die sozialversicherungspflichtigen Arbeitsplätze nahmen um sechs Prozent auf 23 921 bei 23 794 Einwohnern zu. Täglich pendeln 18 847 Menschen zu ihren Arbeitsplätzen in die Stadt, dem gegenüber stehen 5469 Auspendler. Dies erfodere, besonderes Augenmerk auf den Wohnungsbau, auch den sozialen Wohnungsbau, sowie auf die Verkehrspolitik zu richten. So habe der Stadtrat Baugebiete wie das Wohngebiet in der Reuth und das Entwicklungsgebiet Reihenzach und weitere kleine Gebiete auf den Weg gebracht.

Mehr Kita-Plätze erforderlich

Der Zuzug und die Ansiedlung von jungen Familien bedeute wiederum einen weiteren Ausbau der Kinderbetreuung. Zu den rund 1200 Kita-Plätzen kommen bei St. Josef in Niederndorf und gegenüber der Montessori-Kindertagesstätte weitere Einrichtungen.

Nach Fertigstellung der Schütt steigen auch die Zahlen der Herzo-Busse wieder auf aktuell 460 000 Fahrgäste an. Am Sonntag geht der neue Busfahrplan des ÖPNV mit zwei zusätzlichen Linien an den Start, und die Kilometer-Leistung im Jahr werde von 550 000 auf 970 000 steigen, so Hacker. Mit der neuen Linie 134 werde der Bahnhof in Emskirchen und mit der Linie 199 in Nürnberg das Wegfeld, der Startpunkt der späteren Stub, angebunden.

In seinem Bericht streifte der Bürgermeister Tiefbaumaßnahmen ebenso wie den Hochbau, den Glasfaserausbau, Klima und Landschaft sowie die Seniorenarbeit und Förderprogramme der Stadt. Auch zum Neubau des Rathauses sowie zur Vermarktung der Wohnbaugrundstücke nahm er ausführlich Stellung.