Zehn Zentimeter zu viel in Coburger Sauna

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Um dieses Stück Holz dreht sich der Streit. Fotos: Simone Bastian
Um dieses Stück Holz dreht sich der Streit. Fotos: Simone Bastian
Ein unbeschädigter Sauna-Eimer. Die verlängerte Daube dient als Griff.
Ein unbeschädigter Sauna-Eimer. Die verlängerte Daube dient als Griff.
 

Ein Gast stört sich an einem Detail und greift zur Selbsthilfe. Nun will die SÜC Bus & Aquaria Schadenersatz - aber der Fall ist vertrackt.

Das Corpus delicti ist vielleicht zehn Zentimeter lang und aus Holz. Kein Ding, das einen Wert an sich hätte. Ein geschwungen ausgesägtes Stück Daube von einem Saunakübel, das als Griff diente. Doch Klaus-Carsten Schmelz war es im Weg und er sägte es ab.

Wenn es sich um seinen Eimer in seiner eigenen Sauna gehandelt hätte, wäre das kein Problem. Doch Klaus-Carsten Schmelz griff in der Sauna des Hallenfreibads Aquaria zur eigens mitgebrachten Säge, um das Stück Holz zu entfernen.

Die Mitarbeiter des Aquaria hatten einen hölzernen Saunaeimer längs geteilt und das halbrunde Gebilde über dem Sauna-Ofen an der Wand befestigt. Dort dient es als Verblendung für die Aufguss-Schale. Wenn Aufgüsse gewünscht sind, können die Saunagäste einen Schöpflöffel der bereitgestellten Aufgussmischung in die Schale geben. Von dort tropft die Flüssigkeit auf die heißen Steine.


"Initiative ergriffen"

Aus irgendeinem Grund hatten die Aquaria-Mitarbeiter den Holzgriff drangelassen. Schmelz störte das. Nicht nur ihn, wie er in einer E-Mail schreibt (Original-Zitat): "Getragen von der durch etliche Sauna-Besucher als die Einbringung der Aufguss-Flüssigkeit störend empfundenen Gestaltung des o. g. Bauteils ergriff ich (...) die Initiative und kürzte das behindernd vorstehende Holzstück fachmännisch ein. Es fand damit eine Veränderung (zum Besseren hin) statt, jedoch keine Beschädigung." Er habe auch nicht heimlich gehandelt und seine Säge sofort wieder weggesperrt, als er dazu aufgefordert wurde, rechtfertigt sich Schmelz.

Allerdings hatte er vorher nie das Aquaria-Personal auf das störende Stück Daube hingewiesen und darum gebeten, es zu entfernen. Jörn Pakoßnick-Kirchner, der Betriebsleiter des Aquaria, wertet Schmelz' eigenmächtiges Handeln denn auch als "klaren Verstoß gegen die Haus- und Badeordnung". Demnach sind die Einrichtungen des Bades "pfleglich zu behandeln", wie es in Paragraf 6 heißt. "Bei missbräuchlicher Benutzung, Verunreinigung oder Beschädigung, die der Badegast zu vertreten hat, haftet er für den entstandenen Schaden." Doch Klaus-Carsten Schmelz weigert sich, anzuerkennen, dass er einen Schaden angerichtet hat.

Dem Eimer fehlte zwar ein Stück Holz, aber seinen Zweck erfüllte er nach wie vor. Trotzdem ließ Jörn Pakoßnick-Kirchner den alten Kübel abschrauben und durch einen neuen ersetzen. Bei dem wurde das fragliche Stück Holz aber von vornherein entfernt. "Sonst hätte Herr Schmelz es ja wieder abgesägt", seufzt der Badbetriebsleiter.

Wenn aber das Aquaria-Personal selbst einen Kübel ohne Griff anschraubt, dann erkenne es quasi an, dass dies die bessere Lösung sei, argumentiert Schmelz. Somit könne er gar keine Sachbeschädigung begangen haben. Deshalb weigert er sich auch, die Rechnung zu begleichen, die die SÜC Bus & Aquaria GmbH ihm schickte.

Schmelz sollte zum einen 99,90 Euro zahlen für den neuen Eimer an der Wand (Material- und Arbeitskosten) sowie 50 Euro "Vertragsstrafe" gemäß § 3 (8) Badeordnung. Darin heißt es, dass jemand ohne gültige Eintrittskarte 50 Euro bezahlen muss. Den neuen Eimer hätte die SÜC Bus & Aquaria sich sparen können, und für die "Vertragsstrafe" gebe es in der Badeordnung keine Grundlage, kontert Schmelz.


".... dass es Grenzen gibt"

Die SÜC Bus & Aquaria hätte allerdings ein Hausverbot erlassen können oder Strafanzeige stellen. Doch so weit wollten weder Jörn Pakoßnick-Kirchner noch Joachim Gronau als zuständiger Prokurist noch SÜC-Geschäftsführer Wilhelm Austen gehen. Sie setzten auf Einsicht: "Da Sie offensichtlich mit den gängigen Regeln im Leben vertraut sind, werden Sie einsehen, dass es Grenzen gibt", schrieb Gronau an Schmelz. "Eine dieser Grenzen wurde mit ihrer Handlung am 30. 3. überschritten."

Doch was will die SÜC tun, wenn Schmelz sich weigert, zu zahlen? "Klagen", sagt Christian Müller, Rechtsanwalt in Coburg und Mitglied im Stadtrat. Die SÜC habe Anspruch auf Schadenersatz - und sie könne den Betrag verlangen, den es kosten würde, den ursprünglichen Zustand wiederherzustellen. Ob sie dann tatsächlich den ursprünglichen Zustand wieder herstellt, bleibe ihr überlassen, sagt Müller. Außerdem könne die SÜC 25,56 Euro allgemeine Unkostenpauschale verlangen - das sei der Betrag, der für den Amtsgerichtsbezirk Coburg festgesetzt sei.

Ein Gerichtsverfahren käme freilich teurer, als die Sache wert ist, rechnet Müller vor: "Da kommen leicht 400 bis 500 Euro Anwalts- und Gerichtskosten zusammen", dazu die Zeit, die der E-Mailverkehr mit Schmelz jetzt schon gekostet habe. Die einfachere (und billigere) Lösung aus Sicht der SÜC wäre es, ein Hausverbot gegen Schmelz zu erlassen, sagt Müller. Dann müsste Schmelz vor Gericht ziehen.