Wirkt in Kleingarnstadt die Photovoltaik wie Baldrian?

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Weil ein Investor bei Kleingarnstadt (Landkreis Coburg) eine Photovoltaikanlage bauen will, rückt eine Umgehung für den Ebersdorfer Gemeindeteil näher.

Bernd Reisenweber (BG) hat auf Nachfrage extra noch mal im gemeindlichen Archiv gekramt und einen Plan gefunden. "Schon in den 80er Jahren war die Umgehung ein Thema", sagt der Ebersdorfer Bürgermeister zu einem Projekt, das am Donnerstag auch den Kreistag beschäftigt hat. Die Verlegung der Kreisstraße CO 11 raus aus dem Ebersdorfer Gemeindeteil. Da wird es jetzt zumindest mal eine Vorstudie für eine mögliche Trassenführung geben - so viel hat der Kreistag beschlossen.

Hintergrund ist ein ganz anders gelagertes Projekt. Ein Investor hat in Ebersdorf angefragt, ob er auf der Höhenlage bei Kleingarnstadt eine 34 Hektar große Freiflächen-Photovoltaikanlage errichten kann. Die zu bauen macht natürlich wenig Sinn, wenn dort in ein paar Jahren plötzlich die Bagger für eine Verlegung der Kreisstraße CO 11 aus dem Ort raus anrollen. Deshalb hat sich Reisenweber an den Landkreis gewandt - mit der Bitte, die im Investitionsprogramm des Landkreises fest verankerte Umgehung räumlich ein bisschen genauer zu definieren. Das kann nun geschehen. 40000 Euro stehen für eine Vorstudie zur Verfügung.

Da fahren ganz schön viele Autos

Gebaut wurde die jetzige Trasse der Kreisstraße in den 80er Jahren. Damals dachte niemand an eine Grenzöffnung Richtung Thüringen und dementsprechend eng blieb die Verkehrsführung gerade in Kleingarnstadt. Doch dann kam die Grenzöffnung und mit ihr jede Menge Verkehr: 4076 Fahrzeuge (darunter 377 Lkw) am Tag wurden 2015 gezählt. Heute dürften es deutlich mehr sein. Und so lange die Lkw-Maut die CO 11 zum günstigen Weg von Südthüringen über Neustadt und Ebersdorf zur A 73 mache, werde sich das nicht ändern, vermutet der Ebersdorer Bürgermeister. "Der Ruf nach einer Umgehung ist berechtigt", sagt deshalb Bernd Reisenweber. Er verschweigt aber nicht, dass lange Jahre Teile der Grundstückseigentümer rund um Kleingarnstadt gar nicht an eine Umgehung gedacht haben. Mehr noch: Es gab Signale, dass der Landkreis für eine neue Straße keinen Quadratmeter Land bekommen werde. Heute, angesichts der Verkehrsbelastung, könnte das aber anders sein, vermutet Reisenweber: "Ich könnte mir vorstellen, dass es der Landkreis inzwischen leichter haben könnte als vor ein paar Jahren." Nötig wär's ergänzt Reisenweber, weil in manchen Haushalten nah an der Straße "die Nerven blank liegen". Da könnten also die Photovoltaik-Pläne zu Baldrian-Tropfen werden und den Bau der Umgehung forcieren.

Reisenweber sieht's als Einheit

Einmal den Gedanken der Kleingarnstadter Umgehung wieder reaktiviert, drängte Neustadts Oberbürgermeister Frank Rebhan (SPD) am Donnerstag im Kreistag darauf, die "gesamte CO 11 in einem Zusammenhang zu sehen". Will heißen: Auch den Ausbau der Steigung am "Stiefvater" zwischen Neustadt und der Blumenroder Kreuzung nicht zu vergessen.

Hier lesen Sie den aktuellen Sachstand in Sachen "Stiefvater"

"Wir brauchen ein Gesamtkonzept", forderte Rebhan und dürfte damit bei Bernd Reisenweber - der bei der gestrigen Kreistagssitzung dienstlich verhindert war - offene Türen einrennen. Denn auch der Ebersdorfer Bürgermeister ist der Überzeugung, dass beide Projekte mit gleichen Priorität behandelt werden müssen: "Wir müssen das als eine Einheit sehen". Und auf jeden Fall mit höherer Priorität als den Bau einer Photovoltaikanlage, betonte Rainer Mattern als Vorsitzender der CSU-Landvolk-Fraktion im Kreistag. "Vorrangiges Ziel muss die Entlastung der Kleingarnstadter Bürger sein", forderte Mattern und setzte deshalb in seiner persönlichen Priorität die Umgehung auch vor die Stiefvater-Steigung. Die könne erst dann ertüchtigt werden, wenn die "Kleingarnstadter Frage" geklärt sei.

Bleibt am Ende die zumindest während der öffentlichen Kreistagssitzung ungeklärte Frage nach dem Zeitplan stehen. Ein bisschen was im Fluss scheint zu sein. Landrat Sebastian Straubel (CSU/Landvolk) deutete an, dass es Gespräche gab, bei der auch die Tiefbauabteilung des Landratsamtes mit am Tisch saß: "Wir sind an der Sache dran." Fakt ist aber auch, dass über die Vorstudie hinaus im Investitionsprogramm des Landkreises erst für das Jahr 2023 konkret Geld für weitere Planungen eingeplant ist. So könnte die Prognose von Bernd Reisenweber durchaus realitätsnah sein: "Ich glaube nicht, dass ich bis zum Bau noch berufstätig bin." Reisenwebers laufende Amtszeit endet im Jahr 2026.