Steile Steigung, enge Kurve: Bis zum Tunnel reichen die Ideen, den Stiefvater-Berg bei Neustadt bei Coburg sicherer für Verkehrsteilnehmer zu machen.
Wenn man sich im Coburger Land mal wie auf Alpentour vorkommen will, sollte man zum Stiefvater zwischen Neustadt und der Blumenroder Kreuzung fahren. Dort quälen sich die Lkw den Hang hoch, in der engen Serpentine kurz vor Ende der Steigung herrscht Kollisionsgefahr im Gegenverkehr. Aber so schnell wird die Situation nicht besser werden. Und richtig gut - so wie es beim noch unter Landrat Karl Zeitlers Amtszeit (1990 bis 2008) im Raum stehenden Projekt der "Traumstraße" zwischen Neustadt und Ebersdorf mal vorgesehen war - wohl nie.
Wobei man nicht sagen kann, dass sie sich im Landratsamt keine Gedanken über die Kreisstraße CO11 gemacht haben. Das durfte jüngst im Kreisbauausschuss Ulrich Leicht (Bündnis 90/Die Grünen) erfahren, als er vom alljährlichen "Zirkus" beim Winterdienst am Stiefvater berichtete und - eher im Scherz - stöhnend klagte: "Ach, hätten wir bloß einen Tunnel gebaut." Da musste Melanie Dressel von der Tiefbauabteilung dann lachen, weil sie wusste: "Auch das haben wir untersucht!"
Im Ernst? "Klar", sagt Dressel auf Tageblatt-Nachfrage und zieht archivierte Unterlagen aus dem Jahr 2008 hervor. Da hat die Tiefbauabteilung mal ganz grob skizziert, wie ein Tunnel aussehen könnte: irgendwie rund um 650 Meter lang, mit acht Prozent Steigung vom Stiefvater-Fuß bei Boderndorf bis zur Abzweigung nach Kipfendorf. Und schon bei den technischen Daten grätscht Tiefbau-Fachbereichsleiter Jürgen Alt forsch in die Fantasie vom nördlichsten Tunnel des Freistaates Bayern: "In Tunnelbauwerken sind maximal vier Prozent Steigung zulässig." Und überhaupt: "Nicht mal ansatzweise", sagt Melanie Dressel, wäre für den Landkreis eine Röhre für die CO11 finanzierbar gewesen. Baukosten von über zehn Millionen Euro seien 2008 im Raum gestanden. Von den hohen Unterhaltskosten ganz zu schweigen. Also: Aus der Traum!
Aber was ist denn nun realistisch? Da fängt Jürgen Alt mit dem an, was die Regierung als entscheidender Zuschussgeber bei einem Ausbau erst mal vorgeben würde: Die Einhaltung der Vorschriften, also einen Kurvenradius an der engsten Stelle von 250 Metern. Derzeit sind es bei der CO11 so 50 bis 60 Meter. Weil es im Tiefbauamt 14 mögliche Bauvarianten gibt, haben sie auch den Vollausbau vor zwölf Jahren durchgerechnet: 1,12 Kilometer lang, 1,6 Millionen teuer - vorsichtig geschätzt. "Aber nicht machbar", stellt Jürgen Alt mit seinem Wissen aus Gesprächen vor Ort klar, dass die Menschen in Boderndorf, Kemmaten und Kipfendorf Sturm gegen ein solches Projekt laufen und nie und nimmer einen Quadratmeter Boden hergeben würden.
2021 muss was passieren
Im Landratsamt schwebt den Ingenieuren deshalb ein "bestandsnaher Ausbau" (so beschreibt es Jürgen Alt) vor. Der hätte zwar einen engen Kurvenradius, so an die 120 Meter, käme aber mit deutlich weniger Grunderwerb aus. Wer in den bayerischen Alpen unterwegs war, weiß: Da geht so was. Deshalb wird das Landratsamt demnächst noch einmal eine Studie für so einen Ausbau in Auftrag geben, um die Zuschussgeber vielleicht doch noch überzeugen zu können.
Gelingt das nicht, muss der Landkreis auf eigene Rechnung aktiv werden. Denn eines ist klar, sagt Alt: "Es besteht dringender Handlungsbedarf." Gerade nach den Wintermonaten investiere die Straßenmeisterei des Landkreises immer wieder einen Haufen Zeit und Geld, um die Fahrbahn den Stiefvater hoch wieder in einen einigermaßen verkehrssicheren Zustand zu bringen. Um den zu erhalten, bräuchte es nach Einschätzung der Tiefbauabteilung spätestens im Jahr 2022 eine Erneuerung der Fahrbahndecke auf kompletter Länge.
Was diese kostet, ist derzeit noch schwer abzuschätzen. Im Landratsamt setzt man deswegen auf die Studie zum bestandsnahen Ausbau und ein Entgegenkommen der Regierung von Oberfranken. Aber kaum so weit, dass am Ende ein Tunnel heraus kommt.