Er sehe sich als Oberbürgermeister in der Pflicht, Gräben zuzuschütten und eine Aussöhnung herbeizuführen, sagte Norbert Tessmer (SPD) am Freitag im Rathaus. Es geht um eine Aussöhnung mit Michael Stoschek nach einem über zehn Jahre schwelendem Konflikt.
Michael Stoschek, Vorsitzender der Gesellschafterversammlung von Brose Fahrzeugteile, sieht seinen Großvater und Firmengründer Max Brose ungerecht beurteilt. 2004 stand der Stadtrat vor der Entscheidung, ob die Von-Schultes-Straße, an der die Coburger Brose-Fabrikationsstätten zum großen Teil liegen, in Max-Brose-Straße umbenannt werden soll. Einige Stadträte hatten angeblich Bedenken wegen Max Broses "unklarem Verhalten" im Dritten Reich.
"Mich hat diese Darstellung überrascht", sagte Stoschek. Die Tatsachen waren bekannt: Max Brose war ab 1933 NSDAP-Mitglied, schon zuvor IHK-Präsident, infolgedessen Wehrwirtschaftsführer. Brose, seinerzeit die größte metallverarbeitende Fabrik in Coburg, war in die Rüstungsproduktion eingebunden (Kanister, Zünder) und beschäftigte infolge der Kriegsbewirtschaftung auch Zwangsarbeiter.
Stoschek: "Ich hätte genauso gehandelt"
"Entscheidend sind die Hintergründe und Motive, nicht die Tatsachen selbst", lautet die Auffassung von Michael Stoschek. Er ist überzeugt, dass sein Großvater 1933 in die NSDAP eintrat, um die Familie und das Unternehmen zu schützen. "Ich hätte genauso gehandelt." Brose sei unter besonderer Beobachtung des Coburger Oberbürgermeisters Franz Schwede gestanden, dem ersten Nazi-Oberbürgermeister in einer deutschen Stadt überhaupt.
Stoschek zufolge war die Familie Brose alles andere als linientreu: Der Schwiegersohn, Stoscheks Vater, sei "bekennender Linkssozialist" gewesen, die Tante, damals Journalistin, weigerte sich, an Schulungen der "Reichspressekommission" teilzunehmen, Stoscheks Mutter, wie ihr Mann am Theater, pflegte Umgang mit Freunden und Kollegen jüdischer Abstammung. Max Brose sei als einziger in der Familie der Partei beigetreten, betonte Stoschek. Durch die Produktion von Wehrmachtskanistern habe Brose zunächst 200 Männer vorm Fronteinsatz im Krieg bewahren können. Als diese doch abgezogen und durch Zwangsarbeiter ersetzt wurden, wurden diese bei Brose "den Umständen entsprechend gut behandelt".
"Ich kämpfe um die Ehre meines Großvaters und Firmengründers", dem die Stadt Coburg und Stoscheks Familie viel zu verdanken hätten, sagte Stoschek. "Eine Rehabilitation ist für mich eine Frage des Anstands."
Einen Schritt zu dieser Rehabilitation will der Coburger Stadtrat in seiner Sitzung am nächsten Donnerstag tun. Es soll eine Art Resolution verabschiedet werden, die das Bedauern darüber ausdrückt, dass die Diskussion um den Straßennamen 2004 so verlief, dass Michael Stoschek den Eindruck gewinnen konnte, dass die Ehre seines Großvaters beschädigt werde. Das hatte Stoschek, seinerzeit noch geschäftsführender Gesellschafter, so sehr erbost, dass Brose seither keine Spenden für Coburger Vereine mehr gibt. Die Entscheidung, dass der Standort Bamberg ausgebaut werde und nicht Coburg oder Würzburg, habe mit den Vorgängen 2004 jedoch nichts zu tun, beteuerte der Vorsitzende der Brose-Gesellschafterversammlung. In Coburg sei schlicht kein Platz vorhanden gewesen, um zu erweitern.
Wie es nach dem Donnerstag weitergeht? "Wir werden unseren konstruktiven Dialog fortsetzen", sagt OB Tessmer. Eine Max-Brose-Straße sei derzeit jedenfalls kein Thema.
Wenn alle NSDAP-Mitglieder am 2. Weltkrieg mitschuldig waren, dann beschimpfen Sie bitte auch ihre Partei-Genossen und Sympathisanten Grass, Schiller, Ehmke, Dieter Hildebrandt, Walter Jens, Walter Höllerer (Mitbegründer der "Gruppe 47"), Peter Wapnewski und eine weitere Legion von ehemaligen NSDAP-Mitgliedern in den Reihen Ihrer Genossen. Ihre einseitige Fingerzeigerei finde ich in ihrer ideologischen Scheuklappensicht als unter Ihrer Würde.
liebes Apfelweibla! Sie lesen aus meinen Kommentaren etwas heraus, was ich nicht hineingeschrieben habe. Deshalb noch einmal meine Position: Stoscheks Großvater Brose, den er „reinwaschen“ will, war ab 1933 bei der NSDAP. Ich vertrete die Meinung, dass die Leute, die 1933 der NSDAP beigetreten sind, in der Regel glühende Vertreter und Enthusiasten der „Bewegung“ gewesen sind und folglich nicht mit jenen Leuten gleichgestellt werden können, die erst später – aus welchen Gründen auch immer – Mitglieder der NSDAP wurden. Insofern hinkt Ihr Vergleich. Die von Ihnen genannten Personen sind meines Wissens unter die Jugendamnestie gefallen. Danach wurden alle nach dem 1.1.1919 Geborenen nicht von einem Entnazifizierungsgericht angeklagt, solange sie nicht belastet und als Hauptschuldige oder Schuldige anklagefähig waren.
Na ja, solange er nicht um einen Ehrendolch kämpft ...
Wie schon Shakespeare titelte: "Much Ado About Nothing" ...
Abgesehen davon, dass die Billigung, Verherrlichung oder Rechtfertigung der nationalsozialistischen Gewalt- und Willkürherrschaft einen Straftatbestand erfüllt (und Michael Stoschek mit seinen Äußerungen darunter fallen könnte), will ich lediglich darauf hinweisen, dass die Sache komplizierter ist, als manche meinen.
Es steht nicht zur Debatte, aus welchen Gründen Stoscheks Großvater Max Brose der NSDAP beigetreten ist, sondern dass er ihr beigetreten ist und damit den Unrechtsstaat Hitler unterstützte. Dadurch ist er mit verantwortlich, dass ein Krieg angezettelt wurde, in dem Millionen Menschen vernichtet, Länder und Städte verwüstet und Millionen Menschen aus ihren angestammten Ländern vertrieben wurden. Wer sich 1933 dieser Bewegung anschloss, ist – jedenfalls mehr als die übrigen Deutschen – für diese Katastrophe verantwortlich. Jede andere Betrachtungsweise führt in die Irre. Das sollten einige Kommentatoren beherzigen.
Das ist lächerlich, denn pauschale Anschuldigungen gegenüber Anderen, ohne selbst Zeitzeuge zu sein, ist ebenfalls billig und armselig. Alle die hier im sicheren Schoß einer Demokratie mit dem Finger auf einen Unternehmer zeigen, der unter der Fuchtel eines Terrorstaats vielen Menschen Arbeit und Brot verschafft hat, sind jämmerliche Maulhelden, die solches nicht auf die Beine gebracht haben. Eine Parteimitgliedschaft ist noch lange kein Gradmesser für die unbedingte und aktive Übereinstimmung mit der Parteilinie - Oskar Schindler lässt grüßen. Daraus jemandem nach 70 Jahren einen Strick zu drehen, kündet nicht nur von wenig Einfühlungsvermögen in eine vollkommen andere Lebenswirklichkeit von damals, sondern auch noch von einem gerüttelten Maß von ideologischer Selbstgerechtigkeit. Wenn solche rhetorische Sesselfurzer allen an die Wäsche wollten, die nach dem Krieg als Mitläufer entnazifiziert wurden, könnten sie auch in der eigenen Vergangenheit graben. So war z.B. SPD-Finanzminister Karl Schiller in der SA, sein Kabinettskollege und Genosse Horst Ehmke in der NSDAP (DER SPIEGEL 1/2012). Ein Hoch der Scheinheiligkeit!