Stoschek: "Ich kämpfe um die Ehre meines Großvaters"

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Michael Stoschek beim Pressegespräch am Freitag im Coburger Rathaus. Fotos: Simone Bastian
Michael Stoschek beim Pressegespräch am Freitag im Coburger Rathaus. Fotos: Simone Bastian
Pressekonferenz: OB Norbert Tessmer, Michael Stoschek, Stadt-Pressesprecher Michael Selzer.
Pressekonferenz: OB Norbert Tessmer, Michael Stoschek, Stadt-Pressesprecher Michael Selzer.
 
OB Norbert Tessmer.
OB Norbert Tessmer.
 

Er sehe sich als Oberbürgermeister in der Pflicht, Gräben zuzuschütten und eine Aussöhnung herbeizuführen, sagte Norbert Tessmer (SPD) am Freitag im Rathaus. Es geht um eine Aussöhnung mit Michael Stoschek nach einem über zehn Jahre schwelendem Konflikt.

Michael Stoschek, Vorsitzender der Gesellschafterversammlung von Brose Fahrzeugteile, sieht seinen Großvater und Firmengründer Max Brose ungerecht beurteilt. 2004 stand der Stadtrat vor der Entscheidung, ob die Von-Schultes-Straße, an der die Coburger Brose-Fabrikationsstätten zum großen Teil liegen, in Max-Brose-Straße umbenannt werden soll. Einige Stadträte hatten angeblich Bedenken wegen Max Broses "unklarem Verhalten" im Dritten Reich.

"Mich hat diese Darstellung überrascht", sagte Stoschek. Die Tatsachen waren bekannt: Max Brose war ab 1933 NSDAP-Mitglied, schon zuvor IHK-Präsident, infolgedessen Wehrwirtschaftsführer. Brose, seinerzeit die größte metallverarbeitende Fabrik in Coburg, war in die Rüstungsproduktion eingebunden (Kanister, Zünder) und beschäftigte infolge der Kriegsbewirtschaftung auch Zwangsarbeiter.

Stoschek: "Ich hätte genauso gehandelt"
"Entscheidend sind die Hintergründe und Motive, nicht die Tatsachen selbst", lautet die Auffassung von Michael Stoschek. Er ist überzeugt, dass sein Großvater 1933 in die NSDAP eintrat, um die Familie und das Unternehmen zu schützen. "Ich hätte genauso gehandelt." Brose sei unter besonderer Beobachtung des Coburger Oberbürgermeisters Franz Schwede gestanden, dem ersten Nazi-Oberbürgermeister in einer deutschen Stadt überhaupt.

Stoschek zufolge war die Familie Brose alles andere als linientreu: Der Schwiegersohn, Stoscheks Vater, sei "bekennender Linkssozialist" gewesen, die Tante, damals Journalistin, weigerte sich, an Schulungen der "Reichspressekommission" teilzunehmen, Stoscheks Mutter, wie ihr Mann am Theater, pflegte Umgang mit Freunden und Kollegen jüdischer Abstammung. Max Brose sei als einziger in der Familie der Partei beigetreten, betonte Stoschek. Durch die Produktion von Wehrmachtskanistern habe Brose zunächst 200 Männer vorm Fronteinsatz im Krieg bewahren können. Als diese doch abgezogen und durch Zwangsarbeiter ersetzt wurden, wurden diese bei Brose "den Umständen entsprechend gut behandelt".

"Ich kämpfe um die Ehre meines Großvaters und Firmengründers", dem die Stadt Coburg und Stoscheks Familie viel zu verdanken hätten, sagte Stoschek. "Eine Rehabilitation ist für mich eine Frage des Anstands."

Einen Schritt zu dieser Rehabilitation will der Coburger Stadtrat in seiner Sitzung am nächsten Donnerstag tun. Es soll eine Art Resolution verabschiedet werden, die das Bedauern darüber ausdrückt, dass die Diskussion um den Straßennamen 2004 so verlief, dass Michael Stoschek den Eindruck gewinnen konnte, dass die Ehre seines Großvaters beschädigt werde. Das hatte Stoschek, seinerzeit noch geschäftsführender Gesellschafter, so sehr erbost, dass Brose seither keine Spenden für Coburger Vereine mehr gibt. Die Entscheidung, dass der Standort Bamberg ausgebaut werde und nicht Coburg oder Würzburg, habe mit den Vorgängen 2004 jedoch nichts zu tun, beteuerte der Vorsitzende der Brose-Gesellschafterversammlung. In Coburg sei schlicht kein Platz vorhanden gewesen, um zu erweitern.

Wie es nach dem Donnerstag weitergeht? "Wir werden unseren konstruktiven Dialog fortsetzen", sagt OB Tessmer. Eine Max-Brose-Straße sei derzeit jedenfalls kein Thema.