Um die Friedrich-Baur-Preise 2014 zu vergeben, war die Bayerische Akademie der Schönen Künste München nach Coburg gereist.
Unmittelbarer Bezug zu Coburg war nicht zu erkennen bei diesem hochmögenden Akt am Mittwoch im Coburger Rathaussaal mit politischer und künstlerischer Prominenz. Doch ist die Verleihung der Friedrich-Baur-Preise 2014 durch die Bayerische Akademie der Schönen Künste so hoch im Norden ja wohl als Verneigung vor der Region zu nehmen, vielleicht auch einfach nur geboten angesichts der im Hintergrund knurrenden, von den handelnden Akteuren im Freistaat meist allerdings nur mehr oder weniger ernst genommenen Vorgabe, doch bittschön nicht immer alles nur in München stattfinden zu lassen. "Franken" sei gefälligst angemessen zu bedenken, weshalb die Akademie ja auch das Festival "Lied und Lyrik" hier oben abhält.
Künstler aus dem Outback? Dann sollen halt auch diese - wegen der Ehre und den damit verbundenen 10.000 Euro pro Person gerne genommenen - Preise an einem Ort aus jener
abgelegenen Gegend überreicht werden, für deren Künstler die Auszeichnungen bestimmt sind.
So nämlich haben es die Stifter verfügt. Friedrich Baur und seine Frau Kathi, Gründer des Baur-Versandes in Burgkunstadt, riefen die Friedrich-Baur-Stiftung 1953 ins Leben, um einerseits die Medizinische Fakultät der Ludwig-Maximilians-Universität München zu unterstützen, und zweitens die Baye rische Akademie der Schönen Künste in München. Die wiederum etablierte 1990, zum 100. Geburtstag von Friedrich Baur, eben jene zweijährig zu vergebenden Preise für Künstlerinnen und Künstler aus unserem spe ziellen Outback, dem nord- und ostbayerischen Raum.
Gerne hörte man also vor Ort von dem Präsidenten der Akademie, Michael Krüger, dass "es sich lohnt, nach Franken zu kommen", zumal man hier keinerlei qualitative Probleme habe, angemessene Preisträger zu finden.
- Das ist schön. Mit "hier" ist jetzt aber auch Nürnberg und so weiter gemeint. Nürnberg ist von München aus gesehen Nordbayern.
Oberbürgermeister und Kulturreferent Norbert Tessmer - musste er ein bisschen schmunzeln? - zählte eher nebenbei so ein kleines bisschen von denen auf, die in Coburg oder von Coburg aus wirkten über die Jahrhunderte hinweg. Er hätte noch lange weiter machen können. Aber bittschön, hatte nicht auch Krüger gleich anfangs bemerkt, dass wir hier schon schreiben konnten und einen Jean Paul hatten, als es in München noch gar keinen Schriftsteller gab. Gar keinen.
Wirkungsvolle Künstler Jetzt aber Schluss mit derlei Süffisanterien. Wir sind doch ein Freistaat! Ein Volk! Obwohl, das gehört nun doch in einen anderen Film.
Der könnte aber immerhin von einem der Preisträger stammen, dem in Nürnberg geborenen Dokumentarfilmer und Direktor der Filmakademie Baden-Württemberg, Thomas Schadt. Der sorgte eben erst wieder für Nachdenklichkeit mit seinem Doku-Drama "Der Rücktritt" über unseren unglücklichen Bundespräsidenten Christian Wulff.
Und außerdem, so wurde diese Woche gemeldet, wird er nächstes Jahr für einen Neubeginn bei den Nibelungen-Festspielen in Worms mitsorgen, wo er künstlerischer Leiter ist, dann aber auch selbst Regie führen wird: bei dem extra für Worms verfassten Stück "Gemetzel" von Albert Ostermaier. Schadt hat aber versprochen, kein selbiges zu veranstalten. So einer ist er nämlich, ein ausgesprochen Differenzierter, wie sein Laudator Herbert Meyerhöfer, Gymnasialdirektor in Fürth und einstmaliger Lehrer von Schadt, bestätigte.
Den im Bereich Darstellende Kunst Ausgezeichneten, Thomas Schmauser, charakterisierte der Intendant der Münchner Kammerspiele, Johan Simons, als einen, bei dem es auf der Bühne in jedem Moment um alles gehe, als einen "Jockey, der das Unbeherrschbare beherrscht". Na, Mensch.
Die Masse kennt Schmauser aus zahlreichen Fernsehfilmen. Im Coburger Rathaussaal wurde ein Stücklein aus dem Franken-Krimi "Der Bamberger Reiter" gezeigt, wo Schmauser und einige andere tatsächlich fränkisch sprechen. (Für die Bayern is' es ja normol, überall und bei jeder Gelegenheit Bayrisch zu sprechen. Die Franken sind nicht mit solchem Selbstbewusstsein gesegnet. Vielleicht können die Bayern ja aber auch gar nicht anersch.)
Kommen wir zur Musik: Da erklang vom Band in klarstem Sound das Regensburger A-cappella-Ensemble Singer Pur, das tief zu Herzen gehend von den zwei Königskindern sang.
Diese auch mit dem Echo Klassik mehrfach ausgezeichnete Formation hier mal live zu hören, das wäre ja schön. Den Preis entgegen nahm einer der Tenöre, Markus Zapp, nachdem die Truppe von dem Rezitator und Musiker Michael Herrschel seinerseits heftig besungen worden war.
Ein "dreischläfriges Bett" Literarisch war die Wahl in diesem Jahr auf die Erlanger Autorin Ursula Naumann gefallen, die unter anderem profunde und sensible Werke rund um die Weimarer Klassik, vor allem mit den dort verstrickten Frauen im Mittelpunkt, geschrieben hat. Sie zu ehren, war der Publizist Friedrich Dieckmann aus Berlin angereist.
Naumann las als Dank ein Geschichtlein zu der delikaten Dreierbeziehung eines thüringischen Grafen von Gleichem. Da ging es auch um ein "dreischläfriges Bett". Wo wir schon froh wären, Bayern und Franken ohne Beißereien in ein "zweischläfriges" zu bringen.
Für sein Lebenswerk geehrt wurde der frühere Direktor der Kunsthalle Nürnberg, Lucius Grisebach, der die Planungen zum Neuen Museum für Kunst und Design endlich vorangebracht hatte und dann Gründungsdirektor war (1997 bis 2007). Was er für die sinnfällige Präsentation der zeitgenössischen Kunst getan hat, zeigte in Coburg Gabriele Knapstein, Kuratorin am "Hamburger Bahnhof" in Berlin auf.
Mitverleihend trat übrigens der mittlerweile 70-jährige Georg von Waldenfels auf, Vorsitzender Kurator der Friedrich-Baur-Stiftung und früherer bayerischer Finanzminister. Im Publikum befanden sich auch Bezirkstagspräsident Günther Denzler, Regierungspräsident Wilhelm Wenning und der frühere Bundesminister Hans-Peter Friedrich. Allzu viele Coburger selbst waren es nicht, die etwas mit diesem Akt anzufangen wussten.
Ursula Naumann, 1945 in Görlitz geboren, promovierte in Erlangen über Jean Paul 1976. Sie lebt als freie Autorin in Baiersdorf. Naumann hat unter anderem Bücher über Charlotte von Kalb, "Schiller, Lotte und Line. Eine klassische Dreiecksgeschichte" und die Beziehung zwischen der Malerin Angelica Kauffmann und Goethe geschrieben.
Lucius Grisebach, 1942 in Marburg geboren, war von 1974 bis 1988 Kustos an der Neuen Nationalgalerie Berlin. 1988 wurde er Direktor der Kunsthalle Nürnberg und 1997 Gründungsdirektor des Neuen Museums Nürnberg. 2007 ging er in den Ruhestand. Er lebt als freiberuflicher Kunsthistoriker in der Nähe von Zürich.
Grisebachs Interesse gilt vor allem dem deutschen Expressionismus und der Kunst der Gegenwart.
Thomas Schadt, geboren 1957 in Nürnberg, gründete 1983 die Filmproduk tionsfirma Odyssee und ist seitdem als Dokumentarfilmer, Fotograf, Kameramann, Buchautor und Hochschullehrer tätig. Er erhielt unter anderem den Adolf-Grimme-Preis und den Deutschen Fernsehpreis . Seit 2005 ist er künstlerischer Direktor an der Filmakademie Baden-Württemberg.
Thomas Schmauser, 1972 in Burgebrach geboren, studierte dann an der Otto-Falckenberg-Schule und war bereits zu dieser Zeit in den Kammerspielen München zu sehen. Er hatte unter anderem Engagements am Niedersächsischen Staatstheater Hannover und dem Thalia Theater in Hamburg. Seit 2007 gehört er zum Ensemble der Münchner Kammerspiele.
Singer Pur wurde 1992 von ehemaligen Regensburger Domspatzen gegründet; später kam eine Sopranistin hinzu. Inzwischen zählt das Sextett zu den herausragenden A-cappella-Formationen weltweit mit Gastspielen in über 50 Ländern. Dem Ensemble gehören derzeit Claudia Reinhard, Sopran, Klaus Wenk, Markus Zapp und Manuel Warwitz, Tenöre, Reiner Schneider-Waterberg, Bariton, und Marcus Schmidl, Bass, an. Das Repertoire reicht vom Mittelalter über Renaissance, Kla