Generalmusikdirektor Roland Kluttig hat noch viele Pläne für das Landestheater.
Das Konzert-Programm des Landestheaters in der nächsten Saison ist so umfangreich wie selten zuvor. Zugleich bietet es manche Neuerungen und besondere Akzente. Welche das sind, erläutert Roland Kluttig im Interview.
Ein reines Brahms-Programm in der gerade zu Ende gehenden Saison, ganz prominent zum Auftakt "Brahms pur" in der kommenden Saison: Sind Sie ein Brahms-Fan?
Roland Kluttig: Das hat sich eigentlich deshalb ergeben, weil wir Brahms in den Jahren zuvor längere Zeit nicht gespielt hatten. Ich liebe Brahms außerordentlich, ich werde aber auch auf der Straße immer wieder auf Brahms angesprochen. Brahms scheint ein Lieblingskomponist der Coburger zu sein. Und das Orchester kann bei Brahms unheimlich viel lernen. Gerade die dritte Sinfonie ist eine der schwersten für das Orchester.
Speziell der Kopfsatz ist der komplizierteste Brahms-Satz überhaupt.
Wie stehen Sie zu Schönbergs Diktum "Brahms, der Fortschrittliche"?
Eigentlich ist es erstaunlich, dass man diesen Aspekt noch betonen muss. Damals war das eine notwendige Richtigstellung, weil es eine große Fehleinschätzung seines Schaffens gab. Gerade unter dem Aspekt der Struktur ist Brahms fortschrittlich. Seine "Vierte" ist geradezu die Inkarnation der Struktur, sie ist ganz und gar ausgewogen und trotzdem ganz persönlich.
Welche generelle Linien verfolgen Sie in der nächsten Saison in der Werkauswahl?
Das hat oft auch mit äußeren Faktoren zu tun.
Weil wir in der nächsten Saison mit Wagners "Parsifal" und dem "Schlauen Füchslein" von Janácek zwei sehr groß besetzte Opern im Programm haben, konzentrieren wir uns bei den Sinfoniekonzerten auf Werke des klassisch-romantischen Kanons.
Im nächsten Jahr gibt es als Beitrag zum Reformations-Jubiläum die Reformations-Sinfonie von Felix Mendelssohn Bartholdy. Ein konkurrenzloses Werk zum Thema Reformation?
Um ehrlich zu sein: Ich finde das Werk problematisch, auch der Komponist hat es als problematisch gesehen. Mit Blick auf das Reformationsjubiläum habe ich mir diese Sinfonie nochmal gründlich angehört und habe dann überrascht festgestellt, dass ich das collageartige Element doch interessanter fand, als ich gedacht hatte. Der 8. Mai, an dem wir diese Sinfonie spielen, ist dann auch der Tag, an dem die Landesausstellung in
Coburg eröffnet wird. Und gleichzeitig ist der 8.
Mai der Jahrestag des Kriegsendes in Deutschland. Zu diesem Kontext habe ich versucht, ein Programm zu entwickeln, dass den protestantischen Optimismus, den Mendelssohn beschwört, ein wenig hinterfragt, ohne die Reformations-Sinfonie zu dekonstruieren. Dazu habe ich ein frühes Werk von Karl Amadeus Hartmann ausgewählt - "Miserae", das er zur Zeit der Machtergreifung der Nazis begonnen hat. Hartmann hat damals zwar nicht das Land verlassen, ist aber in die innere Emigration gegangen. Das beschreibt dieses Stück sehr eindringlich. Frank Martins Monologe zu "Jedermann" sind 1944 entstanden und reflektieren ebenfalls die damalige Zeit.
Scherzo lautet das Motto beim 5. Sinfoniekonzert mit Haydn, Ravel und Strawinsky: Was verbindet diesen Komponisten-Dreiklang? Was hat den Ausschlag gegeben gerade für die beiden Haydn-Sinfonien Nr. 8 und Nr. 83?
Tatsächlich das Thema Scherzo.
Haydns Sinfonien sind alle voller Humor. Das gilt besonders für die Sinfonie "La Poule" mit dem Gackern eine Henne. Die frühe Sinfonie "Le soir" ist sehr naturalistisch. Ravels Klavierkonzert in der Mitte schlägt dann die Brücke zum Jazz und stellt virtuose Anforderungen an viele Soloinstrumente des Orchesters. Der Wunsch, Haydn-Sinfonien zu spielen, ist wiederholt aus dem Orchester an mich herangetragen worden, nachdem ich in meinen Coburger Sinfoniekonzerten bislang nur eine einzige Haydn-Sinfonie dirigiert habe. Die abschließenden zwei Suiten für kleines Orchester von Igor Strawinsky sind ebenfalls Musterbeispiele des Humors in der Musik.
Die Rubrik "Concert for Kids" wird in der neuen Saison ausgeweitet. Was ist das Anlass dazu?
Diese Reihe erfreut sich größter Beliebtheit. Unser Solorepetitor Dominik Tremel macht hier eine wirklich fantastische Arbeit.
Ich bin sehr glücklich, wie er gemeinsam mit Musikern des Orchesters und unserer Theaterpädagogin Luca Pauer diese Programme gestaltet. Ich bin auch sehr glücklich, dass wir in diesem Bereich eine Kontinuität haben.
"Philharmonie goes Tango" lautet das Motto eines Sonderkonzert am 22. Oktober: Was war der Auslöser für dieses Crossover-Projekt?
Wir wollen eine Reihe installieren, in der wir mit Musikern anderer Genres zusammenarbeiten. Bei "Philharmonie goes Tango" sind dies zwei Tango-Musiker, die unser Solo-Kontrabassist Dietmar Engels aus gemeinsamen Konzerten sehr gut kennt. Für die Zukunft kann ich mir auch die Zusammenarbeit mit Musikern aus dem Bereich Jazz gut vorstellen. So etwas läuft dann ja oft unter dem Begriff "Crossover". Dabei ist eigentlich nur die Frage, ob es gute oder schlechte Musik ist.
Sie sprechen von Kontinuität bei den Kinderkonzerten.
Da drängt sich natürlich die Frage auf: Wie sieht es mit Kontinuität auf der Position des Generalmusikdirektors aus, wenn Intendant Bodo Busse im Sommer 2017 vorzeitig geht? In diesem Zusammenhang wird von einer Direktoriumslösung gesprochen, bei der naheliegenderweise auch Ihr Name fällt. Wie stellt sich die Situation aus Ihrer Sicht dar?
Es gibt noch nichts Schriftliches. Die nächste Saison bin ich sowieso hier. Und ich denke auch über diese Saison hinaus nach. Es hat sich in der allerjüngsten Zeit sehr Vieles enorm verbessert am Hause - von den Arbeitsbedingungen für das Orchester bis zur personellen Zusammensetzung, so dass ich es interessant finde, noch länger in Coburg zu sein.
Blick in den Konzert-Kalender Landestheater Coburg in der Saison 2016/2017
24.
September Konzert zur Saisoneröffnung - "Brahms pur" - Landestheater
26. September 1. Sinfoniekonzert - "Brahms pur" - Landestheater
1., 2. Oktober Concert for Kids I "Die Königin der Farben", Leitung: Dominik Tremel - Spiegelsaal Landestheater
22. Oktober Sonderkonzert "Philharmonic goes Tango" - Werke von Astor Piazzolla, Juan Cuacci, Marcelo Mercadante - Juan Cuacci (Klavier), Marcelo Mercadante (Bandoneon), Chor des Landestheaters, Leitung: Juan Cuacci
5. November Concert for Kids II "Mozart will zum Broadway", Leitung: Dominik Tremel
14. November 2. Sinfoniekonzert - Werke von Robert Schumann, Hugo Wolf, Franz Schubert; Verena Usemann (Mezzosopran), Felix Rathgeber (Bass), Leitung: Alexander Merzyn - Landestheater
15.
November Sonderkonzert - Werke von Robert Schumann, Hugo Wolf, Franz Schubert; Verena Usemann (Mezzosopran), Felix Rathgeber (Bass), Leitung: Alexander Merzyn - Gesellschaftshaus Sonneberg
29. November/6. Dezember Concert for Kids III "Im Reich von König Frost", Leitung: Dominik Tremel
19. Dezember 3. Sinfoniekonzert - Werke von Vivaldi, Porpora, Locatelli, Respighi; Sergey Malov (Violine, Violoncello della Spalla), Chor des Landestheaters, Leitung: Sergey Malov, Lorenzo Da Rio - Landestheater
6. Januar Neujahrskonzert "Strauß in Böhmen" - Gesangssolisten des Landestheaters; Kongresshaus
14. Januar Concertino I - Tschaikowsky - Landestheater
16. Januar4.
Sinfoniekonzert - Werke von Tschaikowsky, Prokofjew, Hyeyoon Park (Violine) - Landestheater
3.,5., 7. Februar Concert for Kids IV "Das musikalische Nashorn", Leitung Dominik Tremel - Theater in der Reithalle
18. Februar Concert for Kids V "Compose Janácek" - Landestheater
4. März Concertino II - Haydn - Kongresshaus
6. März 5. Sinfoniekonzert - Werke von Haydn, Ravel, Strawinsky; Frank Dupree (Klavier) - Kongresshaus
6. Mai Concertino III - Felix Mendelssohn Bartholdy, Karl Amadeus Hartmann - Landestheater
8. Mai 6. Sinfoniekonzert - Werke von Mendelssohn Bartholdy, Karl Amadeus Hartmann, Frank Martin; Peter Schöne (Bariton) - Landestheater
14., 16.
Mai Concert for Kids I "Die Königin der Farben", Leitung: Dominik Tremel - Spiegelsaal Landestheater
10. Juni Konzert zum Saisonabschluss - Werke von Gerhard Deutschmann, Antonin Dvorák, Béla Bartok; Norbert Anger (Violoncello)
12. Juni 7. Sinfoniekonzert - Werke von Gerhard Deutschmann, Antonin Dvorák, Béla Bartok; Norbert Anger (Violoncello) - Landestheater
17.,24. Juni Concert for Kids VI "Paddington Bär", Gesangssolisten, Musik des Philharmonischen Orchesters, Schüler Coburger Schulen - Landestheater
1. Juli Klassik-Open-Air - Rosengarten (Programm wird noch bekanntgegeben)
Dirigent Wenn nicht anders vermerkt, steht jeweils Coburgs Generalmusikdirektor Roland Kluttig am Pult.