Es war Pension, Altenheim und Unterkunft für Asylbewerber, jetzt steht das einstige "Waldhaus" in Neukirchen seit Jahren leer.
"Zu verkaufen" steht in großen roten Buchstaben auf einem Transparent, das quer über die Zufahrt gespannt wurde. Was da in
Neukirchen zum Verkauf steht, ist zurzeit noch recht verborgen hinter buntem Laub der Bäume zu entdecken. Doch auch die Dornröschenkulisse lässt ahnen, dass es kein gewöhnliches Gebäude ist, das hier einen Liebhaber sucht. Mit seiner Dachform und den kleinen Balkonen könnte das eindrucksvolle Haus gut in den schweizer Alpen stehen. Dabei wurde es für Leute geschaffen, die zur "Sommerfrische" ins Coburger Land kamen.
Lautertals Bürgermeister Sebastian Straubel (CSU) blättert in seinen Unterlagen. "Es wurde 1913 und 14 gebaut", sagt er und zeigt die alten Baupläne. Der Beginn einer wechselvollen Geschichte. Erholungsheim, Hotel, später Kreisaltersheim des Landkreises Coburg, schließlich Unterkunft für Asylbewerber in den 80er Jahren war das Haus.
Ein Jahrzehnt Leerstand
"Seit 2005 steht es nun ganz leer", ergänzt Elke Rothenbucher. Die Rechtsanwältin vertritt einen der beiden Eigentümer. Er lebt in den USA und kann daher nicht zum Ortstermin mit dem Bürgermeister kommen. Der zweite Miteigentümer des Gebäudes ist Thomas Lehnebach. Er lebt im Landkreis Haßberge und schaut hin und wieder nach dem Rechten in Neukirchen. Nur zu gern würde auch er das Gebäude wieder mit Leben erfüllt sehen, wünschte sich einen Käufer, der es aus seinem Dornröschenschlaf erweckt.
Es gibt immer wieder Interessenten. Doch ein Gebäude wie dieses von Grund auf zu sanieren, ist keine Kleinigkeit. Es geht um nicht weniger als 777 Quadratmeter Wohnfläche (ohne Dachgeschoss), eine überdachte Freifläche von 128 und einen Keller mit 253 Quadratmetern, die zum Teil auf ein Doppelgewölbe unter dem Bauwerk entfallen. Möglich ist es sicher, alten Glanz wieder erstrahlen zu lassen und neue Gäste zur Sommerfrische ins Lautertal zu locken. Doch der Liebhaber, der dafür gefunden werden müsste, sollte schon ein sehr gut betuchter Liebhaber sein.
Hoffnung der Gemeinde
"Der Gemeinde ist schon sehr daran gelegen, dass bald eine Lösung für das Gebäude gefunden wird", betont Sebastian Straubel. Schließlich werde die Substanz mit jedem Jahr Leerstand schlechter. Noch ließe sich etwas aus dem Haus machen, ist Straubel überzeugt: "Wann wenn nicht jetzt", sagt er und schaut hinauf zur bunt überwucherten Gebäudefront, als sähe er schon wieder Gäste mit Taschen und Koffern vor dem Haupteingang stehen.
Doch es ist eine Weile her, dass Prospekte für die "Sommerfrische und Pension Waldhaus" warben. Wer damals "im schönen Lautergrund, 15 Minuten vom Bahnhof Tiefenlauter der Werrabahn" Erholung buchte, der konnte für einen Pensionspreis von vier Mark pro Person schon etwas erwarten. "Modern eingerichtet, Bäder im Hause, Elektrisches Licht, Zentralheizung, W.Cl." heißt es in der Reklame. "Küche und Keller erfreuen sich wegen ihrer Güte eines sehr guten Rufes", wird versichert. Eine wichtige Information, gehören doch neben einem Frühstück auch ein Mittagessen mit Suppe, zwei Fleischgängen, Gemüse, Kompott und Salat, Kaffee am Nachmittag und ein Abendessen nach Karte zum Paket für vier Mark dazu.
Alte Ziele neu entdecken
Als Ausflugsziele lockten unter anderem der Alexandrinenturm auf der Sennigshöhe, die Wasserfälle von Weißenbrunn, Rosenau, Veste Coburg (zwölf Minuten mit der Bahn) die Ruinen Schaumburg und Lauterburg oder Schloss Callenberg. Die Bahn gibt es nicht mehr. Dafür aber einen Bus. Der Alexandrinenturm ist verschwunden, aber zumindest zeitweise gibt es Bewirtung auf der Alexandrinenhütte. Doch Gäste könnten heute wieder viele Ausflüge unternehmen, die über Jahrzehnte durch eine tödliche Grenze verhindert wurden.
Eine Pension Waldhaus wird es wohl nicht mehr werden. Doch sehr schön gelegene Wohnungen könnte sich Sebastian Straubel ebenso vorstellen wie Elke Rothenbucher und Thomas Lehnebach, der mit ein wenig Wehmut durch die Räume führt. "Hier war das Büro der Heimaufsicht, als es Asylbewerberheim war", erzählt er. Er führt in die Küche, den alten Speisesaal und hinauf zu den Zimmern, von wo der Blick zum Skilift heute von Laub etwas verdeckt wird. "Hier waren auch die Zimmer von den Ordensschwestern, die haben damals hier mit gewohnt, als es Altenheim war", sagt er. Zimmer elf, zwölf, 14 - dazwischen gibt es auch einen Raum, doch an der Tür ist keine Zahl. Aberglaube? Oder einfach abgefallen? Wer weiß.
Option Abriss
Es ist ein Haus mit Geschichte. Und Geschichten gäbe es viele zu erzählen aus der Zeit, als hier gelebt und gearbeitet wurde. Ob es eine Geschichte gibt, die in der Zukunft spielt, muss sich zeigen. Eigentümer und Gemeinde können sich aber auch gut vorstellen, die Geschichte "Pension Waldhaus" zu einem - wenn auch traurigen - Ende zu bringen. "Es kommt auch ein Abriss infrage und ein Neubau, schließlich ist es ja ein tolles Grundstück", sagt Elke Rothenbucher. Unter Denkmalschutz steht das Gebäude nicht. Tatsächlich gehört einiges mehr an Land dazu, als der Bereich, auf dem das eindrucksvolle Gebäude steht. Über 6000 Quadratmeter sind es, die sich auf den Hügel hinter dem Haus erstrecken. Teilweise ist das Gelände mit altem Baumbestand bewachsen.
Gute Anbindung
Ein Stück Bauland "einerseits gut angebunden durch die nahe Autobahn, andererseits auf dem Land und mitten in der Natur", schwärmt Sebastian Straubel. Er hofft, nun möglichst bald einen Interessenten zu finden, der sich für das einstige Schmuckstück begeistern kann - oder es beseitigt. Denn: "So kann es ja nicht ewig bleiben."
Kontakt
Interessenten können sich an die Gemeinde Lautertal wenden. Telefonnummer: 09561/86200 oder E-Mail: gemeinde.lautertal.ofr@t-online.de.