Wie die Gesellschaft der Musikfreunde Coburg in schwierigen Corona-Zeiten dennoch ein anspruchsvolles und stilistisch abwechslungsreiches Konzertprogramm anbieten kann.
In Corona-Zeiten haben nicht nur Künstler, sondern auch Konzertveranstalter besonders zu kämpfen. Auftritte mussten kurzfristig abgesagt oder auf unbestimmte Zeit verschoben werden. Das gilt auch für die traditionsreiche Gesellschaft der Musikfreunde Coburg, die in der vergangenen Saison fünf Konzerte verschieben musste. Viele Ungewissheiten zwingen auch jetzt noch zum Planen unter Vorbehalt. Wie er dennoch ein vielseitiges Programm zumindest bis zum Jahresende organisiert hat, verrät Musikfreunde-Musikvorstand Joachim Rückert im Interview.
Die Corona-Krise hat die vergangene Saison abrupt und vorzeitig beendet. Wie haben die Mitglieder der Musikfreunde darauf reagiert?
Joachim Rückert: Mit Verständnis. Und ohne nennenswerte Abmeldungen. Den Mitgliedern soll ja durch den Wegfall von zwei Konzerten der "Gelben Reihe - Lust auf Klassik..." im Frühjahr 2020 kein Nachteil entstehen: Das gecancelte Bratschenrecital mit Zhuo Lu und Antonio Grimaldi wird 2021 als zusätzliches Konzert nachgeholt - natürlich kostenfrei für die Mitglieder. Außerdem darf jedes Mitglied in der kommenden Saison ein Konzert der "green line - Lust auf mehr..." gratis besuchen, sozusagen als Ausgleich für Entgangenes.
Wie haben sich die derzeitigen Einschränkungen und Auflagen auf die Planungen der neuen Saison konkret ausgewirkt?
Im März 2020 ist uns neben den zwei Absagen der Gelben Reihe und drei Absagen der green line leider auch die fertig existierende Gesamtplanung für 2020/21, also 14 Veranstaltungen, zusammengebrochen. Aufwendige Projekte , die ein volles Haus benötigen wie zum Beispiel ein Gastspiel der Berlin Comedian Harmonists mussten auf die Zeit ab Herbst 2021 verschoben werden. Von anderen, wie beispielsweise Los Masis aus Bolivien, kam eine Absage wegen dortiger Ausgangssperren. Die ursprüngliche Planung der green line ist also in stärkerem Maß von den Coronaeinschränkungen betroffen als die Gelbe Reihe, die wir durchziehen können, allerdings teilweise in anderen Räumen. Wir fahren deshalb "auf Sicht" und haben jetzt erst einmal anstatt der Jahresvorschau für die gesamte kommende Saison nur einen Folder aufgelegt, der sämtliche Konzerte - gelb und green - von September bis Weihnachten ankündigt.
Derzeit sind Abstandsregeln auch in Konzertsälen strikt einzuhalten. Was bedeutet das für die Musikfreunde bei der Wahl der Veranstaltungsräume? Wie viele Plätze sind in diesem Aspekt im Kongresshaus zugelassen?
Wie schon angedeutet: Bei der aktuell geltenden Gesetzeslage dürfen 200 Personen - mit Platzzuweisung und Registrierung - in geschlossenen Räumen platziert werden. Das kann im Festsaal des Kongresshauses - inclusive Empore - erfüllt werden. Wir können somit im Kongresshaus allen Mitgliedern einen sicheren Platz garantieren, die Gelbe Reihe dort durchziehen und zusätzlich noch einige Tickets im freien Verkauf anbieten. Die beliebten Konzerte in der Eingangshalle der HUK-Coburg mit dem edlen Steinway D Flügel mussten wir für 2020 alle wegen genereller Sperre des Saales für Veranstaltungen auslagern. Was konkret in der HUK 2021 stattfinden wird, kann man ab Dezember unserem Jahresprogramm Teil 2 entnehmen. Ich weiß es aktuell selbst noch nicht. Wesentlich dramatischer ist die green line durch die Abstandsregeln gehandicapt. Das Format lebt ja vom Flair besonderer kleiner Veranstaltungsräume und deren Intimität. Wie soll man in der Weinhandlung Oertel ein Konzert mit Weinverkostung durchführen, wenn dort im Normalfall ohne Corona 50 Plätze zur Verfügung stehen? Mit Abstandsregeln gilt ungefähr der Faktor: geteilt durch fünf. Also unwirtschaftlich und für Künstler wie Publikum und Veranstalter bei zehn zahlenden Zuhörern gewissermaßen sinnfrei. Solange sich hier nichts ändert, muss man andere Projekte planen, zum Beispiel Open Air wie jetzt im September im Amphitheater im Hofgarten oder das Wandelkonzert mit den Blechbläsern, das ja Corona im Mai zum Opfer fiel. Und für Shakespeare and more im Glasmuseum Rödental , verschoben von März auf November, können wir wohl 60 Karten anbieten.
Begrenzte Zuhörerplätze bedeuten begrenzte Einnahmen: Wie wirkt sich das bei den Gagen-Verhandlungen mit den Künstlern aus?
Gott sei Dank haben wir noch eine kleinere Rücklagenreserve, so dass wir nicht existenzbedroht mit dem Rücken zur Wand stehen. Aber generell ist hinsichtlich der Gagen für unsere Konzerte ja festzustellen, dass die Künstler für uns schon seit Jahren ganz erhebliche finanzielle Abstriche machen, weil sie die beschränkten Möglichkeiten eines kleinen Veranstalters fernab der Metropolen kennen. Aber dafür werden sie individuell betreut, auf Wunsch privat untergebracht und genießen somit ganz besondere Rahmenbedingungen, die sich in der Regel natürlich auch auf Motivation und Spielfreude in den Konzerten auswirkt. Insofern spielt Corona hinsichtlich der Gagen keine besondere Rolle.
Im Programm steht wieder das beliebte Weihnachtskonzert in St. Moriz, das für gewöhnlich bei freiem Eintritt Hunderte von Zuhörern anlockt. Wie soll dieses Konzert organisatorisch nach Corona-Regeln bewältigt werden?
Wenn es bei einer einzigen Veranstaltung am 4. Advent bleibt, heißt es nach aktueller Gesetzeslage: maximal 200 Zuhörer, verteilt auf die große Kirche. Aber vielleicht gerät ja hier auch noch etwas in Bewegung: das Landestheater überlegt ja auch, wie es seine Sinfoniekonzerte durch mehrmalige Aufführung allen Abonnenten im geschlossenen Raum zugänglich machen kann.
Welche Erfahrungen haben Sie generell unter diesen besonderen Vorzeichen bei den Gesprächen mit den Künstlern gemacht, denen Sie derzeit natürlich keine längerfristigen verbindlichen Zusagen machen können?
Alle für 2020 und 2021 vereinbarten Konzerte werden stattfinden, notfalls mit Terminverschiebung. Ausgehandelte Vertragsverpflichtungen bleiben - abgesehen vom Datum - bestehen. Die Künstler sind uns sehr dankbar dafür, dass wir ihren Auftritt nicht ersatzlos gestrichen haben. Und alle haben Verständnis dafür, wenn optionierte Projekte nach hinten geschoben werden müssen. Generell ist jeder Künstler, mit dem ich gesprochen habe, froh dafür, dass es jetzt überhaupt wieder losgeht mit den öffentlichen Auftritten. Klangkonserven oder medial versandte Auftritte können die Besonderheit eines lebendigen Liveauftritts nicht kompensieren.
Vorläufiger Konzert-Kalender der Gesellschaft der Musikfreunde Coburg
Gelbe Reihe
Montag, 12. Oktober - "Romantische Abgründe", Oberon-Trio; 19.30 Uhr, Kongresshaus Rosengarten Montag, 9. November - "Beethoven pur", Ingolf Turban (Violine), Mario Thinnes (Klavier); 19.30 Uhr, Kongresshaus Montag, 14. Dezember - "Finale furioso", Benjamin Moser (Klavier); 19.30 Uhr, Kongresshaus Sonntag, 20. Dezember - 68. Weihnachtskonzert mit dem Collegium Musicum Coburg, Leitung: Thomas Ehrle; 17 Uhr, Morizkirche (Eintritt frei).
Green Line
Samstag, 12. September - "Rise & Fall", Indierock mit Lion Lion; 18 Uhr, Amphitheater am Kunstverein (bei Regen eine Woche später) Donnerstag, 19. November -"Licht, Wort und Klang", Shakespeare and more mit Constanze Rückert und Elias Conrad; 19.30 Uhr, Europäisches Museum für Modernes Glas, Rödental Vorverkauf Tickets gibt es in der Buchhandlung Riemann in Coburg, Schüler und Studierende haben freien Eintritt.