Landrat Michael Busch ist überzeugt davon, dass die Kooperation mit Gemeinden aus dem Landkreis Sonneberg den Tourismus in der Region voran bringt - auch wenn es in Lichtenfels niemand so recht einsehen möchte.
Knatsch mit den Lichtenfelser Touristikern, Sorge um die Zukunft der "Therme Natur", ein taumelnder Wildpark Tambach - die Sommerzeit ist im breiten Feld der touristischen Aktivitäten für Landrat Michael Busch (SPD) momentan wahrlich keine einfache Zeit.
Im Interview macht der im März wiedergewählte Landrat klar, dass für die Zukunft der "Therme Natur" die entscheidenden Monate bevorstehen. Und er schenkt den Bad Rodachern reinen Wein ein, was den Betrieb einer möglichen Lückenschluss-Strecke von Coburg über Bad Rodach nach Hildburghausen betrifft.
Wie schaut beim Coburger Landrat das Programm für die Sommerferien aus?Michael Busch: Wir waren gerade erst vier Tage Wandern im Thüringer Wald. In der letzten August-Woche werde ich mit der ganzen Familie wieder durch das Coburger Land wandern. Da machen wir auch einen kurzen Abstecher nach Thüringen. Der Landkreis Lichtenfels wird dagegen nicht auf unserem Weg liegen (lacht).
Da sind wir schon beim ersten Thema: der touristischen Vermarktung der Region. Wie geht es weiter, wo die Lichtenfelser faktisch ihren Ausstieg aus der gemeinsamen Arbeit bekannt gegeben haben?Dann arbeiten wir halt mehr mit denen zusammen, die mit uns zusammen arbeiten wollen. Fakt ist, dass große Teile des Landkreises Sonneberg eine verstärkte Kooperation mit uns wünschen. Aber klar ist auch: Letztens Endes wird es in diesen Verhandlungen auch ums Geld gehen. Nächste Woche stehen Gespräche an - danach werden wir sehen, wie es weiter geht.
Können Sie die Bedenken der Lichtenfelser Touristiker verstehen, denen "Vom Rennsteig bis zum Main" zu weit in Richtung Norden geht?Für mich ist diese Einstellung unverständlich. Von Lichtenfels aus bin ich in nicht einmal einer halben Stunde im Thüringer Wald, einer Wintersport-Destination, die wir und die Lichtenfelser nicht zu bieten haben. Und wenn ich die Beschilderung des Thüringer Waldes für Wanderer sehe: Da werden wir noch lange brauchen, bis wir da hin kommen. Deshalb tut uns diese Kooperation gut. Und sie hätte auch den Lichtenfelsern gut getan.
Ein Sorgenkind der Touristiker im Coburger Land ist die "Therme Natur" in Bad Rodach. Dabei schien mit dem neu gegründeten Zweckverband mit Beteiligung der Stadt Coburg die Zukunft des einzigen Thermalbades im Landkreis doch gesichert...Die Therme ist eine große Baustelle, ohne Zweifel. Auch mir persönlich ist im Zweckverband in den vergangenen anderthalb Jahren viel zu wenig passiert. Wir müssen einsehen, dass der Zweckverband mit der in der Satzung verankerten Deckelung der Beteiligung und der Ausstiegsklausel für die Stadt nicht funktioniert. Außerdem muss die Politik raus aus der Therme, wir dürfen mit dem operativen Geschäft nichts zu tun haben.
Könnte der Rückzug der Politik dazu führen, dass private Partner bei der Therme einsteigen?In der jetzigen Situation der Therme darf es keine Denkverbote geben. Wir haben auch schon mit Partnern aus der Privatwirtschaft gesprochen. Ob dieser Weg gelingt? Das kann ich derzeit noch nicht sagen! Aber es gibt Konstellationen, in denen ich mir eine Zusammenarbeit mit privaten Partnern vorstellen kann.
Wo soll Ihrer Ansicht nach der künftige Weg der "Therme Natur" hingehen?Jede Therme, die erfolgreich sein will, braucht ein Alleinstellungsmerkmal. Derzeit haben wir die Situation, dass viele Besucher in die Therme nach Bad Rodach kommen, weil diese nicht so überlaufen ist. Aber sind wir mal ehrlich: wenig Gäste und Geld verdienen - diese zwei Aspekte schließen sich aus. Die Verbindung mit dem Begriff "Natur" trifft zwar zu - aber welche der Thermen, die mit Bad Rodach in Konkurrenz stehen, liegt denn nicht schön in der Natur? Also - wir brauchen einen guten Grund, warum der Gast nach Bad Rodach kommen muss!
Wie sind der Landkreis, die Stadt Coburg und die Stadt Bad Rodach gefordert, wenn die "Therme Natur" vorangebracht werden soll?Wir werden nicht drum herum kommen, dafür Geld in die Hand zu nehmen und zu investieren. Wenn die Betriebsleitung der Therme kein Geld zur Verfügung hat, dann kann sie auch nichts bewegen. Aber: Wir müssen wissen, wo der Weg hingehen soll. Dabei schließe ich nicht aus, dass der Landkreis künftig mehr Geld für die Therme bezahlen muss. In Richtung der Stadt Coburg sage ich aber auch: Wir haben alle die Zahlen und wir wissen sehr wohl, dass die Stadt erheblich von dieser Einrichtung profitiert.
Und was passiert, wenn sich für die "Therme Natur" in Bad Rodach kein zukunftsträchtiges Konzept finden lässt?Dann würde das Coburger Land einen ihrer Leuchttürme, was die Gesundheitsregion und den gesamten Tourismus angeht, verlieren. Deshalb darf das nicht passieren.
Irgendwie scheinen sich in diesem Sommer besonders viele Probleme um den Bereich "Tourismus" zu drehen... Sollte der Tambacher Wildpark wirklich Ende des Jahres geschlossen werden, würde der Landkreis noch einen dieser "Leuchttürme" verlieren. Ist der Wildpark noch zu retten?Wir haben erst vor kurzem ein zweieinhalb Stunden langes Gespräch mit der Gräfin geführt und ihr dabei viele Möglichkeiten aufgezeigt. Mir gefällt die Idee, einen Förderverein zu gründen. Der Landkreis wäre da sicher bei der Gründung des Vereines behilflich, auch ich persönlich würde mich da mit engagieren. Klar ist aber auch: Es wird keinen finanziellen Zuschuss für die Betriebsführung geben. Aber es gibt andere Möglichkeiten, insbesondere dann, wenn in Tambach konkrete Projekte umgesetzt werden.
Im sozialen Netzwerk "Facebook" überschlagen sich vermeintliche Fans des Wildparks ja schier mit ihren unterstützenden Kommentaren. Aber reicht ein "Daumen hoch" im Internetforum, um dem Wildpark zu helfen?Ich bin überzeugt davon, dass einige der Nutzer von Facebook dabei sind, die es wirklich ernst meinen. Ich kenne einige persönlich; ich glaube, die würden sich engagieren. Wenn sich nur 1000 dieser 12 000 Fans mit 30 Euro pro Jahr an einem Förderverein beteiligen würden, dann hätten wir einiges erreicht.
Sie sind auch Vorsitzender im Verein "Deutsche Spielzeugstraße". Mal frech gefragt: Was macht der eigentlich?Das Engagement des Vereins bei uns in der Region ist okay, aber insgesamt - da bin auch ich dieser Meinung - dümpelt mir der Verein ein bisschen zu sehr vor sich hin. Deshalb habe ich mich auch als Vorsitzender zur Verfügung gestellt. Wir brauchen hier die Hilfe von Touristikern, die Produkte entwickeln, die wir über die Spielzeugstraße vermarkten können. Dazu ist es wichtig, Leitbetriebe mit ins Boot zu holen. Ich denke da zum Beispiel an Playmobil, Haba oder Pico, die sich mit Ideen und Veranstaltung beteiligen könnten. Wenn die mit dabei sind, können wir mit der Spielzeugstraße auch besser werben. Der Nürnberger Oberbürgermeister Ulrich Maly sowie der Erfurter Oberbürgermeister Andreas Bausewein haben mir versprochen, künftig mit im Vorstand der Spielzeugstraße mitzuarbeiten. Das freut mich, denn diese bekannten Persönlichkeiten können viele Türen öffnen.
Ein letztes Thema noch, das nur am Rande mit dem Tourismus zu tun hat: der Bahn-Lückenschluss Richtung Thüringen. Hat es sie überrascht, dass IHK-Präsident Friedrich Herdan auf die Linie des Landkreises umgeschwenkt ist und sich nun eine neue Trasse über Bad Rodach vorstellen kann?Ich finde es einfach gut, dass die IHK diesen Weg mit geht. Ich glaube, in diesem Fall hat sich meine Hartnäckigkeit ein bisschen bezahlt gemacht. Wir vom Landkreis haben immer gesagt: "Lückenschluss ja - aber nicht durch das Lautertal!" Wenn wir uns alle für eine Trasse aussprechen, dann haben wir eine große Wahrscheinlichkeit, dass die Trasse in den Bundesverkehrswegeplan aufgenommen wird. Wobei das noch lange nicht heißt, dass die Strecke dann umgehend gebaut wird. Aber wissen Sie, was wichtig am Wort "Bundesverkehrswegeplan" ist?
Nein! Aber Sie werden es uns doch sicher verraten?Bundesverkehrswegeplan heißt, dass der Bund die Finanzierung der Strecke übernimmt. Und der Bund baut nur Fernstrecken und Strecken für den Güterverkehr. Deshalb müssen wir schon so ehrlich sein und den Bad Rodachern von vornherein sagen: Dass an diesem Lückenschluss irgendwann einmal Güterverkehr mit dranhängen wird, ist klar wie Kloßbrühe!
Das Gespräch führte
Berthold Köhler