Kunstverein Coburg: Unter mächtigen Blüten

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Blätter in riesigem Format. Andrea Küsters übermächtige Blumendarstellungen im Coburger Kunstverein.Carolin Herrmann
Blätter in riesigem Format. Andrea Küsters  übermächtige Blumendarstellungen im Coburger Kunstverein.Carolin Herrmann
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 

Andrea Küsters riesige Blumen-Ölgemälde im Coburger Kunstverein zerren aus unserer Zeit. Dazwischen die Landschaft.

Blumen. Blüten. Gibt es nichts Brisanteres in unserer Zeit? - Sieht man die riesigen Gemälde von Andrea Küster im Coburger Kunstverein, muss man feststellen: Diese Blumengemälde haben ihre Berechtigung (wenn es denn in der Kunst um Berechtigung ginge), erst recht heute. Man könnte sie sogar als Herausforderung, Provokation empfinden. Denn in ihrer übermächtigen Darstellung, in zwei Meter Höhe und Breite oder mehr, gewinnen sie eine Präsenz, mit der das Leben zuschlägt.

"Natura Morta", so der Titel der Ausstellung, als eigener Ausdruck in der Tradition des Stilllebens, der Darstellung von toten oder reglosen Dingen, bei der es von jeher mehr um Leben und Tod(sein) ging als um die Dinge an sich.

Das muss man nicht so sehen; man kann die Magnolien, die einzelne Lilie auf schwarzem Grund, die Gladiolen auch einfach als mit Öl auf Nessel, sehr feinem Baumwollgewebe, schön gemalt registrieren. Man könnte sie so abtun.

Doch wer ein bisschen in ihrer Aura bleibt - und schließlich ist der ganze obere Pavillon des Kunstvereines davon erfüllt - könnte spüren, wie der eigene Atem flacher wird, wenn man unter den riesigen Blütenblättern, den nach innen ziehenden Kelchen oder auch vor den verschlossenen Knospen steht. Und wie dann plötzlich der Atem tief in einen hineinzieht.

Verträumte Seligkeit ist das allerdings nicht, die sich da einstellt. Eher durchfährt den Betrachter ein Impuls zwischen Staunen und Erschrecken, Leben und Tod sind im selben Moment präsent in dieser übermächtigen Schönheit, in der zugleich Morbidität, Vergänglichkeit steht.

Und plötzlich die Totale

Die Farben sind oftmals kräftig und doch gedämpft. Immer neue Farbkombinationen verlaufen innerhalb der klar umrissenen Blätterkonturen. Es gibt Brechungen, Faltungen, die der weichen Schönheit wehren.

Andrea Küster geht durchaus auch in die expressionistische Richtung oder tupft mal impressionistisch. Immer ist da etwas lebendig Fleischliches, das nach einem greift.

Und, wie zur Rettung dann, wenige Landschaftsdarstellungen in der Totalen, unsere vertrauten Mittelgebirge mit spiegelndem See am Talgrund, mit merkwürdigem Leuchten an wenigen Stellen. Eine Winterlandschaft mit Lärchen, warm und nah und fern und kalt zugleich. So zerrt auch eine erschütternde Schneelandschaft mit Dorf zwischen Nähe und Ferne.

Kommt man dann am Ende des Saales in die Rotunde, mag man sich klein genug fühlen, um hinter die weiße Tulpe in den dunkelbraunen Grund zu kriechen, hinter das Blau der Iris, in eine Erd-lichkeit außerhalb von uns selbst. - Bräuchten wir nicht eben dieses Empfinden angesichts des uns drohenden endgültigen Zerwürfnisses zwischen der Menschheit und dem Planeten Erde?

Andrea Küster, geboren 1955 in Kiel, studierte an der Kunstakademie Düsseldorf und Münster. Verschiedene (Reise-)Stipendien ermöglichten ihr Erfahrungen auch außerhalb Deutschlands. Zahlreiche Ausstellungen in nationalem und internationalem Rahmen. Andrea Küster lebt in Düsseldorf.

Die Ausstellung Kunstverein Coburg - Andrea Küster: Natura Morta. Malerei. Eröffnung der Ausstellung mit Künstlergespräch am Samstag, 23. Februar, um 16 Uhr. Bis 22. April, täglich außer Montag von 14 bis 17 Uhr, Sonntag auch von 10 bis 12.30 Uhr.