König Arthus verzaubert das Landestheater Coburg

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König Arthus (Frederik Leberle, Mitte) kämpft am Landestheater Coburg. Fotos: Andrea Kremper
König Arthus (Frederik Leberle, Mitte) kämpft am Landestheater Coburg.   Fotos: Andrea Kremper
Der Zauberer Merlin (hier Harald Schröpfer) spielt in allen Arthus-Sagen eine maßgebliche Rolle. Im Ursprung mag die Gestalt auf einen keltischen Weisen, einen historischen Druiden zurückgehen.
Der Zauberer Merlin (hier Harald Schröpfer) spielt in allen Arthus-Sagen eine maßgebliche Rolle. Im Ursprung mag die Gestalt auf einen keltischen Weisen, einen historischen Druiden zurückgehen.
 
Täuschungen, Verführungen, Gefahren: Auf der Bühne des Landestheaters mit Ironie widergespiegelt, griff der Arthus-Mythos zu allen Zeiten auch tief in die existenziellen Befindlichkeiten des menschlichen Daseins. Eben daraus speist sich seine Jahrtausende überdauernde Faszination. Fotos: Andrea Kremper
Täuschungen, Verführungen, Gefahren: Auf der Bühne des Landestheaters mit Ironie widergespiegelt, griff der Arthus-Mythos zu allen Zeiten auch tief in die existenziellen Befindlichkeiten des menschlichen Daseins. Eben daraus speist sich seine Jahrtausende überdauernde Faszination.  Fotos: Andrea Kremper
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 

Der sagenhafte König Arthus wird gegenwärtig am Landestheater Coburg in einer traumhaften Inszenierung gefeiert. Literarisch hat der Riothamus der nachrömischen Zeit gerade auch in unseren Tagen zu einer Reihe von großartigen Romanen geführt.

Er wurde zu einer der größten literarischen Mythen der Welt: König Arthus, der Herrscher auf Camelot, von dem aus wiederum die Ritter seiner Tafelrunde auszogen zu ungeheuren Heldentaten. Unzählige Varianten der Geschichten leben seit dem frühen Mittelalter ihr fantasievolles Leben, beschäftigen nicht nur Dichter und seit hundert Jahren Filmemacher, sondern auch Mythenforscher, Historiker, Psychologen, Religionswissenschaftler. Alles Faktische an dieser traumhaften Figur ist äußerst vage und umstritten. Doch eines ist klar. König Arthus ist, wie wir heute sagen, eine zentrale Fantasy-Gestalt, aber weit mehr als eine der modischen, eher billigen Fantasy-Helden.

Am Landestheater Coburg ist derzeit eine bildhaft blühende Variante des Arthus-Mythos im musikalischen Gewand von Henry Purcell zu erleben, zauberhaft und gleichzeitig tiefgreifend menschlich-beziehungsreich in Szene gesetzt von Schauspielchef Matthias Straub.


Das Landestheater hatte zudem zu einem Vorlese-Abend eingeladen, bei dem ein bisschen von dem gigantischen Stoff angesprochen werden konnte, Geof frey von Monmouth (1100 - 1154), Sir Thomas Malory (um 1405 - 1471), denen wir die sagenhaften Ausdeutungen des Mittelalters verdanken.


Fassungen der Gegenwart

Lassen Sie uns bei dieser Gelegenheit noch ein bisschen schweifen in ihrerseits folgenreichen modernen Fassungen: "Die wunderbarste Nach-Erzählung der Sage um König Artus, die ich je gelesen habe", nannte Isaac Asimov, einer der bedeutendsten Science-Fiction-Schriftsteller, Marion Zimmer Bradleys tausendseitigen Roman "Die Nebel von Avalon". Der dürfte mit seinem Erscheinen 1982 seinerseits die größte Arthus-Renaissance - weltweit und aller Zeiten - ausgelöst haben.

Die amerikanische Autorin (1930 - 1999) hat eine Vielzahl von mehr oder weniger trivialen Romanen verfasst. Für ihre Arthus-Sage aber studierte sie über Jahrzehnte vergleichende Religionsgeschichte, die Religion der Druiden und Kelten, die Frühgeschichte Britanniens, die Wirren der Völkerwanderungszeit mit der Auflösung des römischen Reiches und den brutalen Neuorganisationen bei der mühsamen Geburt neuer Gesellschaften.

In diesem ungemein vielschichtigen, so intellektuell durchdringenden wie poeti schen Roman stellt Zimmer Bradley die Arthus-Sagen an den Übergang von den alten zur neuen christlichen Religion. In diesem Rahmen geht es auch um die Verdrängung matriarchaler Gesellschaftsprägungen durch patriarchale Muster. Erzählt wird der Mythos aus diversen Perspektiven, immer bemüht, das Wunderbare im Realistischen rückzubinden. Im Zentrum steht "die Fee" Morgaine, in diesem Fall als Schwester von Arthus.

Wer sich, vielleicht angeregt durch Zimmer Bradley, ein bisschen mit dem beschäftigt, was wir über die keineswegs primitive Kultur der Kelten wissen, wird staunen, mit welcher Sensibilität und vor allem auch Plausibilität sie Teile deren Glaubens in diesem Roman nachvollziehbar werden lässt. Zimmer Bradley greift sogar noch tiefer zurück auf die Urvölker Britanniens. Ihre fantastischen Elemente, die Aktivitäten von Merlin, Morgaine, Morgause, sind nirgends zwirbelnde Willkürlichkeiten, sondern aus den geistigen Vorstellungen der Kelten oftmals durchaus realistisch konstruierbare, psychologisch begründete Zusammenhänge.

Zimmer Bradley hat auch die Forschungen des britischen Mittelalter-Historikers Geoffrey Ashe verarbeitet, der davon ausgeht, dass die Arthus-Sagen in wesentlichen Teilen auf einen historischen Riothamus zurückgehen, was allerdings auch nur so viel wie "höchster Anführer" bedeutet. Nach dem endgültigen Abzug der römischen Truppen 410 mussten die im Land verbliebenen Römer und romanisierten Kelten ihre Verteidigung selbst organisieren. Der spätantike Historiker Jordanes, der 551 eine "Geschichte der Goten" ("Getica") verfasste, berichtet dann von einem "Riothamus".


Historische Grundlagen

Wer weiter forschen möchte, dem sei auch die zentrale Studie des französischen Archäologen Jean-Louis Brunaux empfohlen. Der zeigte mit seiner 2006 veröffentlichten Zusammenfassung "Druiden. Die Weisheit der Kelten", dass die Kelten an der Schwelle zur Hochkultur standen und in ihrer Philosophie und Wissenschaft von den griechischen Philosophen sehr ernst genommen wurden.

Eine köstliche Abrechnung mit dem seit Mounmoth und Malory besonders christlich hochstilisierten Rittertum lieferte bekanntermaßen Mark Twain mit seiner satirischen Zeitreise "Ein Yankee aus Connecticut an König Artus‘ Hof". Weniger bekannt, aber nicht weniger meisterlich ist T.H. Whites vierteiliger Roman "Der König auf Camelot", erschienen zwischen 1939 und 1958. Der englische Autor hat mit seiner "Aventure" eine unvergleichliche Mischung von in Herz und Hirn fahrender Leidenschaft und Tragik geschaffen, konterkariert von urkomischer, alles falsche Pathos entlarvender Skepsis. Nach der "Auswildung" des jungen Arthus entspinnt sich auch hier der gesamte Tafelrunden-Kosmos.

Zurück nach Coburg: "King Arthur" steht weiterhin auf dem Programm des Landestheaters Coburg.

Nebel von Avalon, 1987 auf Deutsch erschienen im Fischer Verlag. 1120 Seiten, 9,95 Euro.

T. H. White: Der König auf Camelot, Klett-Cotta, 4. Auflage 2012, 635 Seiten, 25 Euro.

Mark Twain : Ein Yankee aus Connecticut an König Artus‘ Hof", dtv 2004, 400 Seiten, 9,90 Euro.

Jean-Louis Brunaux : Druiden. Die Weisheit der Kelten, Klett Cotta 2009, 406 S., 13,95 Euro

Geoffrey Ashe. König Arthur. Die Entdeckung von Avalon. Econ Verlag 1996, 224 Seiten (nur noch antiquarisch).