Das Wohl und die Chancen für die Stadt stehen im Vordergrund, was geplant wird, soll auch umgesetzt werden können: Das sind die Kernpunkte für die jetzt beginnende Planungsphase für den ehemaligen Güterbahnhof. Auch die Bürger sollen mitreden dürfen.
Spätestens mit Beginn des nächsten Jahres sollen die Coburger wissen, wie es weitergehen soll mit dem ehemaligen Güterbahnhof. Gestern stellten Oberbürgermeister Norbert Tessmer (SPD) und die Wohnbau Coburg den Stadtplaner vor, der mit seinem Team und möglichst vielen Coburgern das städtebauliche Konzept für den Güterbahnhof entwickeln soll: Professor Martin Schirmer und seine Kollegen aus Würzburg haben den Auftrag erhalten. Der Beirat, der vom Bau- und Umweltsenat für die weitere Entwicklung des Güterbahnhofs berufen ist, hatte die Vorauswahl getroffen.
In die Stadt eingliedern Wie Schirmer sagte, befasst sich sein Büro nur mit Stadtentwicklung und Bauleitplanung. Der Güterbahnhof sei aufgrund seiner Funktion ein eigenständiges und "ausgegrenztes" Gebiet innerhalb der Stadt gewesen, sagte Schirmer.
Nun müsse er in die Stadt eingegliedert werden - und gewisse Ansprüche gibt es schon, wie Baureferentin und Zweite Bürgermeisterin Birgit Weber (CSU) anklingen ließ: " Es geht auch um die Erschließung. Wir müssen für die Industrie gewisse Grundbedingungen leisten." So will das Kunststoffunternehmen Ros seinen Standort spätestens bis 2017 von der Bamberger Straße in die Halle der Firma Max Carl südlich des Güterbahnhofs verlagern; Brose nutzt jetzt schon einen Teil des ehemaligen Bahnhofgeländes als Parkplatz. "Wird man Brücken bauen? Wird man die Itz umleiten?" - für diese Fragen seien nun die Stadtplaner zuständig, erläuterte Weber. Ansprüche haben auch Hochschulpräsident Michael Pötzl und IHK-Präsident Friedrich Herdan formuliert, indem sie forderten, das "Band der Wissenschaft, Technik und Design" müsse nun schnell umgesetzt werden.
Doch ob am Ende ein "Band der Wissenschaft" rauskommt, vermag noch niemand zu sagen. Der Begriff stammt aus dem Integrierten Stadtentwicklungskonzept für Coburg aus dem Jahr 200 9.
Es gehe beim nun anstehenden Planungsprozess nicht um Begehrlichkeiten, sondern "um Entwicklungsmöglichkeiten für die Stadt", betonte Martin Schirmer. Das Wohl der Stadt müsse im Vordergrund stehen, auch, wenn private Investoren bei der Umsetzung gebraucht würden. Der Stadt gehört zwar ein großer Teil des fraglichen Areals, aber bei der Umsetzung des gesamten Entwicklungskonzeptes sind auch die anderen Grundstückseigentümer gefragt.
Bürger gefragt Auch die Coburger werden Vorschläge einbringen und sich an der Planung beteiligen können.
Wie und wann, das soll nach der Sommerpause entschieden werden, sagte Andreas Heipp, Wohnbau-Geschäftsführer und federführend in Sachen Güterbahnhof. Noch seien auch einige offene Fragen zu klären, angefangen bei Altlasten im Boden bis dahin, ob es künftig einen weiteren Bahnhaltepunkt geben wird. "Wir wollen ein Konzept entwickeln, das man auch umsetzen kann", betonte Heipp. "Ziel muss es sein, der Wirtschaft direkt zu helfen." Darauf legt auch OB Tessmer größten Wert: "Wir wollen keine Luftschlösser oder Riesenkonzepte, von denen am Ende nichts übrig bleibt."
Hier haben wir das erste kuschelweichgespülte Wahlversprechen:
- "Ziel muss es sein, der Wirtschaft direkt zu helfen"...davon war im Wahlkampf NIE die Rede!
- "Doch ob am Ende ein 'Band der Wissenschaft' rauskommt, vermag noch niemand zu sagen"...aber genau das war ein besonders stark Betontes Argument von CSU und SPD im Wahlkampf!
Warum muss man in Coburg immer wohlwissend und mit purer Absicht Trends verschlafen?!
Unsere Gesellschaft ist auf dem direkten Weg sich zu einer "Wissensgesellschaft" zu entwickeln. Zurzeit boomen junge Forschungs- und Technik Start-Ups. Berlin und München haben das erkannt, leiden aber unter Platzmangel und extremen Mieten. Coburg hat jetzt ein prädestiniertes Gelände um jungen Forschern ein kreatives Umfeld zu bieten und stellt aber genau diesen integralen Bestandteil in aller Klarheit zur Disposition. Das kann doch einfach nicht ernst gemeint sein!
Besonders gespannt bin ich ja auf das Versprechen, die Bürger in den Planungsprozess einzubeziehen (sofern das überhaupt noch anwendbar ist). Das hat ja in der Vergangenheit mehrfach "prima" geklappt. Auf der anderen Seite wurde nicht versprochen, dass man ALLE Bürger einbezieht, denn am Ende könnte sich das noch negativ auf das primäre Ziel der direkten Wirtschaftsförderung auswirken.
Am Mittwoch vergangener Woche hatte der Bürgerverein Coburg-Stadt zu einer Diskussions-Veranstaltung zum Thema "Güterbahnhof - Wie geht es weiter?" eingeladen. Es sprachen der Präsident der Hochschule Coburg, Frau Bürgermeister Weber und ein Vertreter der IHK zu Coburg. An die Vorträge schloss sich noch eine Diskussion an.
Anwesend waren die üblichen Verdächtigen: fünf oder sechs Stadträte, einige Mitglieder der im Stadtrat vertretenen Parteien, einige Mitglieder von Bürgerverein und Altstadtfreunden.
Anwesende 'normale' Bürger? Null!
Man darf Beteiligung nicht nur einklagen - man muss sie auch wahrnehmen.