In Hof werden Zeichen gesetzt

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Mit dem eindringlichen Film "Wir sind jung. Wir sind stark" wurden die Hofer Filmtage eröffnet. Foto: Verleih
Mit dem eindringlichen Film "Wir sind jung. Wir sind stark" wurden die Hofer Filmtage eröffnet. Foto: Verleih
Ex-Polizisten Matt Scudder (Liam Neeson) kommt einer grauenvollen Mordserie auf die Spur: "Ruhet in Frieden" Foto: Universal Pictures
Ex-Polizisten Matt Scudder (Liam Neeson) kommt einer grauenvollen Mordserie auf die Spur: "Ruhet in Frieden"  Foto: Universal Pictures
 

Noch bis zum Sonntag zeigt Heinz Badewitz ein Programm mit vielen schwierigen Themen in spannenden Filmen - und passt damit gut in die Zeit.

Einfache Filme, die das Publikum so im Vorbeigehen konsumiert, die sind nicht die Sache von Heinz Badewitz. "Easy-Looking-Filme", sagte der mit 48 Dienstjahren erfahrenste Leiter eines Filmfestivals weltweit bei der Eröffnung der Hofer Filmtage, könne man woanders schauen. Klar, dass da schon der Auftaktfilm "Wir sind jung. Wir sind stark" ein Zeichen setzte.
Der Film schildert einen der schwärzesten Momente der jüngeren deutschen Geschichte: Die Angriffe auf das überwiegend von Vietnamesen bewohnte "Sonnenblumenhaus" in Rostock-Lichtenhagen. Damals, 1992, wäre es einem wütenden Mob aus betrunkenen Jugendlichen, Rechtsradikalen und erschreckend vielen Otto-Normal-Bürgern um ein Haar gelungen, das "Sonnenblumenhaus" samt seiner Bewohner abzufackeln.

Der in Deutschland geborene Regisseur Burhan Qurbani verbindet in seinem in großen Strecken schwarz-weiß gedrehten Film mehrere Handlungsstränge in einem zeitlichen Countdown, der das Publikum unweigerlich in den Showdown der nächtlichen Menschenhatz führt. Getragen wird der Film von seinen Darstellern, auch wenn ausgerechnet der bekannteste von ihnen, Tatort-Kommissar Devid Striesow, als farbloser Nachwendepolitiker doch arg bemüht und klischeehaft daher kommt. Die junge Garde, allen voran der bislang unbekannte Schweizer Joel Basman als Robbie, überzeugt dagegen.
Qurbani, der vor vier Jahren mit "Shahada" sogar bei den Internationalen Filmfestspielen in Berlin vertreten war, folgt einer Gruppe von Jugendlichen, die am Ende des Abends die unrühmlichen Hauptrollen übernehmen werden.

Die ganz Normalen

Nein - Stefan, Robbie oder Jennie sind keine organisierten Nazis, keine Überzeugungstäter. Sie sind jung, frustriert, ohne Perspektive, enttäuscht, wie es viele Menschen kurz nach der Wende in Ostdeutschland waren. Deshalb sucht Qurbani in seinem Film auch nicht groß nach Ursachen für Fremdenhass. Er schiebt seinen Zuschauer, ob der nun will oder nicht, in diese Nacht mit Molotow-Cocktails und "Deutschland den Deutschen". Das passt schon so: Die Vietnamesen hat damals ja auch niemand gefragt.
Freilich bleiben auch Fragen: Muss so ein Film zu Dreivierteln in Schwarzweiß gedreht werden? Müssen die Klischees von Nazi, Politiker und Teenager-Liebe so konsequent gespielt werden? Am Ende bleibt ein unangenehmer Nachgeschmack.
Im heuer enorm facettenreichen Filmtage-Programm geht unter den 75 langen und 51 kurzen Filmen natürlich auch der eine oder andere Film daneben. Der Politik-Thriller "Die Lügen der Sieger" zum Beispiel. Shootingstar Florian David Fitz ("Vincent will Meer") taumelt als supercooler Jung-Top-Journalist durch eine vogelwilde Verschwörungstheorie irgendwo zwischen Bundeswehr-, Giftmüll- und Polit-Skandal herum, ohne am Ende nur ein bisschen glaubwürdig zu sein.

Klischees, nichts als Klischees

Erstaunlich, dass dieser abstruse Klischee-Krimi einen Verleiher gefunden hat, der "Die Lügen der Sieger" in die deutschen Kinos bringen will. Ein Publikumserfolg, das ließ jedenfalls schon die Reaktion der Filmtage-Besucher erahnen, dürfte der Film kaum werden. Die weltweiten Kontakte von Heinz Badewitz ermöglichen es, dass er bei "seinen" (selten ist bei einem Festivalchef dieses Wort so treffend) Internationalen Hofer Filmtagen dem sonst nicht unbedingt von Kultur verwöhnten Nordostoberfranken auch internationale Top-Filme weit vor ihrem Bundesstart präsentieren kann.
"A Walk among the Tombstones" (deutscher Titel: "Ruhet in Frieden") ist so eine Hollywood-Produktion, die vorab in Hof zu sehen ist. Liam Neeson spielt darin den abgehalfterten Ex-Polizisten Matt Scudder, der als Privatermittler einer grauenvollen (Achtung, zartbesaitete Zuschauer!) Mordserie auf die Spur kommt. Neeson, der sich zuletzt eher hochglanzgetrimmt zwei Mal durch "96 Stunden" prügelte, steigt hier in die Tiefen der menschlichen Psyche hinab. "Ruhet in Frieden" ist sicher kein leichtverdaulicher, aber ein enorm spannender Thriller.


Tickets Erfahrungsgemäß gilt: Je länger die Hofer Filmtage dauern, desto eher gibt es noch Restkarten, etwa für Sonntag, am Ticket-Counter in der Hofer Fußgängerzone.

Filme Am Sonntag laufen unter anderem "A Walk among the Tombstones" (21.45 Uhr, City-Kino), "Die Lügen der Sieger" (19.30 Uhr, City), aber auch Rosa von Praunheims schräger "Hitler und Jesus - eine Liebesgeschichte" (12.30 Uhr, Club) oder die gefühlvolle Dokumentation "Titos Brille" (11.30 Uhr, Regina).