Hindernisse beeinträchtigen die Sicherheit bei einem Flugplatz. Doch wie hoch schätzt ein Experte das Risiko wirklich?
Natürlich ist es nicht ausgeschlossen, dass ein Flugzeug gegen den Hahnberg fliegt: Dieser Hügel in der Kette des Callenberger Forstes liegt etwa 1,5 Kilometer südwestlich der geplanten Start-Landebahn. Sollte bei einer zweimotorigen Maschine beim Start ein Triebwerk ausfallen und starker Wind von Norden wehen, dann könnte es tatsächlich passieren, dass diese Maschine gegen den Hügel gedrückt wird.
Doch das, sagt Professor Hartmut Fricke, ist sehr unwahrscheinlich. Ein Ausnahmefall, wie er untersucht wurde, um die Risiken des Flugbetriebs an einem möglichen Verkehrslandeplatz bei Neida abzuschätzen. Und dieses Risiko lasse sich begrenzen.
All das findet sich in der "
Aeronautical Study", einer luftfahrttechnischen Untersuchung, die Fricke am Donnerstag in einer Pressekonferenz präsentierte. Solche Untersuchungen werden dann erforderlich, wenn die tatsächlichen Voraussetzungen nicht dem entsprechen, was die internationalen Richtlinien vorsehen. Die besagen, dass in bestimmten Bereichen rund um die Startbahn nichts höher aufragen darf als 45 Meter. Das aber tun die Buchleite südöstlich des geplanten Platzes und der Hahnberg südwestlich davon. Die Buchleite ist 4,5 Kilometer entfernt, der Hahnberg nur 1,5 Kilometer; sie ragen 75 und 65 Meter über die Höhe der Landebahn hinaus.
So lange auf dem geplanten Verkehrslandeplatz nach Instrumentenflugregeln und damit in festgelegten Korridoren geflogen wird, sind diese Hügel kein Problem. Das lässt sich mit Hilfe von Radardaten nachweisen, wie Fricke darlegt. Etwas schwieriger wird das beim Sichtflug, denn da entscheiden die Piloten selbst, wo sie fliegen. Doch bislang gab es keinen Unfall, der auf ein Hindernis an sich zurückzuführen gewesen wäre, sagt Fricke. Wenn, waren technisches oder menschliches Versagen im Spiel.
Das alles gilt für die Standardbedingungen. Fricke und seine Mitarbeiter untersuchten auch die Ausnahmesituationen. 250 Versuche in Flugsimulatoren ergaben: Auch, wenn ein Triebwerk ausfällt und der Wind das startende Flugzeug in Richtung Hahnberg drückt, können die Piloten noch gegensteuern.
Damit sie das auch wirklich tun, empfiehlt Fricke eine Reihe von Maßnahmen. So sollen auf dem Hahnberg und der Buchleite Masten mit Warnlichtern errichtet werden. Es ist sicherzustellen, dass diese Blinklichter auch gesehen werden können.
Piloten, die den Platz selten nutzen, müssen ein Briefing absolvieren und bestätigen, dass sie die Sicherheitshinweise zur Kenntnis genommen haben.
Nach Einbruch der Dämmerung darf nicht mehr "auf Sicht" geflogen werden. Ab 22 Uhr werde der Flugplatz ohnehin geschlossen, sagt Projektsteuerer Benjamin Bartsch.
Zuguterletzt soll die Platzrunde verändert werden, rät Fricke: Statt in 2000 sollen die Piloten dann in 2200 Fuß Höhe über dem Meeresspiegel fliegen. Gleichzeitig werde die Platzrunde nach Süden verschoben, so dass sich an der Lärmbelastung durch Flugzeuge auf der Platzrunde nichts ändern werde, verspricht Bartsch.
Die Rodungen, die Fricke als weitere Maßnahme zur Risikominimierung genannt hat, seien ohnehin vorgesehen gewesen.
Wenn die insgesamt sechs Maßnahmen zur Risikominderung umgesetzt werden, sei der geplante Flugplatz so sicher wie einer ohne Hindernisse, sagt Fricke. Als Sicherheit gilt: Die Wahrscheinlichkeit eines Unfalls aufgrund der Hindernisse ist kleiner als eins zu zehn Millionen. Nun müssen sich das Luftamt Nordbayern als Planfeststellungsbehörde und die Deutsche Flugsicherung mit der Studie befassen. Bartsch geht davon aus, "dass wir kurzfristig Gespräche führen".
Hintergrund
Pläne Weil der Coburger Verkehrslandeplatz Brandensteinsebene für die Anforderungen des Werkflugverkehrs Coburger Unternehmen nur bedingt geeignet ist, soll ein neuer Flugplatz gebaut werden. Vorgesehener Standort: Zwischen Wiesenfeld und Neida, südlich der Staatsstraße.
Verfahren Noch läuft für den Flugplatz das Genehmigungsverfahren beim Luftamt Nordbayern; wann dieses Verfahren abgeschlossen wird, weiß niemand. Offene Fragen gibt es auch noch auch aus naturschutzfachlicher Sicht: Wie die Regierung von Oberfranken bestätigt, hat die Naturschutzbehörde ihre Stellungnahme zu den naturschutzrechtlichen Fragen noch nicht abgegeben. "Hierzu wurden und werden Gutachten erstellt und ausgewertet. Dieser Prozess ist noch nicht abgeschlossen", teilte ein Sprecher dem Tageblatt am Donnerstag mit.
Hindernisse Die Deutsche Flugsicherung hat im Sommer 2015 wegen der Hügel die Pläne abgelehnt. Das Planfeststellungsverfahren sollte deshalb abgebrochen werden. Das wurde mit Hilfe von Bundes- und Landespolitikern verhindert.
Gutachter Hartmut Fricke, Geschäftsführer der
Gesellschaft für Luftverkehrsforschung, ist gleichzeitig Professor für Technologie und Logistik des Luftverkehrs an der Technischen Universität Dresden (
www.ifi-tu-dresden.de)