Das innovative Unternehmen Ros entwickelte Teile für den Münchner Autobauer - offenbar zu dessen vollster Zufriedenheit.
Alles begann 1926. Die Nutzung des Mineralöls als Rohstoff für industriell gefertigte Güter steckte noch in den Kinderschuhen, und Grundbedürfnisse wie Mobilität und Energieversorgung ließen noch nicht einmal erahnen, welchen Stellenwert sie in den kommenden Jahrzehnten gewinnen würden. Die Rahmenbedingungen für die deutsche Wirtschaft waren nach dem Ersten Weltkrieg denkbar schlecht, da hatte ein visionärer Ingenieur den Mut zum Pionier und gründete in Coburg unter seinem Namen das Presswerk "Hermann Ros".
Inspiriert von Forschungsergebnissen, allen voran des Chemikers und späteren Nobelpreisträgers Hermann Staudinger, erkannte Hermann Ros als einer der ersten seiner Zunft, dass der Schlüssel zum technologischen Fortschritt bei den Werkstoffen zu suchen war. Hermann Ros setzte bei der Stromversorgung an, deren Komponenten seinerzeit meist auf Keramik und Naturkautschuk fußten.
Das eine aufwändig produziert und schwergewichtig, das andere teuer und oft mit Lieferengpässen importiert. Ros' Antwort war Duroplast, ein gerade erst erfundener Kunststoff, der alles bot, was die bisherigen Materialien leisteten, nur eben billiger und in großen Stückzahlen herstellbar.
Heute, da die Devise von "höher, schneller, weiter" fortwährend die Grenzen des Machbaren verschiebt, ist das einstige Presswerk zu einem multinationalen Unternehmen mit rund 400 Beschäftigten an drei Standorten herangereift. Längst beschäftigt sich Ros, dessen Leitspruch "Präzision in Kunststoff" sich im Firmenlogo wiederfindet, nicht mehr mit Produkten, die inzwischen als selbstverständliche Gegenstände des Alltagsgebrauchs genutzt werden.
Auch die Produktionsstätten in Coburg, Ummerstadt und dem tschechischen Most haben nichts mehr mit den Bedingungen der Gründerzeit gemein. Wo einst Schwerstarbeit an archaisch anmutenden Maschinen gefragt war, werden heute computergesteuerte Roboter, Metallbearbeitungs- und Spritzgussmaschinen von HighTech-Spezialisten bedient. Und doch weht der Geist Hermann Ros' immer noch, vielleicht mehr denn je durch die Produktionshallen und Technikerbüros.
Ein Ausgangspunkt ist wieder einmal Duroplast, über Jahrzehnte vergessen. Das Wissen um die Endlichkeit natürlicher Ressourcen und ökologisches Verantwortungsbewusstsein haben dem Duroplast eine Renaissance beschert. Noch immer vergleichsweise kostengünstig zu produzieren, ist Duroplast auch unter hoher Hitzeeinwirkung formbeständig und extrem belastbar.
Das macht ihn etwa in der Motorentechnik zum idealen Ersatz für Metall, das teurer, komplizierter zu bearbeiten und vor allem viel schwerer ist. Weniger Gewicht und geringere Kosten sind die entscheidenden Kriterien bei Autobauern, die im internationalen Wettbewerb mit Spritverbrauch und Preis punkten müssen.
"Der wichtigste Baustein unseres Erfolgs sind unsere Mitarbeiter", sagt Gesellschafter Eberhard Ros. Findig, neugierig und bisweilen respektlos gingen sie an Aufgaben heran, die von Wissenschaftlern und Praktikern als schlicht unmöglich eingestuft würden.
"Wann immer wir ein ,Geht nicht' zu hören bekommen, beginnen die Augen unserer Techniker zu leuchten", so Eberhard Ros. Jüngster Beleg dafür ist ein Flügelrad, das in Kfz-Kühlmittelpumpen eingesetzt wird.
Es musste leistungsfähig genug sein, hochgezüchtete Motoren auch nach Stunden im Vollgas noch kühl zu halten. Dabei musste es klein genug für minimales Platzangebot im Motorraum sein. Und so stabil, dass es auch nach einigen Hunderttausend Kilometern noch tadellos seinen Dienst tun würde.
Eine Herausforderung, angesichts deren viele erfahrene Kunststoffverarbeiter die Fahnen streckten. "Wir haben es gebaut", sagt Eberhard Ros mit einem leichten Schmunzeln auf den Lippen. Wie, das verrät er nicht. Nur soviel, dass es in Motoren auf der ganzen Welt im Einsatz sei und alle Langzeittests bestanden habe. Die "herausragende konstruktive, fertigungstechnische und kunststoffgerechte Lösung" ist derweil auch dem deutschen Verband Technische Kunststoff-Produkte (TecPart) zu Ohren gekommen, der das Urteil einer hochkarätigen Jury einholte und sich am Ende mit der Verleihung des TecPart-Innovationspreises 2013 verneigte.
"Wir bleiben immer
hungrig, immer in Bewegung", erklärt Eberhard Ros. Wieder, so scheint es, ist Ros einen Schritt voraus. "Neun Monate brauchten wir für den Weg vom Neuland zur Großserienlandschaft", sagt Eberhard Ros im Rückblick auf die Produktion von Technik- und Designteilen für den BMW i3, größtenteils aus Recycling-Kunststoffen. Ob man den Kundenwünschen entsprechen konnte, quittiert Eberhard Ros mit der knappen Antwort: "Wir haben Folgeaufträge erhalten."