Jochen Florschütz möchte die digitale Manufaktur in Rödental zum Start up-Hotspot Europas machen.
Sie kommen und wollen die Welt verändern. Es ist ihre Idee, die sie nicht mehr schlafen lässt. Die Leidenschaft, die keine Arbeitszeit kennt. Damit ihre Träume wahr werden können: Junge Existenzgründer, so genannte Start ups, die in der Digitalen Manufaktur in Rödental ein kleines Büro, einen Space-Room, eine Produktionsbox, einen Veranstaltungsraum mieten.
Jochen Florschütz, Geschäftsführer von Zukunft.Coburg.Digital, ist Herr der digitalen Manufaktur und verwaltet derzeit das 1900 Quadratmeter große, ehemalige Goebel-Gebäude. Mit seinen fünf Mitarbeitern betreut er die Start ups - bereit, die Welt zu verändern.
Vom Glauben zum Wissen
Günstige Mieten und ein großes Netzwerk - bestehend aus Gleichgesinnten, Unternehmen, Industrie- und Handelskammer, Hochschule und Verwaltung - sind das eine. Der Umgang mit der richtigen Methodik, um die Idee am Markt zu installieren, das andere. "Wir sind schon so was wie eine Traumfabrik", sagt Florschütz. "Wir wollen, dass Träume wahr werden." Und dennoch sieht er es als seine Aufgabe, die jungen "Wilden" mit der Realität zu konfrontieren: Aus einem "Ich glaube" müsse ein "Ich weiß" werden. Dazu braucht's agile Methoden.
Funktioniert die Idee am Markt? Wo finde ich die Kunden? Gibt es Konkurrenz? Ist das Konzept ausgereift?
Die Antworten darauf geben Sicherheit. Sicherheit, die viele Jungunternehmer zunächst nicht hätten, aber bräuchten, um erfolgreich zu sein. "Ich habe ein tiefes Verständnis für die Neugründer und kenne die Phasen, die sie in dem Prozess durchlaufen", sagt der 50-Jährige, der dafür auch einen Lehrauftrag an der Hochschule Coburg hat und in verschiedenen Unternehmen als Innovationsmanager tätig war. Seine Erfahrung hat ihm gezeigt: "Wenn Unternehmen bereit sind, Ideen frei fliegen zu lassen, besteht ein hohes Entwicklungspotenzial." Das gelte es zu forcieren.
Ideen frei fliegen lassen
Einer, der in seiner "Produktionsbox", wie sich kleinere, schlichte Büroeinheiten nennen, werkelt, ist Patrick Dabrowski. Der junge Softwareentwickler hat ein Programm geschrieben, mit dem Produktionsabläufe in der Industrie optimiert werden können.
Drei junge Abiturienten arbeiten einige Räume weiter an einem Konzept für digitalen Unterricht an Schulen. Ein anderes Start up entwickelt eine spezielle Software für Spieleranalysen aus der Bundesliga.
Klare Standort-Vorteile
Die Vision von Florschütz ist klar: "Wir wollen die Digitale Manufaktur zum Start up-Hotspot in der Mitte Europas machen." Zu bieten hat die Region jede Menge: eine ausgezeichnete Verkehrsanbindung, eine große Industriedichte und einen breiten Mittelstand, jede Menge Platz für Erweiterung und nicht zuletzt niedrige Lebenshaltungskosten (im Vergleich zu Großstädten). "Warum sollte sich nicht mal ein Start up aus Berlin oder Tel Aviv hier ansiedeln?", fragt Florschütz provokant.
Staatliche Unterstützung
Der Freistaat Bayern hat 3,8 Millionen Euro in den Standort investiert und 550000 Euro für Netzwerkaktivitäten vorgesehen. Auch die Stadt Coburg und der Landkreis unterstützen die Initiative Zukunft.Coburg.Digital finanziell. Mit einer starken Beteiligung von 27 Vertretern aus Unternehmen, der Industrie- und Handelskammer zu Coburg, der Hochschule Coburg sowie der Stadt und dem Landkreis Coburg wurde der 2017 gegründet.
Das regionale Ziel war von Anfang an gesteckt: "Am Ende sollen Unternehmer rauskommen, die den Wirtschaftsraum für eine digitale Zukunft stärken, sich ansiedeln und hier ihre Steuern bezahlen", so der Geschäftsführer der ganz realen Traumfabrik.
KOMMENTAR
von Christiane Lehmann
Standort-Vorteil
Industriebrache wird zur Digitalen Manufaktur. Der Standort auf dem ehemaligen Goebel-Werksgelände ist genial. Wo früher Hände formten und malten, sprudeln jetzt Ideen, rauchen Köpfe. Gekachelte Sanitärräume haben sich in hochfunktionale Designbüros verwandelt. Ein Rödentaler Unternehmer, der Freistaat, aber auch die Region haben viel Geld in die Hand genommen, um diesen Zukunftsort zu erschaffen. Schon in der Vergangenheit war die Coburger Straße 7 ein Garant für Erfolg - und eine "Traumfabrik" für viele Menschen, die dort gearbeitet haben.
Zwei Standorte
Zentraler Bestandteil des Gründerzentrums sind die zwei Standorte. In Coburg haben die Bauarbeiten für den vergrößerten Co-Working Space in der ehemaligen Kühlhalle des Schlachthofs bereits begonnen und in Rödental konnten in der Digitalen Manufaktur bereits im Oktober die ersten Mieter einziehen. Auch die Workshopräume werden schon genutzt. Im Juni soll alles fertig gestellt sein.