"Anwalt ohne Recht" zeigt im Landgericht Coburg das Schicksal jüdischer Rechtsanwälte nach 1933 in Deutschland auf.
Dass ich mir einen Rechtsanwalt meiner Wahl nehmen kann, der mich verteidigt, schützt, der verhindert, dass ich einfach irgendwo beiseite geschafft werde - das ist doch mein gutes Recht! Das ist doch selbstverständlich. - Tatsächlich?
Es ist nicht allzu lange her, dass in Deutschland das Recht so gedreht wurde, dass keiner mehr Rechtssicherheit hatte, der den Nationalsozialisten unliebsam war. Einer der komplett ausgeschalteten Gruppen waren die jüdischen Rechtsanwälte, auf deren Schicksal eine Wanderausstellung der Bundesrechtsanwaltskammer Berlin aufmerksam macht, nicht nur, weil das Werk der Nazis durch Vergessen nicht vollendet werden darf. "Gegenwärtig spitzt sich die Lage in vielen Ländern der Erde zu", ruft Anton Lohneis, Präsident des Landgerichtes Coburg, ins Bewusstsein. In China, im Iran und gar nicht so weit entfernt in unseren osteuropäischen Nachbarländern sind politisch unliebsame Rechtsanwälte zunehmend Repressalien ausgesetzt.
Seit Verhängung des Ausnahmezustandes in der Türkei wurden 1500 Anwälte strafrechtlich verfolgt, Hunderte sitzen in Arrest, zum Teil im Geheimen, ergänzt Frank Zeitner, Vorstandsmitglied der Rechtsanwaltskammer Bamberg. Zusammen mit seinem Coburger Kollegen Wolfgang Hörnlein, dem örtlichen Vorsitzenden des Anwaltsvereines, präsentierten die Justizvertreter die Ausstellung im Landgericht Coburg.
Wir brauchen frei Anwälte
Eine freie, unabhängige Anwaltschaft ist ein wesentlicher Pfeiler von Rechtsstaatlichkeit. Insofern ist es keine Höflichkeitsfloskel, wenn sich die örtlichen Justizvertreter gegenseitig vertrauensvolle, gute Zusammenarbeit bestätigen.
Die eindrückliche Ausstellung im allgemein zugänglichen Sitzungssaal-Trakt des Landgerichtes in der Ketschendorfer Straße ruft in knapper Schilderung, Porträts und schrecklichen Bildern der Erniedrigung eine Reihe namhafter, ermordeter jüdischer Rechtsanwälte in Erinnerung. "Das war auch ein massiver Verlust an guten Leuten für die deutsche Justiz insgesamt", sagt Lohneis. Der Heimatpfleger der Stadt Coburg, Hubertus Habel, hat ergänzend dazu einen Blick auf die Situation der Coburger Rechtsanwälte nach 1933 geworfen, auch wenn das die Ausstellung selbst nicht abbildet. Die in Hubert Fromms Buch "Die Coburger Juden" dokumentierten Biografien seien Lehrstücke für die Gegenwart, wie schnell Hass und Neid ein funktionierendes, respektvolles Miteinander zerstören können.
Moriz und Martin Baer gelang die Flucht aus Deutschland. Ihr Kollege Kuno Hirsch und seine Frau wurden im KZ Theresienstadt ermordet. Vor der physischen Vernichtung kam die systematische wirtschaftliche. Die Kanzleien der drei jüdischen Anwälte mussten schließen. "Besonders widerlich finde ich", sagt Wolfgang Hörnlein betroffen, "dass es keinerlei Solidarität aus der eigenen Kollegenschaft gab. Im Gegenteil."
Patenschaften übernehmen
Gerade weil das schreckliche Geschehen keineswegs weit entfernt ist, hat Hörnlein eine Initiative gestartet. Die örtlichen Anwaltsvereine in Deutschland sollen Patenschaften übernehmen für bedrohte Kollegen, denen durch Publizität oder finanzielle Unterstützung geholfen werden könnte.