Wie es der Coburger "Verein" mit seinen Veranstaltungen geschafft hat, neue Zuhörerkreise zu erreichen.
Mit einem Konzert in außergewöhnlicher Besetzung eröffnet der Coburger "Verein" am Montag seine Konzertsaison im HUK-Foyer auf der Bertelsdorfer Höhe.
Vom Trio mit einer Schlagzeug-Virtuosin bis zum Streichquartett mit einem Bandoneon-Solisten - die neue Saison beim Coburger "Verein" verspricht wieder eine große stilistische Vielfalt. Nach welchen Kriterien wählen Sie Ihre Künstler aus?
Uwe Friedrich: Für mich persönlich ist ein Hauptkriterium für die Auswahl der Künstler neben dem künstlerischen Anspruch auch die Originalität der Programmgestaltung. An oberster Stelle steht der Wunsch, die ständige Neugier unseres Konzertpublikums zu erregen und in Coburg musikalische Kostbarkeiten zu kredenzen, die nicht nur ausgetretene Pfade des Konzertwesens weiterführen. Zum Glück haben viele Interpreten erkannt, dass hohe künstlerische Perfektion allein bei weitem noch kein Garant für eine erfolgreiche Konzertkarriere ist. Dazu bedarf es in jedem Falle auch kreativer Programmgestaltung und professioneller Medienarbeit.
Vor genau vier Jahren gastierte der junge Perkussionist Alexej Gerassimez in Coburg, nun kommt Vivi Vassileva mit ihrem Trio zum Saison-Auftakt. Wie erklären Sie sich das Phänomen, dass immer mehr junge Perkussionisten eine Solokarriere starten?
Die Erklärung liegt auf der Hand: Ein besonderer Anreiz für junge Nachwuchs-Perkussionisten, eine Solo-Karriere anzustreben, ist sicher die große stilistische Vielfalt der Schlagzeug-Literatur, die unüberschaubar boomt, und die daraus resultierende Bandbreite künstlerischer Selbstverwirklichung. Andererseits ist aber auch die Chance, eine Stelle in einem der renommierten Orchester zu bekommen, nicht sehr groß. Dieses Glück hatte in den letzten Jahren zum Beispiel mein ehemaliger Leistungskursschüler Alexander Fickel, der seit September 2011 eine Stelle als stellvertretender Solo-Pauker im Münchner Rundfunkorchester innehat.
Sie sind seit 23 Jahren Musikvorstand und seit sieben Jahren Vorsitzender beim "Verein". Wie haben sich rückblickend betrachtet diese Aufgaben verändert?
Als ich vor fast einem Vierteljahrhundert erstmals die Konzerte des "Verein" verantwortete, fanden die Veranstaltungen noch regelmäßig in der Aula des Casimirianums vor einem überschaubaren Publikum statt. Nach und nach öffnete sich der "Verein" und geriet durch eine geschickte Werbestrategie immer mehr in den Mittelpunkt des öffentlichen Interesses. Eine Initialzündung für die positive Entwicklung war die Idee von Rolf-Peter Hoenen (bis 2009 langjähriger Vorstand der Versicherungsgesellschaft HUK Coburg), das Foyer der HUK für die Konzerte des "Verein"zu öffnen. Aber auch unsere stellvertretende Vorsitzende Hannelore Ilse setzte wichtige Impulse: Nicht zuletzt durch ihre Tätigkeit als ehemalige stellvertretende Vorsitzende des Münchner Richard-Wagner-Verbandes konnte sie einen reichen Erfahrungsschatz im Umgang mit Künstlern und Medien einbringen. Heute sehe ich meine Hauptaufgabe als Vorsitzender darin, die harmonisch-konstruktive Arbeit des Vorstandsteams für die unterschiedlichen Aktivitäten des "Verein"effektiv und effizient zu nutzen, zumal sich der "Verein" ja nicht nur als Konzertveranstalter sieht, sondern bei Fahrten und gesellschaftlichen Anlässen auch niveauvolle Geselligkeit pflegt.
"Classical crossover" verspricht das Gastspiel des Ensembles "Uwaga!" Ende Januar. Was erwartet das Publikum unter dem Motto "Mozartovic"?
"Mozartovic" ist ein Produkt der kulturellen Offenheit der Uwaga!-Musiker. So entstand die Idee einer fiktiven Reise Mozarts mit gewagten Wechseln zwischen originaler Balkan-Stilistik und dem Klang der Wiener Klassik. Ein "unerhörter" Umgang mit der Musik der Wiener Klassik, reizvoll kontrastierend!
Zum Abschluss der Saison gibt es ein Konzert mit dem Quatuor Voce aus Paris und dem Bandoneonisten Pierre Cussac. Was erwarten Sie sich von diesem Gastspiel?
Das 2004 gegründete Streichquartett Quatuor Voce zählt zu den Shooting-Stars der internationalen Kammermusikszene. Obwohl es schon über zehn Jahre besteht und sein Wissen mittlerweile selbst in Meisterkursen weitergibt, wirkt es jung und dynamisch, lädt sich gerne versierte Solisten ein und überlässt diesen - wie beim Konzert in Coburg - durchaus auch einmal den Vortritt. Pierre Cussac arbeitet bevorzugt mit jungen Ensembles und tritt auf zahlreichen Musikfestivals auf. Er spielt Akkordeon und Bandoneon und kommt dadurch mit der Tango-Szene ebenso in Berührung wie mit improvisierter und experimenteller Musik. Der gemeinsame Auftritt des renommierten Streichquartetts mit Pierre Cussac verspricht mit Sicherheit ein aufregendes Konzerterlebnis.
Wie sehen Sie die Entwicklung der Besucherzahlen bei den Konzerten in den vergangenen Jahren? Wie beurteilen Sie die Altersstruktur?
Bisher ist es uns durch ein vielfältiges, gleichbleibend spannendes Konzertangebot gelungen, den Saal stets gut füllen zu können. Nicht selten reichten vorhandene Stühle kaum aus. Wir verstehen dies durchaus als Kompliment und als Wertschätzung unserer Arbeit für den "Verein", scheinen wir doch den Nerv des Publikums zu treffen. Besonders glücklich sind wir darüber, dass wir das Foyer der HUK bisher für alle fünf Konzerte einer Saison uneingeschränkt nutzen dürfen. Weder von der Kapazität noch vom Ambiente bieten sich in der Stadt Coburg Alternativen. Somit steht und fällt unsere Konzertreihe mit den großen Sponsoren HUK und seit diesem Jahr der Wohnbau Stadt Coburg.
Konzert-Kalender für die Saison 2017/2018
Montag, 23. Oktober "Percussionissimo" - Vivi Vassileva (Percussion), Maruan Sakas (Klavier) - Infos online: www.vividrums.com
Montag, 11. Dezember "Winterzauber" - Mitglieder des Dresden Residenz Orchesters - Infos online: www.concerts-dresden.com
Montag, 29. Januar "Mozartovic" - Uwaga! Classical crossover - Infos online: www.uwagaquartett.de
Montag, 5. März "Brassissimo"- Gewandhaus Brass Quintett Leipzig - Infos online unter www.gewandhausorchester.de/orchester/ensembles/gewandhaus-brass-quintett/
Montag, 23. April "Strings and more" - Quartuor Voce Paris, Pierre Cussac, Bandoneon - Infos online: www.quatuorvoce.com
Die Konzerte finden jeweils im HUK-Foyer auf der Bertelsdorfer Höhe statt (Beginn: 20 Uhr)