"Sichtweisen" heißt eine neue Reihe, bei der das Landestheater stärker ins Gespräch mit seinem Publikum kommen will.
Wenn die Jungen heute im Theater unbedingt ein Selfie schießen müssen, warum ihnen dann dazu nicht Gelegenheit geben? Nicht während der Vorstellungen, aber vielleicht unmittelbar hinterher mit den Darstellern auf der Bühne? - Der Vorschlag kam aus dem Publikum, ebenso wie die Forderung, dass das Theater sich öffnen müsse für neue Wege.
Mit den Menschen unmittelbar ins Gespräch kommen, ist eines der erklärten Ziele des neuen Landestheater-Intendanten. Jetzt startete er eine Reihe von Diskussionsforen in der Reithalle, bei denen die Leute sagen sollen, was sie vom Theater erwarten. Etwa 50 Interessierte waren der Einladung gefolgt. "Miteinander ins Gespräch kommen, statt übereinander zu reden", nannte Bernhard F. Loges sein Anliegen.
Die Podiumsdiskussion, der in dieser Spielzeit noch zwei weitere folgen sollen, fand in Zusammenarbeit mit der Hanns-Seidel-Stiftung statt, deren Hauptanliegen politische Bildung ist und die Kloster Banz als Bildungszentrum betreibt. "Einander besser kennenlernen, wenn wir schon Nachbarn sind", nannte auch Margarethe Stadlbauer das Ziel der Kooperation. Unter der Moderation von Christian Limpert vom Bayerischen Rundfunk legten Loges, die frühere Würzburger Oberbürgermeisterin Pia Beckmann und der Coburger Hochschulprofessor Michael Heinrich, Dekan der Fakultät Design, zunächst dar, warum dem Theater gerade in unserer immer stärker sich aufsplitternden Gesellschaft besondere Bedeutung zukommt.
In den Lehrplan
Pia Beckmanns ist heute Unternehmensberaterin und vielfach sozial engagiert, gerade auch mit Jugendtheaterprojekten und im Bereich der politischen Bildung. Ihr Anliegen ist es, Theatererfahrung strukturell in der schulischen Bildung zu verankern. "Im Lehrplan! Theater ist Herzens- und Identitätsbildung in unserer Welt der zunehmenden sozialen Kälte. Das Theater ist ein idealer Lern- und Genussort." Der präge weit mehr als der meist betriebene Frontalunterricht, berichtete sie aus ihrer eigenen Arbeit.
Ressourcenfrage
Michael Heinrich, der an der Hochschule seit 2006 im Studiengang Innenarchitektur die Beschäftigung mit Bühnenbild fördert, berichtete, dass Theater heute nicht mehr zur Lebenswirklichkeit der Studenten gehöre. Doch wenn man sie heranführt, es ihnen erschließt, "dann finden die dort sehr viel".
Was zur Frage nach dem Personal führte. Das Landestheater selbst tut seit Jahren einiges. "Vermittlung ist eine Ressourcenfrage. Doch mit einer einzigen Theaterpädagogin sind uns Grenzen gesetzt". Auch der Schul- und Kulturservice der Stadt, der zwischen kulturellen Anbietern und Bildungsinstitutionen oder -initiativen vermittelt (und finanziell fördert), besteht aus einer Kraft. "Die Politik ist da einfach zu langsam", konstatierte Heinrich, mit Nachdruck unterstützt von Beckmann.
Den durchaus vielschichtigen Erklärungen zu Bildungsbemühungen und - auftrag des Theaters setzte Theaterkreis-Vorsitzender Gerhard Amend zum Start der Diskussion mit dem Publikum "der bisher doch sehr verkopft gelaufenen Diskussion" den Wunsch entgegen: "Ich möchte ein Theater, das mich schlicht auch unterhält. Wenn ich mich früher bis 18 Uhr als Richter mit sexuellem Missbrauch beschäftigt habe und dann in die Blues Brothers ging, dann war ich in einer anderen Welt. Warum unterhaltet ihr uns nicht einfach ein bisschen und wir gehen glücklich raus?"