Marisa Wendts tiefgehender Monolog "Goldzombies" wurde als Klassenzimmerstück des Landestheaters Coburg uraufgeführt.
Krass. Aber so richtig. Es geht um "Beauty", dann aber doch eher um Bomben. Und die schlagen mit voller Wucht in die Herzen der Zuschauer von Marisa Wendts Theaterstück "Goldzombies". Das wurde als Klassenzimmerstück uraufgeführt in der Staatlichen Berufsschule in der Kanalstraße. Den Zwölftklässlern, medizinischen Fachangestellten, blieb nach der gut einstündigen Aufführung die Sprache weg. Verständlicher Weise. Was soll man noch sagen, wenn einem ein zum Leben entschlossenes 16-jähriges Mädchen gerade mitgenommen hat in seine Existenz unter Bomben und Attentaten, im Krieg, in einer nicht näher genannten heutigen Stadt, wir haben mehrere zur Auswahl.
Hinter dem Bild der Kamera
"Lissi von der Front", mit wirkungsvollem Körpereinsatz und psychisch durchdringender Intensität von Solvejg Schomers dargestellt, versucht zu sein, was man als junges Mädchen ist: von megamäßig guter Laune, einfallsreich, originell, verliebt. Was eine Herausforderung ist unter ständiger Lebensgefahr. Sie veröffentlicht auf ihrem YouTube-Kanal Schminktipps, mit großer Showmaster-Geste und allem Ausdruck, den die Social Media-Generation vor der Kamera entwickelt hat.
Der konzentrierte und sprachlich treffende Monolog Marisa Wendts zieht allerdings ohne Umschweife hinter das Kamerabild, in die Bombennächte im Schutzkeller, in die Angst um den Vater im Einsatz, den geflohenen Bruder, die Freundin, wenn nach dem Bombenangriff für Stunden kein Handy-Netz zur Verfügung steht. Dabei hat Lissi immer ungeheures Glück. "Heul nicht, du bist zum Glück nicht tot", sagt ihre Mutter im Krankenhaus, wo Lissi von Bombensplittern getroffen aufwacht. Später kommt heraus, dass sie einmal kein richtiges Glück hatte, oder eher ihr kleiner Cousin, mit dem sie auf dem Spielplatz war, als die Flieger kamen. Immerhin hatte seine Leiche noch alle Gliedmaßen.
Der Begriff Tod ist total ungenau
Doch weil man nicht ständig Angst haben kann, überschminkt Lissi die Wunden mit der Leidenschaft des jungen Lebens. Auch wenn die Show im ständigen Sterben zunächst zynisch wirkt. - Aber hey, der Begriff Tod ist total ungenau, erklärt Lissi. Im Tod ist Leben (wenn du daran glaubst), und dass im Leben ständig der Tod haust, erleben wir ja. "Im Grunde sind wir alle Zombies." Und die sind eindeutig schöner, wenn man ein bisschen Goldflitter über sie streut. Was also ist Lissi vorzuwerfen?
Regisseur Marten Straßenberg ist es nicht nur gelungen, Solvejg Schomers durch dieses darstellerische Minenfeld zu geleiten, in dem hinter Spaß und Lebensfreude das Entsetzen des Krieges umso intensiver aufscheint. Der äußere Rahmen sorgt zusätzlich für Spannung: Wir sehen Lissi am Tisch vor ihrer Kamera und dahinter die große Projektion von Lissi in all ihrer Emotionalität. Und dahinter ist eine weitere Ebene.
Das beim dritten Autorenforum des Landestheaters mit einem 1. Preis bedachte Stück hat hiermit auch eine adäquate Uraufführung erhalten. Die Autorin war anwesend und ihrerseits tief betroffen.
Landestheater Coburg "Goldzombies" von Marisa Wendt, Klassenzimmerstück. Inszenierung Marten Straßenberg, Theaterpädagogik/Dramaturgie Christin Schmidt. Darstellerin: Solvejg Schomers.- Das Klassenzimmerstück dieser Saison ist geeignet für Jugendliche ab 12 Jahren. Bei Interesse können sich Schulen für Buchungsanfragen und Begleitmaterial an die Theaterpädagogin Christin Schmidt wenden: christin.schmidt@landestheater.coburg.de, oder per Telefon 09561/89 89 97.