Mit Stephen Sondheims Musiktheaterstück "Into the Woods" kommt eine Produktion, die anspielungsreich und vielschichtig mit Grimms Märchen jongliert.
Unser Wald. Er liegt zwischen finsterer Verlorenheit und höchstem Glück. Wölfe durchstreifen ihn. Das Tor zur Hölle, das manchmal auf dem Weg zur Erlösung durchschritten werden muss, ist in ihm zu suchen. Es gibt böse und gute Orte, die Hexe und die Großmutter leben dort abseits der Zivilisation. Hinter ihm ragen Schlösser auf. Der deutsche Wald gar steht symbolisch für Anderwelt, Furcht, Hoffnung, Chaos, Schönheit, Erlösung.
Es war ein amerikanischer Komponist, Stephen Sondheim, der sich in diesen Wald und die mit ihm aufs engste verflochtenen deutschen/europäischen Mythen, die von den Brüdern Grimm gesammelten Märchen, gewagt hat. Er zauberte die ohnehin psychologisch schon faszinierend verdichteten und über die wohl Jahrtausende hin allgemeingültig wirkenden Aussagen in eine geheimnisvolle Musikwelt.
Vielschichtig und intensiv
Die Amerikaner nennen immer gleich alles Musical, sobald darin ein bisschen Musik vorkommt. Andererseits verstecken sie unter dieser eigentlich nichtssagenden Hülle großartige und vielschichtige Schöpfungen. Stephen Sondheim gehört zu den Komponisten, die ungemein tief- und weitgreifend musikalisch denken, fühlen, verflechten. Der nun ging in unseren Wald, wurde überwältigt und brachte ein vor Motiven, Anspielungen, Assoziationen und Geschichten überquellendes Musiktheater zurück: "Into the Woods". Das wird jetzt am Landestheater Coburg inszeniert, Premiere ist am Samstag nächster Woche, 8. Dezember.
Für die Produktion wurde der international renommierte Regisseur Joan Anton Rechi gewonnen. In einem zeitlosen Fantasieraum und mit - wie dürfte es anders sein - üppig märchenhaften Kostümen lässt er die mehr als 20 Märchenfiguren aufeinander los. Alle wollen etwas, haben Wünsche, geraten im Wald an- und psychologisch ineinander und sind bald nicht mehr diejenigen, die sie beim Eintreten in die Wälder waren. Der Wald ist unberechenbare Außen- wie Innenwelt. Was selbstverständlich auch zu vielen urkomischen Verwicklungen und Täuschungen führen kann.
Roland Fister, der Spezialist für Musicals am Landestheater, gerät in Rausch, wenn er von der Raffinesse von Sondheims Musik spricht, von ihrer Tiefe. "Steven Sondheim hat im heutigen Amerika eine Sonderstellung. Er geht immer vom Inneren seiner Figuren aus, er ist eine Art moderner Shakespeare, wie ich mal gelesen habe", sagt Fister. Sondheim war der Texter der "West-Side-Story". Er habe eine "extrem humanistische Botschaft".
Es wird sehr viel los sein auf der Bühne, kündigt Fister an, denn die vielen Figuren agieren irgendwie ständig alle, geraten durcheinander. Jeder singt "Ich möchte..." Doch Ihr wisst ja, passt auf, was ihr euch wünscht. Und das alles sei bei Sondheim wie kaum sonst auch musikalisch abgebildet, Lyrik und Musik intensiv verschmelzend, wobei musikalische Motive immer wieder in anderen Bezügen auftauchen. Der Klang der Worte findet sich im Klang der Musik, alles zusammen ergibt das Äußere und das Innere der Figuren. Die böse Hexe, übrigens von Kora Pavelic gespielt, tritt in einer Rap-Nummer auf.
Ein Heer von Solisten
Haben wir schon erwähnt, dass für die Verwirklichung dieses musikalischen Riesenstückes nur das Musiktheater-Ensemble samt aus dem Chor gewonnenen Solisten infrage kommt? Obwohl Opernsänger oftmals nicht so wild auf Musical sind, hätten alle hier einen Riesenspaß, berichtet Fister. Dirk Mestmacher ist der böse Wolf und einer der Prinzen, der von Rapunzel. Marvin Zobel gibt Hans im Glück. Für seine Mutter wurde Petra Gruber wieder einmal ans Landestheater geholt.