Das seit 1. April 2024 in Kraft getretene Cannabis-Gesetz sieht auch vor, dass Urteile gegen Konsumenten teils rückgängig gemacht werden müssen. Welche Auswirkungen hat die Teil-Legalisierung bisher im Raum Coburg?
Bis vor kurzem wurde der Besitz von Cannabis in Bayern noch äußerst strikt verfolgt. Auch bei geringen Mengen unter sechs Gramm wurde fast ausnahmslos ein Verfahren eingeleitet. So ermittelte die Polizei im Sommer 2022, weil dem Rapper Sido beim Coburger Open-Air-Sommer mutmaßlich ein Joint auf die Bühne gereicht wurde. Aufmerksamkeit der Polizei zog im Frühjahr 2023 auch ein Cannabis-Zerkleinerer auf sich, den offenbar ein Konsument in einem Coburger Bus vergessen hatte.
Doch seit dem 1. April 2024 ist plötzlich alles anders: Gegen den massiven Widerstand der CSU brachte die Ampel-Regierung eine Teil-Legalisierung in Form des Cannabisgesetzes durch Bundestag und Bundesrat. Neben dem Besitz von bis zu 50 Gramm zu Hause und 25 Gramm in der Öffentlichkeit trat auch eine Amnestieregelung in Kraft. Konkret müssen "noch nicht vollstreckte Strafen im Zusammenhang mit Cannabis nach dem Betäubungsmittelgesetz" unter bestimmten Bedingungen erlassen werden. Unter anderem Bayern befürchtete eine massive Überlastung der Justiz.
Staatsanwaltschaft Coburg hat "insgesamt 525" Cannabis-Vergehen überprüft
Wer also aktuell zum Beispiel wegen des Besitzes von 50 Gramm Cannabis in der eigenen Wohnung in Bayern im Gefängnis sitzt, müsste entsprechend der Amnestieregelung entlassen werden. Auch Bewährungsstrafen müssen rückgängig gemacht werden. Schwieriger wird die Angelegenheit, wenn jemand nicht nur wegen Cannabis-Besitz, sondern auch wegen anderer Vergehen, verurteilt wurde. Auch hier sind die Behörden verpflichtet, alle Fälle zu überprüfen - gegebenenfalls kommt es zu neuen Verfahren. Wie der BR berichtet, wurden im Zuständigkeitsbereich der Staatsanwaltschaft Würzburg schon zwei Menschen aus dem Gefängnis entlassen. In Schweinfurt mussten gleich drei Personen ihre Haft nicht antreten.
Aber wie ist die Lage in Coburg? In dieser Woche wurden hier noch keine Urteile mit Bezug zu Cannabis gefällt, erklärt Oberstaatsanwalt Dr. Michael Koch gegenüber inFranken.de. "Das Gesetz ist ja noch sehr neu, erst seit wenigen Tagen in Kraft", so Koch. Dagegen sei die Überprüfung von noch nicht vollstreckten Strafen hinsichtlich einer möglichen Amnestie bereits abgeschlossen. "Wir haben insgesamt 525 Fälle überprüft, in Bayern hat man damit sehr frühzeitig begonnen", erklärt er. In wie vielen Fällen Strafen rückgängig gemacht wurden oder noch werden, könne man allerdings nicht genau beziffern.
Klar ist aber: Entlassungen hat es im Zuständigkeitsbereich der Staatsanwaltschaft Coburg bislang keine gegeben. "Es gibt auch bisher keine Haftantritte, die schon angetreten worden und dann rückgängig gemacht worden sind", erklärt Koch. Die Justiz habe sich bereits seit mehreren Wochen auf das neue Gesetz eingestellt - und Verfahren dementsprechend behandelt. Wie die Staatsanwaltschaft künftig mit Verstößen gegen das Cannabisgesetz umgehen wird, müsse sich "erst noch in der rechtlichen Praxis zeigen". Für Aussagen hierzu sei es noch "zu früh", so Koch. Weitere Nachrichten aus Coburg hier im Lokalressort.
Das vormals geltendes Recht plötzlich Unrecht ist - na ja, gibt zu denken! Kann ja auch mal im umgekehrten Fall eintreten!