Viele Bamberger erhielten "Pornoabmahnungen"

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Symbolfoto: Boris Roessler/dpa
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Illustration: Franziska Schäfer, FT
Illustration: Franziska Schäfer, FT
 

Für etliche Bamberger brachte der Dienstag eine unangenehme Überraschung. Sie bekamen E-Mail-Post von einer Abmahnkanzlei samt horrender Zahlungsaufforderung. Bei genauerem Hinsehen entpuppte sich das Schreiben als Ausspäh-Angriff mit Trojaner. Allein in Bamberg wurde bis Donnerstag zehn Mal Anzeige erstattet.

Eine Zeitlang hing der Ehefrieden in der Bamberger Familie K. am seidenen Faden. Im gemeinsamen E-Mail-Postfach stieß Frau K. auf eine auf den ersten Blick schockierende E-Mail. Der Absender, die Kanzlei Urmann und Collegen, bezichtigte ihren Mann einer Urheberrechtsverletzung auf dem Pornoportal Redtube. Die Zahlungsaufforderung am Ende des mit Paragraphen gespickten Schreibens war horrend: 3568 Euro, zuzüglich Geschäftsgebühr und Nebenkosten von über 400 Euro.

Doch bei genauerem Hinsehen mehrten sich die Zweifel. Der Zeitpunkt, an dem der Inhaber des E-Mail-Kontos samt seiner IP-Adresse angeblich verbotenerweise das urheberrechtlich geschützte Werk "Hot Stories" gestreamt, also angesehen haben soll, lag in der Zukunft, am 22. Dezember 2013.

Abmahnwelle ist legal

Eine Recherche im Internet ergab widersprüchliche Hinweise. Die namentlich genannte Kanzlei gibt es tatsächlich und sie ist verantwortlich für eine bundesweite Abmahnwelle gegen Kunden von Video-Portalen. Deren Vorwürfe beruhen auf der rechtlichen Auffassung, dass die Kunden, die einen solchen Film ansehen, tatsächlich ein Werk im Zwischenspeicher ablegen.

Doch die Abmahnungen, die dieser Woche in Bamberg auf zahlreichen Rechnern landeten stammten nicht von der Kanzlei Urmann und Collegen, sondern wurden von Trittbrettfahren zu Tausenden versandt.

Allein in Bamberg nahm die Polizei zehn Anzeigen wegen des Vorwurfs des Ausspähen von Dateien auf. Die Dunkelziffer der betroffenen Personen dürfte aber um ein Vielfaches höher sein, schätzt Jürgen Schlund von der Kriminalpolizei Bamberg. Der Experte für Cyberkriminalität rät dazu solche Mails möglichst zu löschen und sich durch ihren Inhalt keinesfalls dazu verleiten zu lassen, auf den Anhang zu klicken. Dieser enthielt nämlich einen Trojaner mit Spähsoftware.

Anders als bei den echten Abmahnungen der Kanzlei , die um rechtsgültig zu sein, per Post und mit Unterschrift den Briefkasten erreichen müssen, sind die in den Mails erhobenen Vorwürfe völlig aus der Luft gegriffen. Die Absender der Mails hatten sich im großen Stil bei Adressdatenbanken eingedeckt. Es konnte also jeden Besitzer einer Mail-Adresse treffen. Besonders ärgerlich: Bei einem Geschäftsmann in Bamberg wurde das Postfach gehackt, so dass sich die Porno-Abmahnungen von seiner Adresse aus versandten.

Die Chance, dass die Täter, die hinter diesen Mails stecken, dingfest gemacht werden, sind gering. Als Grund nennt Schlund die fehlende gesetzliche Grundlage, um die dynamischen IP-Adressen bestimmten Personen zuzuorden. Die nicht erlaubte Vorratsdatenspeicherung durch die Provider verhindere dies.